Umweltschutz
Droht mit dem „Nationalpark Ostsee“ ein Surf-Verbot auf der Flensburger Förde?
Droht mit dem „Nationalpark Ostsee“ ein Surf-Verbot auf der Flensburger Förde?
Droht mit dem „Nationalpark Ostsee“ ein Surf-Verbot?
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Das Land Schleswig-Holstein plant die Errichtung eines „Nationalparks Ostsee“. Noch bis zum Ende des Jahres läuft die Abstimmung mit den betroffenen Akteuren – doch aus den Reihen der Wassersportler formiert sich Widerstand.
Im Sommer ist es ein gewohntes Bild entlang der Flensburger Förde. Sofern der Wind es zulässt, tummeln sich neben Seglern und Motorbooten auch etliche Wassersportler mit Surfbrettern, Wingfoils und Kiteschirmen auf dem Wasser. Doch unter den Wassersportlern rumort es gewaltig angesichts der Pläne von Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne).
Die sehen vor, bestimmte Küstenbereiche der Ostsee künftig stärker zu schützen. So will Goldschmidt den Schutzstatus in einigen Gebieten vertiefen und sogenannte Nullnutzungszonen schaffen, die komplett der Natur überlassen werden.
Unklarheit über Schutzzonen
„Bislang ist völlig unklar, wo welche Schutzzonen eingerichtet werden sollen“, beklagt Julian Schön von den Surfpirates aus Flensburg. Es stehe lediglich fest, dass innerhalb des Nationalparks mindestens 51 Prozent sogenannte „Nullnutzungszonen“ eingerichtet werden müssten. Nach seinen Worten hätte der Umweltminister bereits angekündigt, dass es Einschränkungen an den Küsten geben würde. „Nur wer an welcher Stelle davon betroffen sein wird, wissen wir bislang nicht“, so Schön.
In Sorge ist auch Tobias Kremer, der die Surfschule in Holnis betreibt. „Bestimmte Flachwasserzonen wären dann vermutlich zu bestimmten Jahreszeiten nicht mehr nutzbar“, beklagt er. Gerade diese Gebiete mit flach abfallendem Gelände am Wasser seien aber wichtig, um Wassersport wie Surfen oder Kiten zu erlernen.
Dass der Wassersport im Rahmen des Nationalparks überhaupt in Frage gestellt wird, ist ihnen mehr als rätselhaft. „Angeführt wird von den Politikern immer wieder die schlechte Wasserqualität der Ostsee als Grund dafür, dass wir einen Nationalpark brauchen“, hat Hannes Petersen vom Surfclub Flensburg beobachtet. Doch die Wassersportfans fragen sich seit Monaten, wie ein Verbot von Surfboards auf der Flensburger Förde die Wasserqualität verbessern soll.
Zudem würde der größte Teil ihres Wassersports in Entfernung zur Küstenlinie stattfinden, sodass auch brütende Vögel gar nicht gestört würden.
Furcht vor weiteren Einschränkungen nach der Nationalpark-Errichtung
„Wir sind ja kompromissbereit und nicht komplett gegen Einschränkungen“, stellt Surfer Christoph Hofmann klar. Dennoch befürchtet er, dass sobald ein Nationalpark einmal eingerichtet ist, die Einschränkungen immer weiter verschärft werden würden. „Das haben wir schon an der Nordsee beobachten können“, so Hofmann.
Die Wassersportler beklagen gleich mehrere Kommunikationspannen des Umweltministeriums bei der geplanten Umsetzung. „Es gibt seitens des Ministeriums einen wenig konkreten Vorschlag und wir sollen Gegenvorschläge erarbeiten“, beklagt Julian Schön. Zudem fehlen nach seinen Beobachtungen wissenschaftliche Gutachten darüber, in wie weit sich nicht motorisierter Wassersport negativ auf die Natur und das Brutverhalten von Vögeln auswirkt.
Sie befürchten groteske Situationen, in denen Kreuzfahrt- und Fährschiffe weiterhin die Häfen anlaufen dürften, sie selbst aber nicht mehr surfen könnten.
Wann wird die Kriegsmunition geborgen?
Mit der Einrichtung des Nationalparks wäre dann zudem die Bundesregierung in Berlin für die konkrete Umsetzung von Verbots- und Nullnutzungszonen zuständig. Die Surfer befürchten, dass man sich dort wenig mit der Materie des Wassersports auskennt und auch die Bekenntnisse von Umweltminister Tobias Goldschmidt, dass Wassersport weiterhin möglich sein soll, dann plötzlich keinen Bestand mehr haben könnten. Auch die Verlagerung der Verantwortlichkeit für die Ostsee von Kiel nach Berlin sorgt bei den Wassersportlern für Unbehagen.
Surfer Christoph Hofmann führt an, dass man sich für eine Verbesserung der Wasserqualität vordringlich um die Bergung alter Kriegsmunition am Grund der Ostsee kümmern sollte. „Die Munition verrottet zunehmend und setzt für das Ökosystem gefährliche Substanzen frei“, beklagt er. Doch einen Nationalpark bräuchte es dafür doch gar nicht, sagt er.
Wenige Rückmeldungen aus der Politik
In ihrer Ratlosigkeit haben die Wassersportler auch mehrere Kommunalpolitiker angeschrieben. „Von sieben angesprochenen Politikern haben nur drei geantwortet“, beklagt Torben Ulrich von den „Fördekitern“. Die Rückmeldungen waren unterschiedlichen Inhalts. „Teilweise wurde einfach nur wiederholt, dass man aufgrund der schlechten Wasserqualität einen Nationalpark bräuchte“, fasst er zusammen. Andere seien offen für das Anliegen gewesen und wollen mit den Wassersportlern in den Austausch der Argumente gehen.
Die Wassersportler wollen vor allem Klarheit. „Wir brauchen Antworten, wie es für uns weitergehen soll und eine verbindliche Aussage, die auch nach der Einrichtung des Nationalparks Bestand haben wird“, fordern sie. „Herr Goldschmidt ist herzlich eingeladen vorbeizukommen und uns zu erklären, wie sich durch ein Surfverbot die Wasserqualität verbessert“, formuliert Surfer Hofmann in Richtung der Landesregierung.