Kulturkommentar
„Greller die Lichter nie strahlen“
Greller die Lichter nie strahlen
Greller die Lichter nie strahlen
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Büchereidirektorin Claudia Knauer erklärt in einem Kulturkommentar, warum sie echten Kerzenschein Lichterketten vorzieht, um in Weihnachtsstimmung zu kommen.
Dass man die Chinesische Mauer vom Weltall aus sieht, ist ein Mythos. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass die Astronauten und die Astronautin in der ISS jedes Mal beim Überfliegen von Dänemark nach unten schauen und wissen, „he, bald ist Weihnachten“. Und das wissen sie schon seit gefühlt Ende Oktober. Denn seitdem wird aufgerüstet. Kein Haus auf dem Land, das etwas auf sich hält, geht in diesem Winter ohne. Lichterketten rund um das Carport, den Dachfirst, den Zaun, die Fenster und dann natürlich noch ein bisschen was Leuchtendes – Schneemann, Weihnachtsmann oder Rentier mit Schlitten – in den Vorgarten. Hinterm Gebäude werden Vogelhäuschen illuminiert und die olle Tanne auch noch gleich mit. Wer hat, der hat.
Es ist zu hoffen, dass es vor allem LED-Birnen sind, die da tagein, tagaus brennen. Was da an Energie verballert wird – hier gäbe es wirklich ein Einsparpotenzial. Wo sind die Zeiten geblieben, als man still und ruhig eine – echte! – Kerze ins Fenster stellte. Oder als das wunderschöne Weihnachtshaus in Bodum eine Attraktion und nicht eine unter so vielen war? Vorbei, jetzt gilt: Greller die Lichter nie strahlen!
Und wenn wir schon dabei sind: Die Inflation der Adventskalender hat in einem Umfang zugenommen, der mich zum Adventskalendermuffel macht. DSB bietet mir einen digitalen an, meine Versicherung, der Bäcker und das Restaurant, die Übersetzerin und der Knivsberg. Man kann Dinge gewinnen, Wissen erwerben, seinen Körper und seinen Geist ertüchtigen – alles richtig, alles wichtig. Aber ohne mich. Ich nehme mir ein Buch, einen Dominostein oder zwei und genieße im Kerzenschein die Adventszeit. Und vielleicht, ganz vielleicht mache ich die kleine Lichterkette an der Haustür an. Denn so ganz ohne …