75 Jahre „Der Nordschleswiger"

Oberstes Ziel: Die Mehrheit in der Minderheit erreichen

Oberstes Ziel: Die Mehrheit in der Minderheit erreichen

Oberstes Ziel: Die Mehrheit in der Minderheit erreichen

Karin Friedrichsen
Karin Friedrichsen Journalistin
Apenrade/Aabenraa
Zuletzt aktualisiert um:
Elin Marquardsen gehörte bereits dem Presseverein an, als Hans Christian Bock das Zepter in der Hand hielt. Foto: Karin Riggelsen

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„Der Nordschleswiger“ wurde am 2. Februar 75 Jahre alt. Wir bringen im Laufe des Jubiläumsjahres eine Serie über uns selbst. Im Doppelinterview sprechen wir mit dem ehemaligen Pressevereinsvorsitzenden Hans Christian Bock und seiner Nachfolgerin, Pressevereins-Chefin Elin Marquardsen, über die Vergangenheit und Visionen für die Zukunft.

Hans Christian Bock und Elin Marquardsen haben die Geschicke des „Nordschleswigers“ seit 1999 gelenkt. Der Apenrader Hans Christian Bock war Vorsitzender des Deutschen Pressevereins, der Geschäftsträger des „Nordschleswigers“, von 1999 bis 2014. Nach 15 Jahren im Amt wurde er von Elin Marquardsen abgelöst.

Die Lügumklosteranerin hatte sich vor ihrer Wahl zur Vorsitzenden als einfaches Mitglied des Pressevereins mit dem Aufgabenbereich vertraut machen können.

„Ich war bereits unter Hans Christian ein Teil des Vorstandes“, erinnert sich Elin Marquardsen beim Interview im Haus der Medien in Apenrade. Es verdeutlicht sich alsbald, dass die Wahl der beiden Minderheitendeutschen Gleichheitspunkte birgt.

Kurze Bedenkzeit wiederholte sich

„Am Tag der Generalversammlung kontaktierte mich der damalige Hauptvorsitzende des BDN (Bund Deutscher Nordschleswiger, red. Anm.), Hans Heinrich Hansen. Er fragte mich, ob ich daran interessierte wäre, den Vorsitz zu übernehmen. Der Anruf kam um die Mittagszeit, und dann bin ich abends gewählt worden“, so der ehemalige Pressevereins-Chef, der zunächst als ehrenamtlicher Revisor wirkte und dann als Vorstandsmitglied dem Presseverein angehörte.

Bei Elin Marquardsen war es BDN-Hauptvorsitzender und Pressevereinsvorstandsmitglied Hinrich Jürgensen, der sie dazu aufforderte, ihre Kandidatur für den Pressevereins-Vorsitz zu erklären. „Ich hatte einige Tage Bedenkzeit“, erinnert sich Elin Marquardsen und lacht.

Generalversammlung im Presseverein

Der Deutsche Presseverein („Der Nordschleswiger“) hält am Montag, dem 31. Mai, 2021 seine ordentliche Generalversammlung ab. Sie findet ab 19.30 Uhr im Haus der Medien in Apenrade (Aabenraa) statt.

Elin Marquardsen und Hans Christian Bock in Apenrade vor dem „Haus der Medien - Mediehuset". Foto: Karin Riggelsen

Permanenter Austragungsort der Generalversammlungen

Der Bund Deutscher Nordschleswiger ist in seiner Eigenschaft als Dachorganisation der deutschen Minderheit auch das übergeordnete Organ des „Nordschleswigers“. Den ehemaligen Vorsitzenden und seine Nachfolgerin verbindet auch die Gemeinsamkeit, dass die Generalversammlungen, auf denen sie gewählt wurden, in Hadersleben (Haderslev) stattfanden. Die jeweiligen Vorstände konstituierten sich später mit Bock bzw. Marquardsen an der Führungsspitze.

