Nachruf

Zum Gedenken an Fiete Pingel: Unermüdlicher Erforscher der Geschichte Nordfrieslands

Zum Gedenken an Fiete Pingel

Zum Gedenken an Fiete Pingel

Prof. Dr. Thomas Steensen
Bredstedt
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Fiete Pingel beim Friesenkongress 2015 auf Sylt – niemand ahnte, dass dies sein letzter dienstlicher Termin sein würde. Foto: Thomas Steensen

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Die Geschichte Nordfrieslands war die große Passion von Fiete Pingel. Nun ist er im Alter von 66 Jahren gestorben. Sein ehemaliger Chef am Nordfriisk Instituut, Prof. Dr. Thomas Steensen, erinnert an ihn in einem Nachruf.

Es gehe ihm recht gut, sagte er noch am Tag zuvor seiner Frau, aber am Morgen des 28. Dezember wachte er nicht mehr auf. Der Historiker Fiete Pingel starb in einem Husumer Pflegeheim. Als Sohn eines Bäckers und späteren Briefmarkenhändlers wurde er am 22. Juni 1956 in Husum geboren. Seine Mutter stammte aus Haselund.

An der Hermann-Tast-Schule in Husum machte er das Abitur und studierte Geschichte in Bonn. Von 1984 bis 2015, als er schwer erkrankte, war er als Historiker am Nordfriisk Instituut in Bredstedt tätig. Er beriet ungezählte Menschen uneigennützig bei ihren Forschungen, verfasste viele Aufsätze und wirkte an zahlreichen Veröffentlichungen mit.

Von 1987 bis noch kurz vor seinem Tod war er Redaktionsmitglied der Vierteljahresschrift Nordfriesland. Mehrere Jahre gehörte er auch der Schriftleitung des Nordfriesischen Jahrbuchs an. Überdies war er viele Jahre für die Bibliothek zuständig. Für seine Verdienste zeichnete ihn der Verein Nordfriesisches Institut mit der Ehrenmitgliedschaft aus.

Dreh- und Angelpunkt des Nordfriisk Instituuts

Das sind die Fakten. Aber wie viel Einsatz, Engagement, Herzblut waren damit verbunden. Fiete Pingel war im Nordfriisk Instituut so etwas wie ein Dreh- und Angelpunkt, wenn er sich auch eher bescheiden im Hintergrund hielt. Er kümmerte sich, war immer ansprechbar, die Wochenenden gehörten häufig auch dazu. In seiner großen Hilfsbereitschaft übernahm er manchmal mehr, als zu schaffen war. Ungezählte Vorträge hat er gehalten, oftmals zum Thema „Der Nordfriese – Aufzucht und Hege“, wie er augenzwinkernd gerne sagte.

Fiete Pingel wirkte immer authentisch und gewann Sympathien. Viele Menschen hat er für die nordfriesische Geschichte und auch die friesische Sprache eingenommen. Friesisch erlernte er vor allem im Selbststudium und sprach es mit allen, die es konnten, denn er hielt dies als Mitarbeiter des Nordfriisk Instituut für konsequent und unerlässlich. Seine Muttersprache war Plattdeutsch.

Die Geschichte Husums lag ihm am Herzen

Ein „Talent“ hatte er indes überhaupt nicht: hinter dem Rücken anderer Leute Fäden zu ziehen, für den eigenen Vorteil zu arbeiten, zu intrigieren. Ich kann mir kaum einen Menschen vorstellen, der das weniger konnte als er. Ein Herzensanliegen war ihm das umfangreiche Buch „Geschichte Husums“, das 2003 zum 400-jährigen Jubiläum seiner Vaterstadt erschien. Ohne ihn gäbe es dieses grundlegende Werk gar nicht.

Er entwickelte die Konzeption, warb die Autoren an, schrieb selbst zwei Hauptbeiträge und die detaillierte Husum-Bibliografie. Zuerst traf ich ihn wohl 1983, als er sich der Arbeitsgruppe zur Erforschung des KZ Schwesing anschloss. Die regionale Geschichte zur Zeit des Nationalsozialismus blieb ihm ein Anliegen.

Fiete Pingel erkrankte 2015 schwer

Besonders gern denke ich zurück an die inspirierend-munteren Redaktionssitzungen der Zeitschrift Nordfriesland, gemeinsam mit Peter Nissen, und auch an die Busfahrten nach der Arbezurück nach Husum, wo wir manchmal die einzigen beiden Passagiere waren. In den 25 Minuten redeten wir über Gott und die Welt, blickten zurück auf das Tagesgeschehen, nicht selten kamen uns Ideen für neue Institutsprojekte.

All dies endete abrupt im Frühsommer 2015, als er einen Schlaganfall erlitt und halbseitig fast gelähmt blieb. Die Schwere seiner Erkrankung hätte so manchen in die Verzweiflung getrieben. Fiete Pingel klagte nicht. Trotz allem konnte er sich an den kleinen Dingen und Geschenken des Lebens erfreuen. Er fehlt.

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