Wahlanalyse
„Koalitionen und Mandate – in Sonderburg ist alles offen“
Koalitionen und Mandate – in Sonderburg ist alles offen
Koalitionen und Mandate – in Sonderburg ist alles offen
Diesen Artikel vorlesen lassen.
In weniger als einer Woche ist die Entscheidung gefallen, wer im neuen Sonderburger Stadtrat sitzen und regieren wird. Doch wie stehen die Chancen für Parteien und Bürgermeisterkandidaten? Eine Wahlanalyse.
105 Kandidaten und 14 Parteien stehen bei der Kommunalwahl 2021 in der Kommune Sonderburg zur Wahl. Der Ausgang ist offen wie nie und kreist um folgende Fragen:
- Kann Folketingspolitikerin und Venstre-Bürgermeisterkandidatin Ellen Trane Nørby die Wähler von ihren lokalen Ambitionen und Visionen überzeugen?
- Wie stark wird Danfoss-Größe Kjeld Stærk als Zugpferd für Venstre aus dem Rennen gehen?
- Kann die Schleswigsche Partei (SP) ihren Wahlerfolg von 2017 wiederholen – mit vielen umgesetzten Wahlversprechen, aber ohne Wahlempfehlung von Jørgen Mads Clausen?
- Wird es nach Auszählung aller Stimmen am Ende eine breite Koalition aus Sozialdemokraten, Venstre und Schleswigscher Partei und den kleineren Parteien der Mitte geben?
Ellen Trane Nørby hat in Wahlkampfauftritten und Debatten einen überzeugenden Auftritt hingelegt. Und bewiesen, dass sie nicht nur die Politikerin aus Kopenhagen ist, sondern eine Sonderburger Bürgerin, die sich bestens mit lokalen und fachlichen Details auskennt.
Ob die neue Kläranlage auf Kær Vestermark, Naturdiversität, die Strandreinigung von Himmark oder Ausbildungsinitiativen für Sonderburg – die 41-Jährige hat im Wahlkampf zusammen mit ihrem Wahlbündnis einen fachkundigen Vorschlag nach dem anderen aus dem Wahlkampfbüro gezaubert und damit gleich mehrere Vorhaben des aktuellen Stadtrats kritisch zerlegt.
Bleibt Ellen Trane Nørby „die aus Kopenhagen“?
Bürgermeister Erik Lauritzen hat auf die Angriffe zumeist mit folgendem Argument reagiert: dass die von Trane Nørby genannten „Probleme“ längst mit aktuellen Handlungs- und Masterplänen bearbeitet werden und dass Trane Nørby vom Stadtrat angeschobene Initiativen als ihre eigenen Ideen neu verkauft.
Wie gut kommt Ellen Trane Nørby am Ende bei den Wählerinnen und Wählern an? Bleibt sie „die aus Kopenhagen“, obwohl sie seit 17 Jahren in Sonderburg lebt, oder hat sie die Sonderburger überzeugt und für sich gewonnen?
Eine unberechenbare Größe für Venstre ist Danfoss-Chef Kjeld Stærk. Zusammen mit anderen starken und erfahrenen Kandidaten – wie beispielsweise dem Ekensunder Stadtratskandidaten Daniel Staugaard – könnte er sich zum starken Stimmenmagneten für die Partei entwickeln. Persönliche Stimmen, die am Ende Ellen Trane Nørby in die Karten spielen.
Und wie sieht es bei den Sozialdemokraten aus? Bürgermeister Erik Lauritzen kann sich als Amtsinhaber mit vielen gelungenen Projekten brüsten. In seinen acht Jahren sind der Sonderburger Stadthafen entstanden und das Nordals Ferienresort geplant worden.
Ein Mann aus dem Volk, der am Blanser Wald wohnt
Unter Lauritzen ist sogar die Tour de France nach Sonderburg geholt worden, und der Wohlfahrtsstandard für die Bürgerinnen und Bürger wurde zumindest aufrechterhalten, wenn nicht gar ausgebaut. Erfolge, die ihm die Stimmen zufriedener Mitmenschen einbringen dürften.
Außerdem ist Lauritzen bei vielen sehr beliebt. Ein Mann aus dem Volk, der am Blanser Wald in einem alten Bauernhaus wohnt, das er selbst renoviert hat. Ein Lokalpolitiker, der bei der Einweihung im Altenheim Sønderjysk spricht und in Glasgow der Welt Sonderburgs Weg zur CO2-Neutralität erklärt.
Auch die Schleswigsche Partei (SP) kann sich mit vielen umgesetzten Projekten schmücken. Die Partei hat mit ihrer pragmatischen und sachlichen Politik viel erreicht: von der Abbiegespur vor der Förde-Schule über ein verbessertes sozialpsychiatrisches Beratungsangebot für Kinder und Jugendliche bis hin zur kostenlosen Nutzung von Sportanlagen für die deutschen Institutionen, um nur drei Beispiele von vielen zu geben.
SP-Politiker Gerhard Bertelsen hat als Gewerbeausschussvorsitzender unter anderem die Zusammenarbeit mit der Wirtschaftswelt optimiert und den Sonderburger Flughafen neu erfunden, und Bürgermeisterkandidat Stephan Kleinschmidt hat nicht zuletzt den Königlichen Küchengarten in Gravenstein ins Rollen bzw. zum Wachsen gebracht.
SP: Brückenbauer ohne ideologische Parteiausrichtungen
Die Schleswigsche Partei ist eine Pragmatikerin, ein Brückenbauer der Mitte, ohne ideologische Parteiausrichtungen. Und die SP ist offenkundig zu einer breiten Zusammenarbeit mit Sozialdemokraten und Venstre bereit – zum Wohle der Lokalpolitik.
Die SP ist somit eine gute Wahl für alle, die Parteigrabenkämpfe störend finden. Kann die „Kleinschmidt-Kurve“ also weiter nach oben steigen? Wenn die Partei auch ohne Wahlempfehlung von Danfoss-Mann Jørgen Mads Clausen fünf Mandate holt, wäre dies ein Erfolg.
Von der Dänischen Volkspartei war in diesem Wahlkampf nicht viel zu sehen oder zu hören – im gemeinsamen Wahlbündnis mit Venstre, Konservativen und den Neuen Bürgerlichen sind beide Parteien etwas untergegangen, Pressemitteilungen waren meist von Ellen Tranes Kommentaren durchdrungen. Gut möglich, dass DF ein bis zwei Mandate abgeben muss und die Neuen Bürgerlichen im nationalen Trend Einzug in den Stadtrat halten.
Einheitsliste, Sozialistische Volkspartei und Radikale Venstre könnten von aktuellen Themen und politischen Ausrichtungen zu Klima und Diversität vor allem bei jungen Wählern punkten und durchaus das eine oder andere Mandate im Stadtrat holen.
Wo die lokale Liste Fælleslisten nach dem politischen Ende von Aase Nyegaard landen wird, bleibt unvorhersehbar.
Nach Auszählung der Stimmen werden dort die Koalitionen verhandelt. Oder, wie es Stephan Kleinschmidt am Montag im Interview ausdrückte: Wer am schnellsten bis 16 zählen kann, gewinnt.
Sara Eskildsen, Journalistin
Wie vor jeder Wahl gilt: Es bleibt spannend, bis alle Stimmen ausgezählt sind. Die Parteien und Politiker werden den Wahlabend in der Sønderskov Skole verbringen. Nach Auszählung der Stimmen werden dort die Koalitionen verhandelt. Oder, wie es Stephan Kleinschmidt am Montag im Interview ausdrückte: Wer am schnellsten bis 16 zählen kann, gewinnt.