Autobingo
„Pott“ mit der Hupe gerufen
„Pott“ mit der Hupe gerufen
„Pott“ mit der Hupe gerufen
Die Alternativveranstaltung zu dem abgesagten Ringreiten machte den Teilnehmern trotz der sengenden Hitze großen Spaß. Es war das erste, aber womöglich nicht das letzte Autobingo in Tingleff, verspricht der Veranstalter.
„Einen Überschuss werden wir mit der Veranstaltung nicht erzielt haben. Das war aber auch nicht unser Ziel. Wir wollten den Tingleffern einfach einen vergnüglichen Abend für die ganze Familie bereiten, quasi als Ersatz für das abgesagte Ringreiten. Nach den bisherigen Rückmeldungen zu urteilen, ist uns das tatsächlich gelungen“, sagt der Ideengeber und Organisationschef der ersten Tingleffer Autobingo-Veranstaltung, Tim Skovmand.
Er will nicht ausschließen, dass der Tingleffer Gewerbeverein (Tinglev Handels-, Håndværker- og Industriforening; kurz: HHI) im kommenden Jahr erneut ein Autobingo durchführen wird. „Es war das erste, aber womöglich nicht das letzte Autobingo in Tingleff“, so Skovmand.
Wir wollten den Tingleffern einfach einen vergnüglichen Abend für die ganze Familie bereiten.
Tim Skovmand, Ideengeber und Cheforganisator
150 bis 200 Teilnehmer
Rund 50 Fahrzeuge rollten ab 16 Uhr auf den Tingleffer Ringreiterplatz. Die meisten waren mit zwei, drei oder gar vier Personen gefüllt, sodass die Anzahl der tatsächlichen Spieler wohl eher auf 150 bis 200 Menschen aller Altersgruppen geschätzt werden kann.
Für viele der Teilnehmer war Autobingo absolutes Neuland. So hatten die Veranstalter auch fachkundiges Personal abgestellt, das bei der Einstellung der richtigen Radiofrequenz oder anderen Fragen behilflich war.
Für 75 Kronen gab es einen Satz Bingokarten, der für alle fünf Serien des Abends seine Gültigkeit hatte. Profis nahmen gleich zwei solcher Kartensätze.
Autobingo als Selbstversuch
In einer Art Selbstversuch nahm die amtierende Tingleffer Lokalredakteurin des „Nordschleswigers“ an der Veranstaltung teil. An ihrer Seite eine erfahrene Bingospielerin.
Auf deren Anraten kaufte ich dann auch sofort zwei Kartensätze. „Die kannst du leicht überblicken. Dir soll ja auch nicht langweilig werden“, so der Rat.
Mit dem Goldstift zum (Miss-)Erfolg
Nach einem Tipp meiner Begleitung hatte ich auch einen dicken Filzstift eingepackt. Profi-Lottospieler verfügen natürlich über einen Bingo-Marker in Signalfarben. Ich hatte in der Eile nur einen Goldstift aus der Schublade geschnappt.
Diese Metallicfarbe würde doch toll passen, wenn ich einen der Hauptpreise abstauben würde, hatte ich mir gedacht.
Hochmut kommt bekanntlich vor dem Fall. Um es vorwegzunehmen: Ich habe nichts gewonnen, rein gar nichts. Allerdings ging auch meine Profi-Begleitung leer aus. Das ist zumindest ein kleiner Trost, auch wenn ich ihr einen Hauptgewinn gegönnt hätte. Sie hätte mir wahrscheinlich etwas abgegeben. Am Goldstift allein wird es wohl nicht gelegen haben.
Kesse Sprüche und flotte Musik
Jonas Bonnerup, bekannt als sogenannter „Vækkelsesprædikant“ aus dem Morgenprogramm des lokalen Hörfunksenders „Radio Globus“, war der Spielleiter des Abends und sorgte mit kessen Sprüchen und flotter Musik von Anfang an für gute Stimmung.
Immer wieder musste ich jedoch einen fragenden Blick in Richtung meiner Sitznachbarin richten, wenn Spielleiter Jonas von zwei „dünnen Damen“, zwei „dünnen Damen mit geknicktem Hals“, einem „Schwan“, einem „Storch“ oder einem „umgekippten Fahrrad ohne Reifen“ sprach. Gemeint waren die Zahlen: 11, 77, 2, 4 und 5. Eine „Kiste Tuborg“ entsprach der Zahl 30, zwei Kisten der Zahl 60.