Bis vor einigen Jahren ging der Presseverein bei Jahresversammlungen, die bis zur Corona-Krise 2020 fast durchgehend im Mai durchgeführt wurden, über Land, um die Versammlungen in verschiedenen Städten und Ortschaften in Nordschleswig abzuhalten. Nach Inbetriebnahme des neuen deutsch-dänischen Medienhauses an der Schiffbrücke (Skibbroen) in Apenrade verständigte man sich darauf, so Elin Marquardsen, das Medienhaus als Austragungsort der Versammlungen zu bestimmen – um so die Leser zu sich einzuladen.

Mitglieder aus allen Teilen Nordschleswigs

Damit alle Leser-Gruppierungen repräsentiert werden, bemüht sich der Vorstand seit jeher darum, seine Mitglieder in allen Teilen Nordschleswigs zu finden. Sechs Vorstandsmitglieder werden von der ordentlichen Generalversammlung gewählt, sodass nach Möglichkeit aus jedem der Einzugsbereiche der Lokalredaktionen Apenrade, Hadersleben, Sonderburg (Sønderborg), Tondern (Tønder) und Tingleff (Tinglev) ein Mitglied im Vorstand vertreten ist.

Die Zeitung lag auf dem Küchentisch

Diplomlandwirt Hans Christian Bock ist mit der Zeitung aufgewachsen. Der gebürtige Schelder (Skelde) war sechs Jahre alt, als die Zeitung am 2. Februar 1946 erstmals als Wochenzeitung erschien. Er erinnert sich daran, dass die Zeitung daheim auf dem Hof „immer auf dem Küchentisch lag“.

„Theoretisch habe ich sie seit 1946 erlebt. Ich weiß aber nicht, ob ich sie damals bewusst gelesen habe“, sagt Bock. Nach dem Schulbesuch und einer landwirtschaftlichen Ausbildung in Schleswig-Holstein und Nordschleswig ging der Minderheitendeutsche 1963 zum Studieren nach Kopenhagen an die Königlich-dänische Tierärztliche und Landwirtschaftliche Hochschule. Am Ende des fünfjährigen Studiums legte er sein Examen als cand. agro. ab. Danach arbeitete der Nordschleswiger im Landwirtschaftsministerium in Kopenhagen. Er kehrte 1975 nach Nordschleswig zurück, wo er sich in Apenrade niederließ und über 30 Jahre als Steuer- und Wirtschaftsberater beim Landwirtschaftlichen Hauptverein für Nordschleswig (LHN) tätig war.

Im Elternhaus von Hans Christian Bock lag die Zeitung immer auf dem Küchentisch. Foto: Karin Riggelsen
Der 81-jährige Hans Christian Bock ist nach wie vor ein engagiertes Mitglied der deutschen Gemeinschaft. Er ist auch ehrenamtlich tätig für den Seniorenrat in Apenrade. Foto: Karin Riggelsen

Ein „wirklich gründlicher Leser“

Während seiner Zeit in der Hauptstadt hatte Bock die Zeitung nur sporadisch gelesen. Bei seiner Rückkehr legte ihm sein guter Bekannter und damaliger Generalsekretär des BDN, Peter Iver Johannsen, ans Herz, den „Nordschleswiger“ zu abonnieren.

„Ich wurde eigentlich mehr oder weniger dazu gezwungen. Das war damals so, wenn man bei der Volksgruppe arbeitete“, sagt Bock und schmunzelt. Ihm ist anzumerken, dass er das Lesen der Zeitung nicht als Pflichtlektüre empfunden hat.

„Ja, Hans Christian ist ein Leser, der wirklich gründlich ist“, bestätigt Elin Marquardsen. Bevor „Der Nordschleswiger“ am Tag nach seinem 80. Geburtstag am 2. Februar 2021 ein reines Webmedium wurde, richtete Hans Christian Bock seine morgendliche Routine nach der Zeitung aus. Er durchforstete die Zeitung minutiös und verschaffte sich somit einen Einblick in die Geschehnisse der Minderheit und einen Überblick über regionale und überregionale Ereignisse. „Ich habe immer gerne wissen wollen, was in der Zeitung steht“, so Bock.

