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Revue Sonderburg: Wir machen weiter, bis es zu sehr schmerzt

Revue Sonderburg: Wir machen weiteri bis es zu sehr schmerzt

Revue Sonderburg: Wir machen weiter, bis es zu sehr schmerz

Sonderburg/Sønderborg
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Teit Samsø, Jesper Lundgaard und Jeanne Boel Foto: Karin Riggelsen

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In einem Gespräch Backstage erzählt die Revue-Leiterin Jeanne Boel vom Umzug nach Nordschleswig und den Erwartungen für die Sonderburger Sommer-Revue 2023.

Jedes Jahr bietet die Sonderburger Sommer-Revue-Show Tausenden von Menschen einen entspannten Abend mit Essen à la carte und einem köstlichen Programm mit vielen Lachern und einigen Denkanstößen. Was 1982 zum ersten Mal als eine Amateur-Vorstellung vom Ehepaar Leif und Johnna Maibom geschaffen wurde, ist seit Jahrzehnten die drittgrößte Revue im ganzen Königreich Dänemark.

2017 übernahm das Ehepaar Jeanne Boel und Klaus Kristensen von Seeland das Revue-Zepter in Sonderburg. Für die beiden stand von Anfang an fest: Sie wollten nicht nur in den Sommer-Monaten nach Nordschleswig in ein Sommerhaus, sondern mit Sack und Pack umziehen. Seitdem leben sie am Alsensund (Alssund) – und betreiben die lokale Revue.

Finale in Sonderburg

„Man kann nicht in Kopenhagen leben und in Sonderburg eine Revue leiten. Als Leif Maibom mich damals fragte, ob ich die Revue übernehmen würde, musste ich nicht lange überlegen. Klaus und ich wollten hier unsere aktive Karriere in der Theaterszene abschließen“, stellt Jeanne Boel in ihrer Umkleidekabine am reich mit verschiedenen Make-up-Produkten ausgestatteten Schminktisch sitzend fest.

Jeanne Boel in ihrer Garderobe Foto: Ilse Marie Jacobsen

Sie kam damals mit einem Sack voll Erfahrungen nach Sonderburg. Jeanne Boel arbeitet seit 1978 mit verschiedenen Revuen im ganzen Land. Zehn Jahre lang war sie mit vier anderen Schauspielerkolleginnen und -kollegen von „ComedieTeatret“ in ganz Dänemark auf Tournee.

Umzug keine große Umstellung

Das Ehepaar kaufte sich ein geräumiges Haus aus dem Jahre 1969 bei Augustenburg (Augustenborg). Jeanne Boel hat den Umzug nie bereut. Sie schwärmt von der Sonderburger Gegend und ihrem Heim.

„Viele, die hierherkommen, die bekommen den Mund nicht mehr zu. Mit dem Wasser rundherum ist die Aussicht unendlich, und bei den verschiedenen Buchten stellt man sich immer die Frage, was wohl auf der anderen Seite liegt“, so die Revue-Frau, die sich den Titel künstlerische Leiterin gegeben hat.

Eigentlich nicht. Und wenn, dann fragen sie, ob ich nicht die vom Weihnachtskalender bin. Ich empfände es als besser, wenn sie nach der Frau von der Sonderburger Revue fragen würden.

Jeanne Boel, Sønderborg Sommer Revy Show

Für die Frau, die auf Seeland mit ihrem Klaus in der Nähe von Lyngby wohnte, war der Umzug keine große Umstellung. „Es gibt nur einen einzigen Punkt, wo es vielleicht etwas schwer ist.  Familie und Freunde leben natürlich immer noch dort drüben. Das erfordert immer wieder eine gute Organisation und Planung. Wenn wir drüben sind, sehen wir so viele wie möglich“, so Jeanne Boel. Nach der Frage, ob ihr nichts in Nordschleswig fehlt, meint sie: „Ein Thai-Restaurant. Das gibt es hier nicht in Sonderburg. Dann muss man nach Flensburg fahren.“

Die Frau vom Weihnachtskalender

Wird sie im Täglichen wie beim Einkauf und anderen Verpflichtungen oft von Frauen und Männern angesprochen?

Jeanne Boel und Jesper Lundgaard bei den Proben Foto: Karin Riggelsen

„Eigentlich nicht. Und wenn, dann fragen sie, ob ich nicht die vom Weihnachtskalender bin. Ich empfände es als besser, wenn sie nach der Frau von der Sonderburger Revue fragen würden“, so Jeanne Boel mit einem kecken Lächeln. Sie war zwischen 1994 und 2000 bei vier Weihnachtskalendern das liebe Fräulein Josefine Brahe im dänischen Sender „TV2“.

