Umwelt und Natur
Wetterexperte: „Der Klimawandel lässt uns an der Atemluft ertrinken“
Wetterexperte: „Der Klimawandel lässt uns an der Atemluft ertrinken“
„Der Klimawandel lässt uns an der Atemluft ertrinken“
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Das Klima spielt verrückt und macht unser Wetter immer extremer. In Hamburg erörtern Expertinnen und Experten auf dem Extremwetterkongress die Lage. Und die ist dramatisch.
Vor 18 Jahren hob der Hamburger Wetterexperte Frank Böttcher den Extremwetterkongress in seiner Heimatstadt aus der Taufe, um auf die fatalen Folgen des Klimawandels hinzuweisen. Nun, da sein „Baby“ volljährig geworden ist, zieht der 56-Jährige eine bittere Bilanz. „Ich persönlich schließe nicht aus, dass wir noch vor 2050 die 3-Grad-Grenze reißen werden“, sagte Böttcher am Mittwoch zum Auftakt des 2024er-Treffens. Bis Freitag erörtern etwa 700 Fachleute den Stand der Klimaentwicklung.
Und die verläuft immer dramatischer, wie aus dem aktuellen Extremwetter-Faktenpapier des Deutschen Wetterdienstes (DWD) hervorgeht, das in Hamburg vorstellt wurde. „Niemals zuvor haben wir in Deutschland und weltweit ein so warmes Jahr registriert wie 2023. Und 2024 nimmt einen ähnlichen Verlauf“, bilanzierte DWD-Vorstand Tobias Fuchs.
Zahlreiche Negativrekorde
Dann reihte Fuchs einen beunruhigenden Negativrekord an den anderen: So gab es auf der Zugspitze in diesem Jahr 66 frostfreie Tage am Stück – der bisherige Höchststand sei um gleich 25 Tage pulverisiert worden. In weiten Teilen Südeuropas war der Sommer der wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, auch weltweit lagen die Temperaturen (Juni bis August) mit 16,8 Grad Celsius beim bisherigen Rekordwert von 2023. Die verheerenden Konsequenzen: massive Waldbrände in den USA, viel zu hohe Wassertemperaturen im Mittelmeer und in der Folge katastrophale Regenfälle in Mitteleuropa. Für Norddeutschland befürchtet Fuchs perspektivisch bis zu 20 zusätzliche Hitzetage über 30 Grad pro Jahr – „wenn wir keinen wirksamen Klimaschutz machen“.
Das Pariser Klimaziel von 1,5 Grad Erderwärmung im Vergleich zur vorindustriellen Zeit halten die Experten beim Kongress durchweg schon für unerreichbar. „Wir sind auf dem Pfad zu 2,7 Grad Erwärmung“, mahnte TV-Wetterexperte Sven Plöger.
„Wir brauchen eine Klimabremse“
Besonders eindringlich beschrieb Wissenschaftsjournalist Eckart von Hirschhausen die tödlichen Gesundheitsgefahren durch immer höhere Temperaturen. „Es ist eine gefährliche Illusion, dass wir uns an alles anpassen können. Bei 43 Grad Körperkerntemperatur ist für jeden Menschen kein Überleben mehr möglich.“ Der Taupunkt – bei dem warme Luft in der Lunge zu Wasser kondensiert – steige und steige, was immer bedrohlicher werde.
Von Hirschhausen: „Klimawandel bringt Atemluft, an der man ertrinken kann.“ Der TV-Moderator forderte Politik, Wirtschaft und Gesellschaft auf, umgehend gegenzusteuern und in Maßnahmen gegen den Klimawandel und für Klimafolgenanpassung zu investieren: „Die Schuldenbremse ist nicht das Wichtigste, wir brauchen eine Klimabremse.“
Katastrophe noch aufzuhalten
Trotz der dramatischen Zustandsbeschreibungen – alle Redner der Auftaktveranstaltung sehen weiterhin eine Chance, die Katastrophe noch aufzuhalten. „Wir erleben eine ungebremste Erderwärmung mit immer heftigeren Extremwettern. Unser Klima verändert sich stark“, sagte DWD-Vorstand Fuchs, fügte aber hinzu: „Trotzdem sollten wir nicht resignieren. Wir können gegen den Klimawandel ansteuern und uns erfolgreich anpassen.“ Es lohne sich weiterhin, „um jedes Zehntelgrad zu kämpfen“.
Auch Kongresserfinder Böttcher, zugleich Vorsitzender der Deutschen Meteorologischen Gesellschaft, gibt den Kampf gegen die Erderwärmung nicht verloren. Zumal es nicht an wissenschaftlichen Erkenntnissen fehle. Böttcher: „Wir müssen aber endlich vom Wissen ins Handeln kommen.“