Erste freie deutsche Zeitung in Westeuropa

Beim Rückblick auf die Geschichte des „Nordschleswigers“ erwähnt Bock, dass Chefredakteur Ernst Siegfried Hansen und Fabrikant Matthias Hansen, Hadersleben, zu den Gründungsmitgliedern gehörten.

„Ich habe mir erzählen lassen, dass die Zeitung, als Ernst Siegfried Hansen in seiner Eigenschaft als erster Chefredakteur nach dem Zusammenbruch des Nationalsozialismus die Weichen stellte und die ,Tafel reinmachte‘, 1.000 Abonnenten verlor“, sagt Hans Christian Bock. Er erinnert daran, dass „Der Nordschleswiger“ als erste freie deutsche Zeitung in Westeuropa gegründet wurde.

Nach dem Zweiten Weltkrieg unterlagen Zeitungen in Deutschland der Zensur der Besatzungsmächte. In den ersten fünf Jahren erschien „Der Nordschleswiger“ wöchentlich. Am 1. Dezember 1951 konnte die deutsche Minderheit erstmals eine Tageszeitung präsentieren. Bei den Abonnenten, die in den Anfangsjahren der Zeitung den Rücken kehrten, handelte es sich offenbar, so Bock, um Leute, die sich nicht vom nationalsozialistischen System distanzierten.

Fülliger geworden im Laufe der Jahre

Im Laufe der Jahre sei die Zeitung „immer fülliger geworden“. Unter Leitung von Chefredakteur Siegfried Matlok und dessen Nachfolger Gwyn Nissen haben unter anderem üppige Wochenendausgaben, die mit „interessanten Beiträgen“ bestückt waren, eine positive Entwicklung bewirkt, unterstreicht Hans Christian Bock.

Durchgreifende Sparmaßnahmen

Tiefgreifende Ereignisse in seiner Zeit als Vorsitzender waren unter anderem die umfassenden Einsparungen, die 2011 bei der Zeitung durchgeführt wurden. „Wir konnten bedauerlicherweise nicht verhindern, dass Entlassungen ausgesprochen wurden“, sagt Hans Christian Bock. Die Einsparungen wurden durch Sparauflagen der Bundesrepublik Deutschland, die weniger Zuwendungen an den BDN zahlten, ausgelöst.

Elin Marquardsen bestätigt ihrem Amtsvorgänger „große Gründlichkeit" beim Lesen des „Nordschleswigers". Foto: Karin Riggelsen

Deutsche und dänische Medien unter einem Dach

Auf der „Positiv-Liste“ verbucht Bock die Einweihung des deutsch-dänischen Pressehauses in Apenrade. Die Medienverlage „JydskeVestkysten“ und „Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag“ arbeiten seit 2008 mit den Minderheitenmedien „Flensborg Avis“ und „Der Nordschleswiger“ in einer einzigartigen Medien-Kooperation zusammen. Die Zusammenarbeit begann mit dem Interreg-Projekt „Unter Nachbarn/Blandt naboer“. Durch die Zusammenarbeit wuchs das Vertrauen untereinander, und 2013 machten die vier Medienhäuser einen entscheidenden Schritt, als sie sich darauf einigten, alle Medieninhalte miteinander zu teilen. Die Journalisten der jeweiligen Medien haben direkten Zugang zu den Inhalten der Kollegen.

Seit der Einweihung des Medienhauses in Apenrade im November 2014  haben „JydskeVestkysten“ und „Der Nordschleswiger“ ihren dortigen Standort unter einem Dach. In Hadersleben und Sonderburg sind die deutsch-dänischen Medien seit 2015 bzw. 2019 in einem Gebäude angesiedelt.