Großes Vaterlandgefühl

Sie und Klaus Kristensen wohnen nun schon seit einigen Jahren in Augustenburg. Nordschleswiger sind sie deshalb noch lange nicht. „Das wird man erst in der dritten Generation. So ist das jedenfalls auf Bornholm. Man kann nicht einfach hierherziehen, und dann ist man Nordschleswiger. Ich habe aber langsam herausgefunden, dass es hier ein großes Vaterlandgefühl gibt. Die eigene Identität bedeutet hier in der Grenzregion unglaublich viel“, meint sie.

Die Sonderburger Revue konnte beim Exit von Leif Maibom 2017 beim Kartenverkauf einen neuen Rekord verbuchen. Damals sicherten sich 26.000 Zuschauerinnen und Zuschauer einen Platz im Sonderburger Theater. Aber dann kam Corona. Im vergangenen Jahr hatten gut 12.000 Menschen eine Karte für die Sonderburger Revue erworben.

Corona und Inflation

„Wir waren ja eben erst in Gang gekommen, dann kam die große Ohrfeige, Corona und jetzt die Inflation. Das war das schlechteste Timing, das man sich vorstellen kann. Wir können eigentlich nichts tun, und wir kämpfen. Aber wir hoffen, dass das Publikum kommt. Die Revue ist ein Flaggschiff. 70 Prozent der Gäste kommen her und sorgen hier für Umsatz. Wir machen weiter, bis es zu sehr schmerzt“, so Jeanne Boel.

Das Ehepaar Boel und Kristensen liebt das Revue-Treiben in Sonderburg: „Aber wir begleichen selbst die Rechnung. Wenn es sich nicht mehr rentiert, machen wir nicht weiter.“

Jeanne Boel freut sich, dass glücklicherweise immer mehr jüngere Leute zu den Revue-Vorstellungen finden. Revue ist nun mal nicht nur etwas für Großmutter und Großvater, wie sie feststellt. Sie hat noch lang nicht aufgegeben. „Ich habe ein gutes Gefühl. Die Revue kommt wieder, und in Sonderburg wird es auch wieder ein gutes Geschäft werden“, so die Leiterin.

Wieder eine erstklassige Show

Aber worauf dürfen die Gäste sich in diesem Jahr bei der Sonderburger Sommerrevue mit einem sehr gesangstarken Team freuen? Die Revue-Leiterin verspricht eine erstklassige Show, großartige Musik und viele Lacher. Zum Team zählen diesmal Jesper Lundgaard, Karsten Jansfort, Thomas Pakula, die Nordschleswigerin Mette Marckmann und der Neuzugang Teit Samsø.

Teit Samsø war zum ersten Mal in Sonderburg dabei. Foto: Karin Riggelsen

„Und wir kommen weit herum in den aktuellen Themen“, so Jeanne Boel, die sogar ein paar Geheimnisse lüftet. So wird das Publikum unter anderem einen Senioren-YouTuber, die Cousine Karen und auch den Kronprinzen und die Kronprinzessin auf der Bühne erleben können.

Auch die Themen Schwangerschaftsurlaub für Männer, Windräder in unmittelbarer Nähe und der Mangel an Krankenschwestern werden in Sonderburg auf kreative Weise beschrieben.

Ein großes Projekt

Eine Revue zusammenbauen ist nichts, was mit links gemacht wird. Es ist ein sehr umfangreiches und topprofessionelles Projekt. Bevor das Team in der Woche 22 die Reaktionen der ersten Gäste in den geplanten drei Vorpremieren kontrolliert – und diese vor der Premiere am 3. Juni vielleicht auch abgeändert werden – müssen die Revue-Gestalter bei 140 von Professionellen und Amateuren zugesandten Texten aussortieren.

In der Revue werden 22 bis 24 Sketche gezeigt. „Einige Sachen swingen eben nicht auf einer Bühne. Es darf keine Auflistung werden, und am Schluss muss es eine Pointe geben“, so Jeanne Boel, die gespannt ist.

Die kleine Aase ist von der Hunderasse Maltipoo. Foto: Karin Riggelsen

Die kleine Aase ist eine große Hilfe

Für eine Sonderburger Revue wird das Team sich 650.000 Wörter merken müssen. Die 62-jährige Jeanne Boel macht das beim Gassigehen mit ihrem bräunlichen Liebling Aase. Die kleine Hündin ist zweieinhalb Jahre alt und von der Hunderasse Maltipoo, eine Mischung aus Malteser und Zwergpudel. Neben Tanz und Gesang gehören auch das Kochen und Brettspiele zu Jeanne Boels Lieblingsbeschäftigungen.

Die Sonderburger Sommerrevy läuft vom 3. Juni bis 15. Juli. Wenn das diesjährige Spektakel abgeschlossen wurde, kann Jeanne Boel sich beim Gassigehen wieder voll auf ihre kleine Aase konzentrieren und die Hündin bei ihrer Suche nach interessanten Gerüchen beobachten. 

V.l. Jeanne Boel, Jesper Lundgaard und Teit Samsø Foto: Karin Riggelsen
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