Minderheit

Grænseforeningen: Die schwere Diskussion über die Identität

Grænseforeningen: Die schwere Diskussion über die Identität

Grænseforeningen: Die schwere Diskussion über die Identität

Kopenhagen
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Hanne Sundin meint, dass nur die Minderheit-Jugendlichen selbst ihre eigene Identität definieren können. Foto: Walter Turnowsky

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Der Begriff der Bindestrich-Identität hat innerhalb der dänischen Minderheit zu Kritik geführt. Viele Minderheit-Jugendlichen würden jedoch ihre Identität als „Sowohl-als-auch“ empfinden, betont die Direktorin von Grænseforeningen, Hanne Sundin. 

Das Wort „Bindestrich-Identität“ mag einigen nicht schmecken, aber von der Diskussion werde man nicht abrücken, betont Hanne Sundin, seit 1. März 2022 Direktorin von Grænseforeningen. Selbstverständlich nehme man es aber ernst, wenn prominente Vertreterinnen und Vertreter der dänischen Minderheit in Südschleswig den Begriff kritisieren würden.

„Wir bewegen uns nicht weg davon, über Identität zu sprechen“, sagt Sundin.

Jugendliche haben Debatte angestoßen

Die Debatte über die doppelte Identität entspringt der Initiative von Grænseforeningen mit den Schülerbotschafterinnen und -botschaftern an den beiden Minderheiten-Gymnasien südlich der Grenze und dem Deutschen Gymnasium für Nordschleswig (DGN). Diese erzählen davon, was es heißt, jung und Minderheit zu sein.

„Wir haben weiterhin eine sehr große Gruppe an Schülerbotschaftern, Schülerinnen und Schüler der Duborg Skole, der A. P. Møller-Skole und dem DGN, die an dänischen Schulen erzählen, was es bedeutet, als Jugendliche oder Jugendlicher Teil der Minderheit zu sein. Das werden wir fortsetzen“, so die Direktorin.

Buch, Konferenz und Kritik

2021 erschien dann das Buch „Danskerne findes i mange modeller – portrætter af 15 unge med bindestregsidentitet“, in dem nicht nur Jugendliche aus den beiden Minderheiten, sondern auch aus ethnischen Minoritäten von ihrer zweifachen Zugehörigkeit berichten. 

Viele der Jugendlichen sprechen davon, dass sie sich als ‚Sowohl-als-auch‘ empfinden.

Hanne Sundin

Bei einer Konferenz im Folketing berichteten einige der „Däninnen und Dänen in vielen Ausgaben“ von ihren Erfahrungen. Angestoßen hatte das Projekt Hanne Sundins Vorgänger, Knud Erik Therkelsen. Nicht zur Freude aller in der dänischen Minderheit.

„Zum Beispiel stellt der Bindestrich Deutsch und Dänisch gleich – und umgekehrt. Die dänische Minderheit ist qua ihres innersten Wesens sowie ihrer Verbände und Institutionen nicht ein dänisch-deutsch zusammengesetztes Wesen, sondern eine dänische Volksgruppe, historisch in ihrer Heimat verankert, die heute in Deutschland liegt“, sagte der Generalsekretär der Südschleswigschen Vereinigung (Sydslesvigsk Forening, SSF), Jens A. Christiansen, nach dem Erscheinen des Buches.

Verband fordert Fokus auf Grenzland

Doch Therkelsen ließ sich nicht von seiner Auffassung abbringen.

„Es geht darum, dass die Minderheit eine Rolle spielt, im Verhältnis zu dem, was heute in Dänemark wichtig ist. Und entscheidend ist, dass wir besser darin werden, mit den anderen zu sprechen. Das kann die Minderheit, sie ist gut darin, sie muss es sich nur eingestehen“, sagte er im Abschiedsinterview mit dem „Nordschleswiger“.

Doch auch die Vorsitzende des SSF, Gitte Hougaard-Werner, kritisiert den Begriff der Bindestrich-Identität und meint, das Einbeziehen anderer Minoritäten würde von den zentralen Aufgaben ablenken.

„In dieser Frage bin ich nicht mit ihm einig. Aus südschleswigscher Sicht entfernt sich Grænseforeningen zu sehr von unseren gemeinsamen Wurzeln. Ich habe zwar Verständnis dafür, dass man mit diesem Winkel in Dänemark ankommen kann, aber wir hätten einen anderen Winkel gewählt“, sagte sie dem „Nordschleswiger“.

„Jugendliche mit eigener Stimme sprechen lassen“

Grænseforeningen hat im März eine neue Strategie vorgestellt. Laut Sundin will sich der Verband wieder stärker auf Vermittlung von Wissen über das Grenzland und die dänische Minderheit konzentrieren, doch dazu zählt ihrer Ansicht nach auch, was Jugendliche aus den Minderheiten über ihre Identität sagen. 

„Wir nehmen es selbstverständlich ernst, wenn Vertreterinnen und Vertreter der Minderheit sagen, das Wort Bindestrich-Identität gefällt ihnen nicht. Daher haben wir auch einen Dialog darüber, wie wir die Begriffe verstehen und wie wir den Jugendlichen den notwendigen Platz einräumen.“

Sie müssten definieren, wie sie ihre eigene Identität empfinden.

„Wir werden die Jugendlichen mit ihrer eigenen Stimme sprechen lassen. Ihnen ermöglichen, ihre persönliche Geschichte zu erzählen. Viele der Jugendlichen sprechen davon, dass sie sich als ‚Sowohl-als-auch‘ empfinden. Sie fühlen sich dänisch und leben in der dänischen Minderheit, haben jedoch auch ein deutsches Standbein, weil sie in Deutschland wohnen. Man trägt beide Nationalitäten in sich.“ 

Mehr über die Diskussionen bei Grænseforeningen erfährst du unter diesen Links:

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