Der Startschuss für das moderne Medienhaus an der Apenrader Schiffbrücke stärkte außerdem die Zusammenarbeit und stieß auf großes Echo diesseits und jenseits der Grenze. „Ich bin noch niemals so oft geblitzt worden“, erinnert sich Bock an den Pressetermin im September 2012, bei dem er als Vorsitzender des Pressevereins im „Blitzlichtgewitter“ der Pressefotografen die Papiere für den Verkauf der ursprünglichen Pressevereins-Immobilie an „Stenbjerg Ejendomme“, das zum Unternehmen der Schiffsreeder-Familie gehört, unterzeichnete.

Siegfried Matlok und Schiffsreeder Hans Christian Jebsen hatten den Skizzenentwurf für das einmalige Projekt aufgestellt. Ermöglicht wurde der Umbau des Medienstandortes durch die Übernahme des Hauses von „Stenbjerg Ejendomme“.

Siegfried Matlok teilte im selben Jahr mit, dass er 2013 seinen Posten als Chefredakteur aufgeben würde. Hans Christian Bock gehörte Ende November 2012 dem Gremium an, das Gwyn Nissen zum Chefredakteur ernannte.

Wegbereiter verabschiedete sich in den Ruhestand

Als Nissen im Sommer 2013 sein Amt antrat, standen große Veränderungen beim „Nordschleswiger“ an. Der Umbau des ehemaligen Pressehauses wurde eingeleitet und erforderte den zeitweiligen Umzug der Mitarbeiter in das ehemalige Apenrader Rathaus.

Als das neue „Haus der Medien – Mediehuset“, dann im November 2014 eingeweiht wurde mit Teilnehmern aus dem In- und Ausland, gehörte Bock zu den Ehrengästen. Er hatte das Haus mit auf den Weg gebracht, aber sich sechs Monate vor der Einweihung dazu entschieden, sein Ehrenamt zu verlassen, um „jüngeren Kräften“ den Vortritt zu lassen.

Mit 1.000 Abonnenten kann man keine Zeitung am Leben erhalten.

Hans Christian Bock, ehemaliger Vorsitzender des Pressevereins

Mit 1.000 Abonnenten kann man keine Zeitung am Leben erhalten

Hans Christian Bock hat in seiner Amtszeit die ersten digitalen Schritte des „Nordschleswigers“ begleitet. Die E-Zeitung benutzte er gerne, wenn er auf Reisen war. Das neue digitale Zeitalter als Web-Zeitung findet auch mit dem 81-Jährigen als Wegbegleiter statt.

Obwohl die Umstellung auf das Webmedium dem eingefleischten Zeitungsleser noch ein wenig Routine abverlangt, ist sich Hans Christian Bock sicher:

„Mit 1.000 Abonnenten kann man keine Zeitung am Leben erhalten.“

14-tägliche Zeitung als Sicherheitsnetz

Bock legte sich einen Schlachtplan zurecht, wie er die Web-Zeitung am besten liest. Denn er will keinen Artikel und keine Notiz verpassen. Ihm ist es wichtig, sich auf dem Laufenden zu halten über die Geschehnisse in der Minderheit:

„Ich habe mir die 14-tägliche Papierzeitung bestellt. Aber bislang habe ich all die Artikel, die dort abgedruckt sind, bereits gelesen“, stellt Hans Christian Bock fest.

Vorlese-Funktion mit Wow-Effekt

„Hans Christian ist ein Leser, der wirklich gründlich ist. Ich dürfte eigentlich nicht Vorsitzende sein. Ich habe keine Zeit gehabt, die Zeitung durchgehend von A bis Z zu lesen“, knüpft Elin Marquardsen an die Lesegewohnheiten ihres Vorgängers an.

„Ich lese das, was interessant und aktuell ist für mich. Das kann ich wunderbar im Netz und in den sozialen Medien. Wenn ich Artikel anklicke, kriege ich neue Impulse, und mein Blickfeld erweitert sich. Auf eventuellen Links werde ich weitergeleitet zu Artikeln, die ich auch lesen möchte“, sagt Elin Marquardsen.