Doch Achtung: Wenn die Zahl 90 gemeint war, sprach Bonnerup nicht etwa von drei Kisten Flaschenbier, sondern rief „Gamle Ole“. Sagte er „Lille Ole“, war die Zahl 45 gemeint.
Kopfrechnentest in sengender Hitze
Die Autobingo-Veranstaltung wurde zu einem wahren Kopfrechnentest, wenn der Spielleiter von einem, zwei oder drei Rahmen Slots-Bier sprach. Auf einen Rahmen gehen 24 Dosen. Zwei Rahmen sind also 48 und drei daher 72.
Zu Hause auf dem Sofa sind solche Rechenaufgaben kein Problem, aber in einem heißen Auto trotz heruntergekurbelten Fenstern, offener Heckklappe und schattenspendendem Regenschirm war Kopfrechnen dann doch eine Herausforderung.
Nächste Zahl: 81
In der Regel sagte Bonnerup außer der kryptischen Umschreibung auch die richtige arabische Zahl. Wer allerdings – wie ich – mehr als eine Spielkarte hatte, musste schon zeitig mit dem Abkreuzen anfangen, da manche Zahlen mehrfach auf dem Spielschein vorkommen konnten.
Richtig ins Schwitzen geriet ich – nicht nur wegen der Außentemperatur von gefühlten 50 Grad – wenn die Zahl 81 gezogen wurde. Die hatte ich nämlich insgesamt sechsmal auf meinen beiden Spielkarten. Wenn Jonas Bonnerup anschließend dann noch von einer „Möwe im starken Seitenwind“ sprach, bekam ich fast einen Krampf in der rechten Hand. Die 3 hatte ich immerhin fünfmal auf meinen Scheinen.
Mit einer Hand an der Hupe
Ich war manchmal weit entfernt von einem Gewinn. Ab und zu hatte ich allerdings auch schon die Hand auf der Hupe, um einmal kräftig draufdrücken zu können, wenn die mir fehlende Zahl aus meinem Autoradio erklingen würde. Welches leider – wie eingangs erwähnt – nie passierte.
Die Gewinne bestanden in den ersten beiden Runden aus Einkaufsgutscheinen in Höhe von 100 und 200 Kronen. Der Hauptpreis in jeder Runde war indes ein mit guten Sachen gefüllter Präsentkorb im Wert von 500 Kronen.
Weil die enthaltene Schokolade angesichts der hochsommerlichen Temperaturen schmelzen und der Wein womöglich kochen würde, blieben die Körbe zunächst im isolierten Transporter von SuperBrugsen stehen und konnten am Spielende abgeholt werden.
Pause mit Verlängerung
Nach drei Spielrunden war eine halbstündige Pause geplant. Sie wurde um einige Minuten verlängert, damit alle mit Grillwurst und Getränken versorgt werden oder ihre Notdurft verrichten konnten.
Am Toilettenwagen musste jeder aus guten Gründen persönlich anstehen – mit coronabedingtem Sicherheitsabstand. Um jedoch die Schlangenbildung am Grill- und Getränkestand zu verhindern, konnte die Bestellung schriftlich bei einem der vielen ehrenamtlichen Helfer abgegeben werden.
Das Gewünschte wurde dann wenig später von jungen Fußballern per Bollerwagen ans Auto gebracht: „Drive in“ mal anders herum. Bezahlt wurde übrigens bargeldlos per MobilePay.
Durchorganisierte Veranstaltung
Die Organisatoren hatten schier an alles gedacht. Bevor der letzte „Pott“ gehupt worden war, wurde die konzertierte Abfahrt vom Gelände bekannt gegeben. Binnen weniger Minuten war der Platz geleert.
Eine Sache konnten die Veranstalter jedoch nicht planen. Die Feuerwehr war aus Sicherheitsgründen auf dem Platz, doch noch bevor die erste Zahl aus dem weißen Leinenbeutel gezogen worden war, mussten die Feuerwehrleute ausrücken. Wie sich später herausstellte, hatte ein Mähdrescher bei Renz Feuer gefangen.