Schleswig-Holstein

Darum hält Umweltminister Tobias Goldschmidt am Nationalpark Ostsee fest

Darum hält Umweltminister Tobias Goldschmidt am Nationalpark Ostsee fest

SH: Darum hält der Minister am Nationalpark Ostsee fest

Kay Müller/shz.de
Kiel
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Bereit zum Notieren: Tobias Goldschmidt (r.) wartet auf Oliver Kumbartzkys Vorschläge zum Ostseeschutz. Foto: Marcus Dewanger/shz.de

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Er stellt sich. Umweltminister Tobias Goldschmidt erklärt der Opposition und vielen Gästen im Kieler Landtag, warum die Pläne für den Nationalpark Ostsee trotz der Absage seines Koalitionspartners für ihn nicht vom Tisch sind.

Tobias Goldschmidt hat einen weißen Zettel vor sich liegen. „Da schreibe ich alles auf, was an Vorschlägen für einen besseren Schutz der Ostsee von Ihnen kommt“, sagt der Umweltminister in die Runde.

Es ist kein leichter Auftritt für den Grünen-Politiker, und auch nicht ganz selbstverständlich, dass ein Minister zu einer Diskussionsveranstaltung gekommen ist, zu der die FDP-Fraktion im Landtag zum umstrittenen Nationalpark Ostsee geladen hat.

Denn die Sympathien in dem an diesem Abend prall gefüllten Plenarsaal sind klar verteilt: Die überwiegende Mehrheit ist wie Oliver Kumbartzky der Meinung, dass ein Nationalpark überflüssig ist. „Wir sind hier alles andere als neutral“, sagt der FDP-Chef. Er fordert stattdessen einen Ostee-Rat, in dem Interessengruppen sich um den Ostseeschutz kümmern sollen.

Doch Goldschmidt hält dagegen und sagt den Satz, den er seit Wochen so oder so ähnlich immer wiederholt: „Ich halte einen Nationalpark Ostsee für das geeignetste Instrument, um die Ostsee zu schützen.“

Sein Koalitionspartner CDU hat sich dagegen ausgesprochen, und auch im Plenarsaal rührt sich keine Hand. Überhaupt bleibt es bei diesem emotionalen Thema erstaunlich ruhig, die Diskussion sachlich. Die Gegner zweifeln, dass ein Nationalpark wirksame Instrumente bereitstellt, die gegen die Belastung der Ostsee durch Müll, Munition und Nährstoffe helfen.

Und sie zweifeln, dass sich Fischbestände in Nullnutzungszonen erholen. Das belege eine Studie des Thünen-Instituts, die das Ministerium geheim halte, sagt der Sprecher der Initiative Freie Ostsee, Björn Brüggemann, der einen Nationalpark für unverhältnismäßig hält. „Die Mehrheit ist dagegen.“

Es gebe jede Menge Studien, die zu dem Schluss kämen, dass sich die Natur in einem Nationalpark erhole, sagt Stefanie Sudhaus vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Und auch Goldschmidt verweist auf wissenschaftliche Ergebnisse – etwa des Geomar Helmholtz Zentrums für Ozeanforschung Kiel. „Und wir halten nichts geheim.“ Der Grünen-Politiker sagt, dass die Studie des Thünen-Instituts vor allem belege, dass es den Fischbeständen in der Ostsee nicht gut gehe. „Und das liegt bestimmt nicht daran, dass es zu viel Naturschutz gibt.“

Goldschmidt glaubt nicht daran, dass freiwillige Vereinbarungen, wie sie die Vertreter von Kommunen, Landwirtschaft, Wassersportlern und Anglern auf dem Podium fordern, den Zustand der Ostsee verbessern. 8000 Jahre habe man Zeit gehabt, die Ostsee freiwillig zu schützen, mit dem Ergebnis, dass sie jetzt „sterbenskrank“ sei. Wenn das so weiter gehe, „kann man auch allen Schutz aufgeben und die Ostsee kacheln“.

Zwar schreibt der Minister an diesem Abend viel auf, wenn die Nationalparkgegner sprechen – aber ausgerechnet den Zettel, auf den er die konkreten Vorschläge zum Ostseeschutz notieren will, lässt er weiß.

„Wir sind hier ja nicht auf einem Basar, wo jeder etwas in die Mitte packt“, sagt Brüggemann. Die Fachleute im Ministerium seien in der Pflicht, konkrete Maßnahmen zu erarbeiten, zu steuern und am Ende umzusetzen, ergänzt Fehmarns Bürgermeister Jörg Weber. Vorschläge habe er Goldschmidt schon genügend gemacht. Nun verlangt Weber Folgeabschätzungen der Maßnahmen für die Menschen.

Angst vor neuer Verwaltung

Goldschmidt versucht den Besuchern im Landeshaus klarzumachen, dass es auch einen Nationalpark mit wenig Bürokratie geben könnte, worauf Kumbartzky der Kugelschreiber aus der Hand fällt. „Ich kenne keine Verwaltung, die keine Bürokratie verursacht.“

Am Ende trägt Goldschmidt noch einmal vor, was er mitnimmt: Dass die Gegner eines Nationalparks konkrete Vorschläge zum Naturschutz wollen, wenig Bürokratie und Folgeabschätzungen. „Das sind alles beinahe Selbstverständlichkeiten. Und das geht auch alles in einem Nationalpark“, sagt der Minister – erntet aber nur höhnisches Gelächter aus dem Saal.

Auf seinem Zettel hat er nur die „Allianz für Gewässerschutz“ notiert, in der die Nationalpark-Gegner freiwillig Ostseeschutzmaßnahmen umsetzen wollen. Diese Allianz gibt es schon für Binnengewässer – nur sind weder BUND noch der Naturschutzbund Nabu Mitglied, weil sie darin rechtsverbindliche Regeln zum Naturschutz vermissen.

Am Ende entscheidet das Parlament

Nationalpark oder nicht: Rechtsverbindlich soll der Ostseeschutz am Ende aussehen – wie genau, wird am Ende im Plenarsaal entschieden, sagt Goldschmidt. Aber nicht von den Gästen, sondern von den Abgeordneten.

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