Die Lügumklosteranerin hat auch die Vorlese-Funktion, die mit der neuesten App verknüpft ist, für sich entdeckt: „Die Funktion nutze ich viel. Wahnsinnig, was die App hergibt. Wenn ich abends nach der Arbeit müde bin und mir die Augen zufallen oder morgens beim Frühstücken kann ich einen Artikel anklicken und ihn mir vorlesen lassen“, freut sich die Vorsitzende. 

Elin Marquardsen liest den „Nordschleswiger" mit dem Smartphone. Foto: Karin Riggelsen

„So eine App wünsche ich mir auch!“

Elin Marquardsen fand bereits zu Beginn ihrer Zeit als Mitglied des Pressevereinsvorstandes Gefallen an der Möglichkeit, Apps auf ihrem neuen Smartphone zu installieren: „Da konnte man ja diverse Apps von Zeitungen downloaden und sich überall einen Artikel herausholen und lesen. So eine App wünsche ich mir auch“, habe sie dem damaligen Chefredakteur Matlok und Geschäftsführer Christian Andresen gesagt.

Marquardsens Wunsch erfüllte sich im April 2017, als „Der Nordschleswiger“ mit seiner ersten App online ging mit einer elektronischen Ausgabe der Papierzeitung.

Erste Erfahrungen mit einem Onlineauftritt hatte die Zeitung bereits 2001 gemacht. Die Digitalisierung nahm nach einer Modernisierung des Internetportals im Mai 2009 etwas Schwung auf in den Folgejahren.

Sinkende Zahl der Leser bereitete Kopfzerbrechen

„Der Nordschleswiger“ ist in Richtung Digitalisierung gedrängt, denn die sinkende Zahl der Leser bereitete Kopfzerbrechen.

Unbemerkt blieb auch nicht, dass sich die Lesegewohnheiten veränderten und immer mehr Leute die Nachrichtenlage auf ihrem Smartphone im Auge behielten.

„Wir haben natürlich im Vorstand darüber gesprochen, dass die Abonnenten immer weniger wurden und wir daher nicht mehr die Basis der Minderheit erreichen. Die Zeitung konnte somit nicht mehr der viel besungene Kitt sein“, schildert Elin Marquardsen den Beweggrund für den Schritt in die Digitalisierung.

Sie unterstreicht, dass die Tageszeitung nicht aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt wurde: „Wir sind kein kommerzieller Betrieb, wir müssen keinen Ertrag erwirtschaften.“

Vor allem in der jüngeren Generation habe der Zuspruch für die Papierzeitung gefehlt. Während eines Haushaltsseminars des Bundes Deutscher Nordschleswiger im Juni 2018 beschloss der Hauptvorstand, die Tageszeitung einzustellen.

Des Weiteren fiel die Entscheidung, Geld in die Hand zu nehmen, um für Leser, die nicht digital sind, eine gewisse Kompensation zu schaffen. Dabei handelt es sich um eine Papierzeitung, die 14-täglich erscheint und in der es eine Rückschau aus Online-Artikeln gibt.

Schulungen stehen noch an

Die Pressevereins-Chefin bedauert, dass es aufgrund der Corona-Pandemie bislang nicht möglich war, weitere geplante Schulungen für Leser anzubieten, die sich eine helfende Hand wünschen, um einen Einstieg zu finden in die Web-Zeitung.

„Wir holen die Schulungen zum Teil nach, sobald es sich machen lässt, und wir haben auch andere Initiativen“, verspricht Elin Marquardsen.

Sie hofft auch, dass Jung und Alt sich gegenseitig helfen, wenn sich die Einrichtungen, Vereine und Treffpunkte der Minderheit nach dem Lockdown peu à peu öffnen.

