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Riddersholm: „Unsere Infrastruktur ist nicht elitär“

Riddersholm: „Unsere Infrastruktur ist nicht elitär“

Riddersholm: „Unsere Infrastruktur ist nicht elitär“

Hadersleben/Haderslev
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Glen Riddersholm feierte mit SønderjyskE den Pokalsieg und peilt mit den Hellblauen neue Ziele an. Foto: Karin Riggelsen

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Mit der ersten Trophäe der Vereinsgeschichte im Gepäck geht Glen Riddersholm mit den SønderjyskE-Fußballern in die neue Superliga-Saison. Der 48-Jährige ist mittlerweile seit anderthalb Jahren im Amt und spricht im „Nordschleswiger“-Interview über Ziele, Vorhaben und Mankos, die der Klub noch hat.

Der Nordschleswiger: Mit welchen Erwartungen geht SønderjyskE in die neue Saison, wie lauten die Ziele, und was muss erreicht werden, damit die Saison als zufriedenstellend gewertet werden kann?

Glen Riddersholm: „Im Fußball ist es oft schwarz oder weiß. Zahlen sind gefragt. Wenn ich jetzt Platz sechs sage, ist es dann eine Enttäuschung, wenn wir Neunter werden? Ein Spiel kann den Unterschied zwischen Platz sechs und neun ausmachen. Um aber konkret zu werden: Unser Ziel ist der Klasserhalt! Wir müssen aber auch verbessert und gestärkt rauskommen, gemessen an der unkonstanten Kurve im vergangenen Herbst. Wesentlich wird aber auch sein, dass wir auf der europäischen Bühne so weit wie möglich kommen wollen. Wir wollen versuchen, die Gruppenphase der Europa League zu erreichen, obwohl es schwierig aussieht, und auch unseren Pokaltitel verteidigen. Ich denke schon, dass wir sehr ehrgeizig sind. Wir können die Überraschung der Saison werden, aber um stabil unsere Leistungen bringen zu können, sind unsere Besten gefordert.  Gemessen an der Startelf haben wir eine wahnsinnig gute Mannschaft. Hinzu kommen drei bis vier erfahrene Superliga-Spieler, aber darüber hinaus sehen wir sehr grün und unerfahren aus.   Es ist notwendig, dass unsere besten Spieler so viele Spiele wie möglich absolvieren. Dann könnten wir etwas reißen.“

 

Der SønderjyskE-Trainer träumt von einer Titelverteidigung. Foto: Karin Riggelsen

Die vergangene Saison hatte Höhen und Tiefen. Die Ergebnisse stimmten nicht immer, aber es wurde solider und alles ging gut aus. Was war der Schlüssel dafür?

„Viele mögen das Wort nicht, aber es ist ein Entwicklungsprozess. Wenn die Drehtür sich schnell bewegt und man wie wir über anderthalb Jahre 27 Spieler austauscht,  dann muss in den Alltag und in die Kultur viel Arbeit gesteckt werden. Dafür haben wir uns auf strategischem Niveau entschieden. Wir wollten den Kader verjüngen und die Fähigkeiten im Regal haben, die bei einem Weiterverkauf gefragt sind. Das bedeutet aber auch, dass man oft von vorne anfangen muss. Wir haben jetzt einen Schnitt gemacht, holen nur Qualitätsspieler wie Marc Dal Hende rein und hoffen, dass die Schwankungen nicht so groß sind, weil wir Qualität auf allen Positionen haben. Die Spieler haben mittlerweile auch gelernt, was erforderlich ist, wie viel man opfern muss, um Fußballspiele zu gewinnen. Da haben die Reife und das Verständnis gefehlt, aber wir arbeiten jeden Tag an der Kultur.“

Ist das Fundament mittlerweile so stark, dass SønderjyskE wieder die Nase nach vorne schieben und eine Überraschung schaffen kann?

