Minderheitenpolitik
Sozialdienst und Ortsschilder: Europarat kritisiert Dänemark
Sozialdienst und Ortsschilder: Europarat kritisiert Dänemark
Sozialdienst und Ortsschilder: Europarat kritisiert Dänemark
Der Folketings-Abgeordnete Christian Juhl sieht die Regierung im Zugzwang. Minderheiten-Chef Jürgensen setzt auf Gespräch mit Ministerin.
Der Europarat hat in einem noch nicht veröffentlichten Bericht, der dem „Nordschleswiger“ und „Flensborg Avis“ vorliegt, umfassende Kritik an Dänemark bezüglich des Umganges mit nationalen Minderheiten geübt.
Ein Komitee, dass prüft, ob das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten in den Ländern, die es ratifiziert haben, eingehalten wird, kritisiert unter anderem, dass es in Dänemark noch immer keine zweisprachigen Ortsschilder gibt – und dass im Falle der Zuwendungen für die soziale Arbeit des Sozialdienstes noch immer keine Lösung gefunden wurde.
Für Christian Juhl, Mitglied im Kontaktausschuss des Folketings für die Minderheit und Abgeordneter der Einheitsliste im Folketing, ist der Umgang mit dem Sozialdienst Nordschleswig nicht hinnehmbar.
„Es verstößt gegen so viele Verträge, die wir haben, das ist vollkommen wahnwitzig“, sagt er im Gespräch mit dem „Nordschleswiger“.
Hintergrund: Kein Geld mehr für den Sozialdienst
Der Sozialdienst, der die soziale Arbeit der deutschen Minderheit in Dänemark koordiniert, hat eine deutliche Zuwendungskürzung hinnehmen müssen, weil die dänische Sozialbehörde zu dem Schluss gekommen ist, dass die Arbeit nicht entsprechend der Richtlinien für die finanzielle Förderung von sogenannten Freiwilligkeitszentren strukturiert sei. 350.000 Kronen sind deshalb im zweiten Jahr in Folge nicht wie früher ausgezahlt worden.
Juhl: Ministerien streiten ums Geld
Laut Juhl geht es „nur darum, dass die Ministerien sich darum streiten, wer bezahlen soll und wer nicht. Die Sozialministerin will nicht, die Kulturministerin hat kein Geld“.
Deshalb sei, wie berichtet, eine Beschlussvorlage ausgearbeitet worden, sollte es beim Treffen der Minderheitenführung mit Kulturministerin Joy Mogensen (Soz.) nicht zu einer Einigung kommen. „Mir ist doch egal, wer bezahlt, das ist so wenig Geld, das ist doch Quatsch!“, ärgert sich Juhl darüber, dass die Regierung noch keine Lösung gefunden hat.
„Es ist gut, dass der Europarat ein waches Auge darauf hat, was im Verhältnis zu dem, was man ratifiziert hat, passiert“, sagt derweil Hinrich Jürgensen, Hauptvorsitzender des Bundes Deutscher Nordschleswiger (BDN), dem Dachverband der deutschen Minderheit in Dänemark. Er glaubt, dass die Kritik des Europarates etwas bringt. „Wenn man Dinge ratifiziert, dann müssen sie auch eingehalten werden“, sagt er – und stimmt mit Christian Juhl überein. Der hält den Europarat für „enorm wichtig in vielerlei Zusammenhängen“.
Die Berichte des Komitees trügen auch dazu bei, Druck auf die Länder auszuüben, ihren Verpflichtungen nachzukommen.
„Auch wenn Rechtsparteien heutzutage gerne unsere internationalen Verpflichtungen abschaffen würden, gibt es weiterhin eine große Mehrheit, die sagt, dass wir unsere internationalen Verträge einhalten müssen“, sagt er.
Jürgensen: Kein Druck, aber auf Bericht aufmerksam machen
„Wenn da ein erhobener Zeigefinger kommt“, ergänzt Jürgensen, „dann werden einige sagen 'die können uns mal'. Aber andere sagen, wir wollen ja auch gerne, dass die anderen Länder ihre Verpflichtungen einhalten, also müssen wir das auch selber tun“.
Er geht davon aus, dass das auch in die Gespräche mit der Regierung einfließen wird. Doch als „Druckmittel“ will Jürgensen den Bericht nicht verstanden wissen. „Ich bin gegen eine solche Art und Weise der Verhandlungen. Wir wollen ja eine vernünftige Lösung haben. Aber natürlich werden wir es ansprechen und sagen: Das wird auch anderswo wahrgenommen“, sagt er.
Die Ministerin solle nun aber zunächst auch „die Chance bekommen, sich in die Sache einzuarbeiten“.