Elin Marquardsen lebt von Kindheit an in Lügumkloster. Die 57-Jährige ist seit 2014 ehrenamtlich tätig für den Presseverein der deutschen Minderheit. Foto: Karin Riggelsen

Bindeglied stärken

Die „Zeitung“ sei nicht weg, sondern nur woanders, betont Marquardsen. Der Presseverein hat gute Wachstumszahlen für das Internetangebot festgestellt. Viele Besuche ernte „Der Nordschleswiger“ auch bei seiner Berichterstattung im Kielwasser der coronabedingten Ein- und Ausreisebestimmungen an der deutsch-dänischen Grenze.

Das wichtigste Ziel des „Nordschleswigers“ sei aber nach wie vor die Funktion als generationsübergreifendes Bindeglied in der deutschen Minderheit.

Dabei soll auch versucht werden, verstärkt Eltern von Kindergarten- und Schulkindern zu erreichen und Nordschleswiger, die weitab der Heimat wohnen, über Geschehnisse im Grenzgebiet auf dem Laufenden zu halten.

Das Web-Medium soll das Miteinander in der Minderheit begleiten, fördern und für die Zukunft sichern. Aber es soll auch ein Bindeglied sein zwischen Minderheit und Mehrheitsbevölkerung und als Sprachrohr der Minderheit hinaus in die Welt fungieren, sagt Elin Marquardsen.

Man habe mit der Zeitung nie nur eine kleine Schar bedient. Durch das Aufspringen auf den digitalen Wagen werde das oberste Ziel – „Die Mehrheit in der Minderheit zu erreichen“ – angepeilt.

Die Zeitung der deutschen Minderheit in Nordschleswig, „Der Nordschleswiger“, stellte am 3. Februar 2021 ihre Tageszeitung ein. Der Hauptvorstand des Bundes Deutscher Nordschleswiger, die Dachorganisation der Minderheit, hat beschlossen, stattdessen auf eine Digitalisierung des „Nordschleswigers“ zu setzen. Foto: Karin Riggelsen

Kostenloser Zugang

Als Marquardsen Chefin des Pressevereins wurde, habe die Anzahl der Abonnenten bei 1.700 gelegen. „Wir haben lange Zeit gesagt, dass unsere Schmerzensgrenze eigentlich bei 2.000 Abonnenten liegt“, weiß Marquardsen, die hinzufügt, dass die Schar der Abonnenten in den Folgejahren rückläufiger wurde und zum Schluss um die 1.100 aufwies – davon unter 900 in Nordschleswig.

„Wir müssen alle erreichen oder so viele wie möglich. Das glaube ich, werden wir eher mit der digitalen Ausgabe schaffen. Der Zugang ist kostenlos, und die Mehrheitsbevölkerung wird uns auch mehr wahrnehmen können“, sagt Elin Marquardsen.

Dass „Der Nordschleswiger“ den Inhalt auf seiner Web-Zeitung kostenfrei und ohne Bezahlwand zur Verfügung stellt, ist unter anderem dem Umstand geschuldet, dass der BDN dieses unterstützt und das Nachrichtenmedium der Minderheit „großzügigerweise“ mit Mitteln aus staatlichen Töpfen in Deutschland und Dänemark gefördert wird.

Obwohl Marquardsen manchmal Vorschläge hört, dass es im „Nordschleswiger“ ins Dänisch übersetzte Kurzreferate einiger Artikel geben könnte, sagt sie: „Bei uns wird nach wie vor auf Deutsch geschrieben.“

Wir müssen alle erreichen oder so viele wie möglich. Das glaube ich, werden wir eher mit der digitalen Ausgabe schaffen. Der Zugang ist kostenlos, und die Mehrheitsbevölkerung wird uns auch mehr wahrnehmen können.

Elin Marquardsen, Pressevereinsvorsitzende

Keine Unterstützung vom Ehemann und Schelte aus der Minderheit

Als es darum ging, die Entscheidung für Einstellung der Tageszeitung zu treffen, habe Elin Marquardsen keine Unterstützung von ihrem Ehemann Kim Petersen bekommen. Ihr Mann habe die Papierzeitung behalten wollen.