„Wir haben Phasen durchschreiten müssen, wo wir teures Lehrgeld  gezahlt haben. Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass es meiner Ansicht nach drei Jahre dauert, um eine schlagkräftige Mannschaft aufzubauen.   Die Entwicklung ist durch Corona unterbrochen worden, und es ist auch ein schwerer Schlag, dass wir von dem Momentum nach dem Pokalsieg und dem gesicherten Klassenerhalt nicht haben profitieren können. Wir müssen uns jetzt wieder aufs Neue beweisen, aber ich bin zuversichtlich, wenn wir unsere Spieler bis nach der Schließung des Transferfensters am 5. Oktober halten können und den Kader vielleicht noch mit einem oder zwei neuen Spielern würzen können. Alle Voraussetzungen sind da, um weiter zuzulegen, und dann wäre es in der nächsten Saison, wo die Mannschaft voll zur Entfaltung kommt. Wir können aber jetzt schon zur Überraschung werden, wobei ich schon oft gesagt habe, dass ich nicht zur Arbeit gebe, um eine Überraschung zu sein. Ich gehe hin, um ein tragfähiges Fundament zu schaffen, damit man sich nicht nur hin und wieder in die Top 6 schiebt. Der Klub hat das Ziel, sich nach vorne zu bewegen. Aus einem Aufsteiger, der hin und wieder die Nase nach vorne schiebt, will man über die Jahre ein Klub werden, mit dem man rechnet. Da ist der Weg noch weit.“

 

Glen Riddersholm will in der neuen Saison in erster Linie den Klassenerhalt. Foto: Karin Riggelsen

In deinem ersten Jahr als SønderjyskE-Trainer hast Du oft darüber gesprochen, die ewige Underdog-Rolle zu vertreiben und die Kultur im Klub zu ändern. Ist es schwerer als erwartet gewesen, die Dinge in die gewünschte Richtung zu schieben?

„Es ist nicht so schwer, mit einem Plan in der Hand zur Tür reinzukommen. Es geht einem dann auf, wie die Wirklichkeit aussieht.  Es liegt ein weiter Weg zwischen dem Vorhaben und dem Umsetzen dieses Vorhabens. Da müssen noch viele Schritte gemacht werden. Unsere Infrastruktur ist nicht elitär. Wir haben da unsere Erfahrungen machen müssen. Auf unserem Trainingsplatz üben Leute Speerwurf. Das erschwert die Bedingungen, eine neue Spielweise mit mehr Ballbesitz einzuführen. Wir gehen jetzt auch in eine Jahreszeit, wo wir im vergangenen Jahr sechs Oberschenkelverletzungen hatten, und das ist eine Jahreszeit, wo wir auf einen nicht mehr zeitgemäßen Kunstrasenplatz ausweichen müssen. Das ist unsere  Wirklichkeit. Und von dieser Wirklichkeit aus müssen wir arbeiten. Ich bin weit weg von der Kommunikation meiner ersten Zeit und spreche Klartext darüber, wo wir jetzt stehen. Wenn wir uns als Klub nach vorne bewegen wollen, müssen wir die Schritte nicht nur auf dem Fußballplatz machen. Das wird noch ein paar Jahre dauern, aber einiges haben wir schon bewegen können. Die Siegermentalität, die ich mit reingebracht habe, haben wir schon im Pokal bewiesen. Ich habe bereits im August 2019 beim Treffen der Dauerkarteninhaber gesagt, dass wir den Pokalsieg anpeilen. Das zeigt, dass das Selbstverständnis wachsen kann. Dies müssen wir jetzt auch in der  Superliga umsetzen.“

Gleich zum Auftakt warten mit dem FC Midtjylland ein schwerer Brocken. Was ist für SønderjyskE drin?

„Das ist ein Furcht einflößender Gegner, wenn man auf das Niveau der Vorsaison, den Kader und auf die individuelle Klasse einzelner Spieler sieht. Wir werden aber unsere Möglichkeiten bekommen. Wir müssen ein cleveres Spiel machen, den Gegner neutralisieren, effektiv sein und verhindern, in die Fallen des Gegners zu tappen. Wir müssen zeigen, dass wir aus den Spielen gegen die Spitzenmannschaften gelernt haben und reif und abgeklärt auftreten.“ 

Neuzugänge: Lawrence Thomas (Melbourne Victory), Marc Dal Hende (FC Midtjylland), Haji Wright  (VVV Venlo), Nicolai Flø (Vendsyssel FF), Emil Frederiksen (war bislang nur von SC Heerenveen ausgeliehen), Roni Arabaci (Brøndby IF), Arman Taramis, Mads Winther, Jannick Liburd, Mads Hansen, Mads Steenberg (alle eigene Jugend).

Abgänge: Sebastian Mielitz (Viktoria Köln), Nicholas Marfelt (HB Køge), Eggert Jonsson (Hafnarfjördur), Christian „Greko“ Jakobsen (Lyngby), Morten Dyrmose (Aarhus Fremad), Justin Plautz (Sportfreunde Lotte), Theofanis Mavrommatis (Panathinaikos Athen, war ausgeliehen), Artem Dovbyk (FC Midtjylland, war ausgeliehen), Joao Pereira (Ziel unbekannt).

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