Treibhausgas

Höfesterben: Einfachstes Rezept für mehr Klimaschutz in der Landwirtschaft

Höfesterben: Einfachstes Rezept für mehr Klimaschutz in der Landwirtschaft

Rezept für mehr Klimaschutz in der Landwirtschaft

Frank Jung/shz.de
Kiel
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Die hohe Rinderdichte ist eine der Ursachen für den hohen Methan-Austoß der Landwirtschaft zwischen Nord- und Ostsee. Foto: Hauke-Christian Dittrich/shz.de

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Dreimal höher als im Bundesdurchschnitt ist in Schleswig-Holstein der Anteil der Treibhausgas-Emissionen aus der Landwirtschaft. Ein Gutachten im Auftrag der Landesregierung zeigt nun Auswege auf. Es beziffert, mit welchen Hebeln sich welche Einspar-Effekte erzielen lassen – und auch zu welchem Preis.

Die einfachste Stellschraube gegen weniger Treibhausgase aus der Landwirtschaft ist politisches Nichtstun: Wenn weiter so viele Höfe aufgeben wie im Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2021, lässt das die Viehbestände mit ihren Methan-Ausscheidungen schwinden - und kann Schleswig-Holstein im Jahr 2030 eine Einsparung von 650 000 Tonnen CO2-Äquivalenten bringen. Mit dieser Aussage wartet ein Gutachten im Auftrag des Kieler Agrarministeriums auf. Es liegt unserer Redaktion exklusiv vor.

Professor Uwe Latacz-Lohmann vom Kieler Institut für Europäische Landwirtschaftsstudien listet darin Handlungsempfehlungen für mehr Klimafreundlichkeit des Agrarsektors im Norden auf. In Schleswig-Holstein ist der Handlungsdruck besonders groß - denn hier ist der Anteil der Landwirtschaft am Ausstoß aller Treibhausgase dreimal höher als im Bundesdurchschnitt: 22 statt acht Prozent.

So viele Rinder werden verschwinden

Eine Ursache dafür ist die hohe Rinderdichte von 1,07 Tieren pro Hektar. Schreibt man das bisherige Höfesterben fort, sinkt laut Gutachten die Zahl der Kühe jedes Jahr um 2,5, die der Mastschweine um 5,3 und die der Zuchtsauen um 7,5 Prozent.

Klimaschutz durch Moore besonders preisgünstig

Durch die Wiedervernässung von Mooren sieht Latacz-Lohmann einen Einspar-Effekt von mindestens 530 000 Tonnen CO2-Äquivalenten. Im Idealfall hält er sogar 730 000 Tonnen für möglich. Besonders hebt er die im Vergleich zu anderen Maßnahmen niedrigen volkswirtschaftlichen Kosten dafür hervor. Gleichwohl sei die Renaturierung von Mooren in ganz großem Stil „politisch nicht so leicht umzusetzen“. Denn das würde ein Aus der dortigen Milchviehhaltung erzwingen - fas 70 Prozent der Moorflächen sind derzeit noch vor allem auf diese Weise landwirtschaftlich genutzt.

Futterzusatz soll Methan-Ausstoß mindern

Als drittwichtigsten Ansatz stuft das Gutachten einen neuen Futterzusatzstoff in der Rinderhaltung ein. Das Präparat namens „Bovaer“ wurde gerade von der EU zugelassen und verspricht, den Methan-Ausstoß pro Tier um gut ein Viertel zu vermindern. Angewendet auf den Tierbestand zwischen Nord- und Ostsee, würde sich das auf jährlich 340 000 Tonnen CO2-Äquivalente weniger addieren.

Außerdem rät Latacz-Lohmann für mehr Klimafreundlichkeit zu einer optimierten Fruchtfolge auf dem Acker und zur deutlich stärkeren Verwendung von Gülle in Biogasanlagen. Hingegen verwirft er eine signifikant geringere Düngung mit Stickstoff mit dem Urteil: Geringer Effekt um einen hohen Preis.

„Die Erkenntnisse des Gutachtens sind noch nicht das Ende, sondern der Anfang eines Prozesses“, sagt Landwirtschaftsminister Werner Schwarz (CDU). Dass mehr und mehr Höfe verschwinden, lasse sich nicht nur unter Klimaschutzaspekten betrachten: „Wir müssen fragen, welche Auswirkungen auf den ländlichen Raum das hat. Es gibt erste Dörfer, in denen keine Bauern mehr sind.“ Gleichwohl werde Politik wie auch schon bisher nicht verhindern können, dass kein Landwirt mehr aufgibt: „Wenn es aus einer Marktsituation heraus passiert, ist es eine unternehmerische Entscheidung“, so Schwarz.

Auch beim Vernässen von mehr und mehr Mooren „müssen wir immer mit bedenken, dass daran Existenzen hängen“, betont der Minister; sagt aber grundsätzlich: „Wir kommen nicht umhin, die Moore als Stellschraube mit zu betrachten. Vielleicht kann man für eine Wiedervernässung Stufen entwickeln und Modelle, bei denen in Randbereichen trotzdem noch eine Form von landwirtschaftlicher Nutzung möglich ist.“

 

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