Schelte gegeben habe es auch aus der Leserschaft, wo unter anderem die „Nordschleswigsche Gemeinde“ und Teile des „Sozialdienst Nordschleswig“ für den Erhalt der Papierzeitung in die Bresche gesprungen sind, weil sie sich um den Informationsfluss für ihre nicht digitalen Mitglieder sorgten.

Aber Elin Marquardsen steht zum Beschluss zum Digitalisieren, obwohl sie „die Zeitung unheimlich gern behalten hätte“.

„Ich glaube nicht, dass wir die Finanzierung oder die Kräfte für eine Printausgabe und ein digitales Medium gehabt hätten“, so Marquardsen.

Sie dankt in dem Zusammenhang den Mitarbeitern für ihren Einsatz. Sie hätten jahrelang die Doppelbelastung für Printausgabe und Netzversion bewältigen müssen.

Marquardsen bedauert, dass „Der Nordschleswiger“ sich aufgrund der Digitalisierung von lang gedienten Mitarbeitern im Vertrieb und in der Setzerei trennen musste. Fünf Stellen weniger werden es Ende 2021 sein.

Mehr Zeit zum Vertiefen

Dass Chefredakteur Gwyn Nissen und sein redaktionelles Team sich fortan „nur“ um das Onlinemedium kümmern müssen, habe auch den Vorteil, dass den Journalisten und Redakteuren mehr Zeit bleibe zum Recherchieren und Anlegen von aufwendigen Themen, sagt die Vorsitzende.

Strukturwandel bringt steigende Nutzerfrequenz

Chefredakteur Gwyn Nissen verfolgt die Entwicklung der Web-Zahlen via des Analyse-Werkzeugs Google Analytics gemessen. Während 2016 täglich 614 Nutzer verzeichnet wurden, schnellte die Anzahl der täglichen Nutzer bei der Inbetriebnahme der neuen Webseite im April 2017 auf 1.736 in die Höhe.

In den zwei darauffolgenden Jahren pendelte sich die Zahl der täglichen Nutzer bei 2.536 bzw. 3.100 ein. Durch Corona geprägt und durch den Fokus der Redaktion auf Online-First, landete die Anzahl der Nutzer 2020 bei durchschnittlich 8.185 Nutzern pro Tag.

Anfang 2021 wurden täglich 8.763 Nutzer registriert – in den ersten digitalen Wochen ab 3. Februar 2021 lag die Anzahl der täglichen Nutzer um die 10.000.

Im Moment haben wir genug zu tun. Aber die App wird sich weiterentwickeln.

Elin Marquardsen, Pressevereinsvorsitzende

Die Entwicklung fortsetzen

Elin Marquardsen sieht keine andere Möglichkeit, als auf den „digitalen Wagen aufzuspringen“. Die Entwicklung im Angebot der Web-Zeitung sei erst am Anfang und werde auch in Zukunft gestärkt.

„Im Moment haben wir genug zu tun. Aber die App wird sich weiterentwickeln“, sagt Marquardsen. Sie träumt davon, dass vielleicht auf Sicht „ein kleines Fernsehen entstehen könnte“:

„Wenn jemand Fernsehen für die Minderheit macht, dann sind wir es. Wir wissen alles über die Minderheit.“

Etwas Konkretes habe man aber nicht auf dem Tisch, aber es gibt, so Marquardsen, viele Möglichkeiten, die man ausschöpfen könnte in der digitalisierten Zukunft.

Am Scheideweg angelangt

Warum der 75. Geburtstag und das Jahr, in dem im November eine Kommunalwahl ansteht, als Stichtag für die letzte Printausgabe mit aktuellem Stoff gewählt wurde, erklärt Elin Marquardsen damit, dass man beim Jubiläum am 2. Februar 2021 an einem Scheideweg stand.

Die Entscheidung, sich von der Tageszeitung zu trennen, habe man zwei Jahre hinausgezögert, um so vielen Lesern die Möglichkeit zu geben, mit ins digitale Zeitalter zu kommen.

