Turnier in Ungarn und Slowakei
Handball-EM im Würgegriff von Corona - Sorgen in der Liga
Handball-EM im Würgegriff von Corona - Sorgen in der Liga
Handball-EM im Würgegriff von Corona - Sorgen in der Liga
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Die Handball-EM in Ungarn und der Slowakei droht zur Farce zu werden. Die Corona-Fälle nehmen zu, der sportliche Wert ab. Die Bundesliga verfolgt die Endrunde mit großen Sorgen.
Die Corona-Welle überrollt die deutschen Handballer bei der Europameisterschaft mit voller Wucht und verstärkt nicht nur die Sorgen in der Bundesliga.
Während die Europäische Handball-Föderation mit Hochdruck daran arbeitet, die Fortsetzung der Endrunde zu gewährleisten, nehmen die Bedenken der Vereine in der Heimat zu.
Große Sorgen im Handball
«Ich will nicht sagen, dass das der größtmögliche anzunehmende Unfall ist. Aber das ist natürlich schwer», sagte HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag zu den beunruhigenden Nachrichten aus Ungarn und der Slowakei. Und Dierk Schmäschke, Geschäftsführer des deutschen Vizemeisters SG Flensburg-Handewitt, warnte: «Das ist ein schmaler Grat, auf dem wir uns bewegen.»
Wie von Kritikern befürchtet nimmt die Zahl infizierter Spieler zu - auch bei anderen Nationen. «Die aktuelle Situation ist eine große Herausforderung. Das ist gar nicht zu leugnen», sagte EHF-Generalsekretär Martin Hausleitner der Deutschen Presse-Agentur. Man habe das Hygienekonzept gemeinsam mit den Organisatoren schon vor dem Turnier an einigen Stellen nachgeschärft und schärfe «auch laufend nach», betonte Hausleitner.
Abbruch steht derzeit nicht zur Debatte
Ein Abbruch der Endrunde - wie zuletzt im Eishockey bei der U20-WM - steht derzeit nicht zur Debatte. Auch wenn sich nach Ansicht von Ex-Nationalspieler Christian Schwarzer die EM «in Richtung Farce» bewegt. Der Weltmeister von 2007 befürchtet sogar einen nachhaltigen Schaden für den gesamten Handball. «Es wäre bitter und für unsere Sportart schlecht, wenn am Ende die Mannschaft Europameister werden würde, die die wenigsten Coronafälle hat», sagte Schwarzer dem Portal «Spox» und fügte hinzu: «Wir müssen aufpassen, dass es am Ende nicht heißt: Die Handballer sind nicht ganz dicht und haben noch nie etwas von Corona gehört.»
Der langjährige DHB-Vizepräsident Bob Hanning attestierte dem Turnier schon jetzt aufgrund der vielen Corona-Ausfälle «nicht den sportlichen Wert anderer Europameisterschaften». Eine besonders große Gefahr für die Gesundheit der Spieler sieht er bei der EM jedoch nicht. «Das Risiko einer Ansteckung gibt es überall», sagte der Geschäftsführer des Bundesligisten Füchse Berlin.
Arzt Lübke kritisiert Stadionauslastung
Allerdings sind die Spieler beim Kontinentalturnier - anders als vor einem Jahr bei der WM in Ägypten - nicht komplett von der Außenwelt abgeschottet. Die Hallen in den slowakischen Spielorten Bratislava und Kosice sind zu 25 Prozent ausgelastet und in Ungarn sogar voll. Bei den Vorrundenspielen des Co-Gastgebers in Budapest jubelten auf den Tribünen 20.000 Fans - viele ohne Maske. «Wir haben in Ungarn eine Impfquote von 62 Prozent und in der Slowakei von 45 Prozent. Das rechtfertigt nicht die volle oder hohe Auslastung der Hallen», kritisierte der deutsche Mannschaftsarzt Philip Lübke vor einigen Tagen.
Da war die Welt im DHB-Team noch in Ordnung. Nach mittlerweile neun positiven Corona-Fällen nimmt jedoch die Angst vor einem Flächenbrand zu - auch in der Liga. «Möglicherweise gibt es noch weitere Corona-Fälle in der Mannschaft. Ob es dann Sinn macht, immer weiter nachzunominieren, muss man sehen», sagte Bohmann. «Da muss man dann sehr vorsichtig sein und nicht sagen, ich mach's noch viel schlimmer als es ist. Wenn es jetzt noch weitere Ausbrüche gibt, dann haben wir eine neue Situation.» Viktor Szilagyi, Geschäftsführer beim Rekord-Champion THW Kiel, ergänzte mit Blick auf den Bundesliga-Neustart nach der EM: «Wir müssen verhindern, dass Infektionen in die Mannschaft getragen werden.»
Bohmann: «Konzept muss bewertet werden»
Warum ausgerechnet das deutsche Team bei der EM derart stark betroffen ist, ist dem DHB ein Rätsel. Bohmann sieht eine Erklärung in der hochansteckenden Omikron-Variante. «Die Infektiosität ist unvergleichlich höher als in der Vergangenheit. Ich maße mir nicht an zu sagen, ob das am Hygienekonzept des Turniers liegt - oder ist jedes Hygienekonzept bei dieser Infektiosität überfordert?», sagte der 57-Jährige. «Man wird im Nachhinein bewerten müssen, ob es richtig war, das Konzept so offen zu lassen.»
Zumal es schon zu Turnierbeginn beunruhigende Nachrichten gegeben hatte. So berichtete Frankreichs Superstar Nikola Karabatic vor dem Auftakt: «Wir sind fassungslos über die Bedingungen, unter denen diese EM steht. Wir haben strenge Protokolle befolgt, um uns das Virus nicht einzufangen. Und dann kommen wir hier im Hotel an und bewegen uns unter Gästen, die keine Masken tragen. Wir essen auch an den gleichen Orten.» Laut Hausleitner wurden die Missstände «angesprochen und behoben».
Ähnliche Erfahrungsberichte gab es vom DHB-Team zwar nicht - und doch erwischte es die Deutschen mit voller Wucht. «Corona wird uns begleiten. Wir müssen auf alles achten und am Ende auch das Glück haben, dass wir coronafrei bleiben», hatte Kapitän Johannes Golla kurz vor dem Turnier gesagt. Diese Hoffnung ist längst dahin.