Neue Landesregierung

Vom Handwerker zum Politprofi

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Kiel
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Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (parteilos) bezeichnet sich als lernfähig und neugierig. Foto: Jens Büttner/SHZ

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Der Schritt vom Unternehmer zum Politiker war für Claus Ruhe Madsen kein kleiner. Den Wechsel vom Oberbürgermeister in Rostock zum Wirtschaftsminister hat er sich ebenfalls genau überlegt. Die Neugierde auf Neues scheint ihm jedoch in die Wiege gelegt worden zu sein.

Er sagt, er sei nach 25 Jahren „gefühlt ein Rostocker Jung“. Doch braucht man Claus Ruhe Madsen nicht lange zuzuhören, um bei ihm auch den dänischen Sprachton herauszuhören. Auch in seinem Denken hat er wohl etwas von beiden Seiten in sich.

Ein wenig von diesen beiden Seiten nimmt er auch in Schleswig-Holstein wahr, und daher freute er sich auch, als ein Anruf von Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) kam. Er wollte den parteilosen Rostocker Oberbürgermeister ins Wirtschaftsministerium nach Kiel holen.

„Ich schätze die Politik in Schleswig-Holstein sehr und auch den Ministerpräsidenten, deswegen war ich natürlich geehrt, als er angerufen hat“, sagt er dem „Nordschleswiger“.

Fristverlängerungen und Anrufe

Nicht nur das Land und die Politik, auch der Koalitionsvertrag sagte ihm sofort zu. Der Umbau zum „grünen Industrieland“, da wollte er gerne mitmachen. Doch erst vor drei Jahren hatten 200.000 Rostockerinnen und Rostocker ihn zum Oberbürgermeister gewählt. Nun musste er ihnen sagen, dass er weggeht.

Ich war mein Leben lang neugierig und wissbegierig und auch bereit zu lernen. Ich glaube, das sind enorm wichtige Eigenschaften.

Claus Ruhe Madsen, Wirtschaftsminister in Schleswig-Holstein (parteilos)

„Ich habe etwas mehr als eine Woche gebraucht, immer mit ein bisschen Fristverlängerung“, verrät Ruhe Madsen.

Nicht nur das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in Rostock war Anlass, dass er Bedenkzeit brauchte. Auch der Ortswechsel und die neue Rolle wollten überlegt sein.

„Wenn man so eine Entscheidung trifft, ist es eine Lebensentscheidung. Beim Schritt vom Unternehmer zum Bürgermeister hatte ich das Gefühl, dass ich immer noch in meiner Stadt Handwerker bin. Der Schritt vom Bürgermeister zum Minister ist dann auch der Weg hin zum richtigen Politiker“, sagt der Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen.

Verwaltung lernen

Hätte Daniel Günther von Stuttgart aus angerufen, Ruhe Madsen hätte sich nicht von der Stelle gerührt. Ein anderes Ministerium als Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus? Die Rostocker hätten ihren Oberbürgermeister behalten.

„Überzeugt hat mich dann Daniel Günther, weil er immer wieder angerufen hat.“

Der Wechsel vom Unternehmer zum Oberbürgermeister verlief nicht reibungslos. Eine öffentliche Verwaltung ist dann doch etwas ganz anderes als ein Betrieb. Die Politik tickt anders als die Industrie- und Handelskammer (IHK), deren Rostocker Präsident er war. Er hofft, dass er durch die Erfahrungen, man könnte auch sagen Blessuren, für den erneuten Wechsel besser gerüstet ist.

„Als wichtigste Erfahrung nehme ich mit, wie Verwaltung geht, welche Prozesse und Arbeitsgänge notwendig sind“, so die Überlegung von Ruhe Madsen.

Die Liebe zu großen Aufgaben

Die Wechsel in der Vita des gebürtigen Kopenhageners dürften wohl kein Zufall sein. Sie liegen wohl in seiner Persönlichkeitsstruktur verankert.

„Ich war mein Leben lang neugierig und wissbegierig und auch bereit zu lernen. Ich glaube, das sind enorm wichtige Eigenschaften. Ich habe auch die Fähigkeit, relativ schnell zu lernen.“

Ich würde mir wünschen, dass die Menschen sich auf eine Reise in unserer Entwicklung mitgenommen fühlen.

Claus Ruhe Madsen, Wirtschaftsminister in Schleswig-Holstein (parteilos)

Und er wird erneut schnell lernen müssen. Denn er hat sich viel vorgenommen. Der Koalitionsvertrag dient ihm als roter Faden für die Aufgaben, die möglichst zügig gelöst werden sollen. Der Begriff vom „grünen Industrieland“ ist zunächst ein Schlagwort. Doch dahinter verbirgt sich eine umfassende Umwandlung des Landes Schleswig-Holstein.

„Wenn man mir so eine Aufgabe hinlegt, denke ich: Yes, das will ich unbedingt“, so Ruhe Madsen.

Von Haaren in der Suppe

Dafür braucht es in seiner Optik eine agile Verwaltung, die Beschlüsse umsetzt und keine Angst vor Fehlern hat.

„Wir haben in Deutschland den Hang, nach dem Haar in der Suppe zu suchen und fragen uns nicht, ob die Suppe insgesamt gut schmeckt. Das ist etwas, woran wir wirklich stark arbeiten müssen. Wir brauchen viel mehr Pragmatismus bei der Umsetzung und sollten auch akzeptieren, wer umsetzt, der macht auch Fehler.“

Spieglein, Spieglein an der Wand …

„Wenn Sie irgendwann nicht mehr Minister sind, was wäre die eine Sache, von der Sie sich wünschen würden, dass die Menschen sagen: Das hat Claus Ruhe Madsen gemacht?“

Das ganze Interview hindurch hat Ruhe Madsen schnell und spontan geantwortet. Doch hier braucht er eine kurze Denkpause.

„Ich glaube, dass man im Leben nicht nur eine Sache hat. Ich würde mir wünschen, dass die Menschen sich auf eine Reise in unserer Entwicklung mitgenommen fühlen. Das heißt, man muss nicht endgültig alles fertig haben, aber wir haben den Weg eingeschlagen, dass wir in die Richtung eines grünen Industrielandes gekommen sind. Dass wir modern und auf morgen ausgerichtet sind. Und das Beste und Wichtigste ist, dass die Menschen sich wohlfühlen.“

Ruhe Madsens Lebensmotto ist, dass er am Morgen vor dem Spiegel überlegt, was er diesem Tag erreichen möchte und abends vor dem selben Spiegel überlegt, ob er die gesteckten Ziele erreicht hat. Lautet die Antwort ja, kann er ruhig schlafen.

„Wenn das Gefühl bei mir in fünf Jahren noch da ist, dann bin ich mit mir sehr zufrieden.“

Wir können ihn ja dann erneut fragen.

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