Integration
UC Syd: Klare Ansagen gegen willkürliche Abschiebung
UC Syd & Neue Bürgerliche: Klare Ansagen gegen Abschiebung
UC Syd: Klare Ansagen gegen willkürliche Abschiebung
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Ahmad Zanon kam vor acht Jahren als Flüchtling nach Nordschleswig. Heute hilft er als Sachbearbeiter in Hadersleben anderen Geflüchteten. Im Januar macht der 26-Jährige seinen Abschluss als Sozialberater. Jetzt droht ihm die Ausweisung: Nicht groß genug sei seine Zugehörigkeit zu Dänemark. Unterstützung erfährt der Syrer von ungewohnter Seite.
2014 suchten die Zwillingsbrüder Ahmad und Myasar Zanon als Flüchtlinge Schutz vor Verfolgung in Dänemark. Heute, acht Jahre später, sind beide integriert: Myasar betreibt eine eigene Pizzeria in Hoyer (Højer), sein Bruder arbeitet als Sachbearbeiter im Bereich Beschäftigung in der Kommune Hadersleben und hilft ukrainischen Flüchtlingen dabei, in der dänischen Gesellschaft anzukommen.
Behörde: Wenig Zugehörigkeit zu Dänemark
Im Januar macht er seinen Abschluss als Sozialberater am University College Syd (UC Syd). Die Brüder sind zu einem Paradebeispiel für gelungene Integration geworden.
In den Augen der dänischen Ausländerbehörde aber ist das nicht genug: Den Zwillingen droht die Abschiebung in den Irak, in ein Land, in dem beide nie gewesen sind. Die Entscheidung der Behörde hat vor ein paar Tagen landesweit für Schlagzeilen – und Unverständnis gesorgt.
Nicht „wertvoll“ genug
In einer Erklärung ergreift Ahmad Zanons Ausbildungseinrichtung Partei für ihren Studenten: Als größte Bildungseinrichtung Süddänemarks distanziert sich das UC Syd von der Entscheidung der Einwanderungsbehörde. Ihr Student Ahmad Zanon werde eine wertvolle Ressource für Dänemark sein, heißt es darin: Er sei ein begabter, fleißiger Student, der trotz schwieriger Bedingungen großartige Ergebnisse erzielt habe.
Hochschulrektor: Wir stehen in der Pflicht
Es ist das erste Mal, dass sich die süddänische Hochschule derart deutlich an einem politisch-gesellschaftlichen Diskurs beteiligt.
Dafür gibt es einen triftigen Grund, fragt man ihren Rektor, Alexander von Oettingen: „Wir sind eine wertebasierte Einrichtung, die größte unserer Region, und empfinden es daher als unsere Pflicht, uns an gesellschaftlichen Diskussionen zu beteiligen, vor allem, wenn Probleme entstehen.“
Ein Balanceakt
Von Oettingen räumt in einem Gespräch mit dem „Nordschleswiger" ein, dass es ein Balanceakt mit einem gewissen Risiko sei, als Bildungseinrichtung den Finger auf gesellschaftliche und politische Wunden zu legen: „Wir bilden mit Kopf, Herz und Hand aus, und wir betrachten es daher auch als Auftrag, uns verstärkt in die öffentliche Meinung einzubringen. Es ist ein Lernprozess – und unser Vorstand steht dabei hinter uns.“
NB-Politiker: Widersinnige Ausländerpolitik
Protest gegen die strikte Ausländerpolitik Dänemarks kommt auch von dem Haderslebener Kommunalpolitiker Thomas Vedsted. Er gehört der Partei Neue Bürgerliche an und ist Mitglied im kommunalen Beschäftigungsausschuss. Auch er kann nur den Kopf schütteln: „Dänemarks Integrationspolitik ist irrational und idiotisch“, so sein harsches Urteil: „Wenn Geflüchtete zu Rollenmodellen werden, dann weisen wir sie aus!“
Vedsted räumt zugleich ein, in dieser Frage nicht auf Linie mit allen Mitgliedern seiner Parteifraktion auf Christiansborg zu sein und legt nach: „Die Gesetzgebung auf diesem Gebiet hat eine für Dänemark zerstörerische Wirkung.“
Auf einer Linie mit Einheitsliste
Mit Blick auf die Integrationspolitik ist Vedsted ausnahmsweise mit der Partei am anderen politischen Spektrum auf einer Linie: Svend Brandt von der Einheitsliste und Studienkoordinator am UC Syd, freut sich, dass sich seine Hochschule in die öffentliche Debatte einbringt.
Politiker: Flüchtlinge ein gutes Geschäft
Zugleich ärgert er sich darüber, dass die öffentliche Meinung zwischen ressourcestarken und schwachen Geflüchteten unterscheidet: „Wir sollten als wohlhabendes Land allen Menschen in Not helfen“, betont der frühere Kommunalpolitiker: „Es herrscht das Vorurteil, dass Flüchtlinge teuer seien. Das stimmt nicht! Kommt ein Flüchtling mit 20 nach Dänemark, hat sein Herkunftsland bereits ca. 50.000 Kronen jährlich in seine Grundausbildung investiert. Wir haben 1,5 bis 2 Millionen Kronen je Geflüchteten, um ihn in unsere Gesellschaft zu integrieren. Flüchtlinge sind somit ein richtig gutes Geschäft“, sagt Brandt und verweist auf den zunehmenden Mangel an Fachkräften.
Deutsche Zugewanderte als „Sahnetüpfelchen“
Diese kommen zurzeit vornehmlich aus Deutschland nach Dänemark: „Und sie stehen für einen höheren Beschäftigungsanteil als die dänische Bevölkerung“, betont Brandt: „Dänemark schöpft mit Blick auf die Zuwanderung aus Deutschland den Rahm ab.“
Zurück zu den Zwillingen Zanon: Jetzt soll „Flygtningenævnet”, der dänische Berufungsausschuss für Flüchtlinge, darüber entscheiden, ob die Zwillinge abgeschoben werden – oder auch in Zukunft zum Wohlstand Dänemarks beitragen dürfen.