„Es gibt leider Leute, die wir nicht aufsammeln können. Das hat man akzeptiert, und die 14-tägliche Printausgabe ist eine kleine Rettungsaktion“, unterstreicht Marquardsen, die nicht sicher ist, dass man, wenn man die Entscheidung fünf Jahre hinausgezögert hätte, über das Problem hinweggekommen wäre.

Die Schleswigsche Partei (SP), die politische Vertretung des BDN, die bei der Kommunalwahl im November in den vier nordschleswigschen Kommunen kandidiert, werde „Der Nordschleswiger“ auch im Netz begleiten können, versichert Elin Marquardsen.

Hans Christian Bock Foto: Karin Riggelsen

Hans Christian Bock, Vorsitzender des Pressevereins von 1999 bis 2014

Hans Christian Bock (81) lebt in Apenrade. Er wuchs auf einem landwirtschaftlichen Betrieb in Schelde/Skelde bei Broacker/Broager auf. Im Alter von zwei Jahren kam er in einen deutschen Kindergarten. Als dieser nach dem Zweiten Weltkrieg geschlossen wurde, absolvierte er seine Schulausbildung in dänischen und deutschen Einrichtungen. Hans Christian Bock machte in Deutschland und Dänemark eine praktische landwirtschaftliche Ausbildung, die er mit dem Besuch der Landwirtschaftsschulen in Tingleff/Tinglev und Gravenstein/Gråsten abschloss. Es folgte von 1963 bis 1968 ein Studium an der Königlich-dänischen Tierärztlichen und Landwirtschaftlichen Hochschule in Kopenhagen, an dessen Ende er sein Examen als cand. agro. ablegte.

Von 1968 bis 1975 war Bock im Landwirtschaftsministerium in Kopenhagen als wissenschaftlicher Assistent tätig. Danach kehrte er nach Nordschleswig zurück und nahm eine Stelle als Steuer- und Wirtschaftsberater beim Landwirtschaftlichen Hauptverein für Nordschleswig (LHN) an. 2007 trat er in den Ruhestand. 1999 wurde Hans Christian Bock zum Vorsitzenden des Deutschen Pressevereins gewählt, der Trägerorganisation der Deutschen Tageszeitung in Dänemark „Der Nordschleswiger“.

Darüber hinaus hat er für die Minderheit in der Politik und im deutschen Verbandsleben eine Vielzahl ehrenamtlicher Tätigkeiten ausgeübt. Bock ist unter anderem Vorsitzender des „Bürgervereins Apenrade“. Er ist gewähltes Mitglied des Seniorenrates in Apenrade. Bei der Wahl für den Seniorenrat und die Kommunalwahl im November werden die Wähler erneut seinen Namen auf der Kandidatenliste des Seniorenrates sowie der Schleswigschen Partei vorfinden.

Hans Christian Bocks Tochter Theresia lebt mit ihrer Familie in Rungsted Kyst. Bock hat zwei Enkelkinder. Der Rentner lebt allein, seine ehemalige Frau wohnt auf Seeland.

Quelle: www.nordschleswigwiki.info und Der Nordschleswiger"

Elin Marquardsen Foto: Karin Riggelsen

Elin Marquardsen, Vorsitzende des Pressevereins seit 2014

Elin Marquardsen (57) wohnt seit ihrer Kindheit an der nordöstlichen Ortseinfahrt von Lügumkloster (Løgumkloster). Dort haben ihre Großeltern, Heinrich und Karoline Ommen, einen Hof betrieben. Marquardsens Eltern, Anne Marie und Peter Marquardsen, übernahmen das Anwesen.

Die Ortschaft hat sich, so Elin Marquardsen, auf dem Land ihrer Großeltern flächenmäßig vergrößert. Elin Marquardsen und ihr Mann Kim Petersen haben vor rund 25 Jahren das ursprüngliche Gebäude abgerissen und ein neues Wohnhaus gebaut.

Das Ehepaar hat zwei Töchter. Die Älteste, Anne Marie, studiert nach dem Abitur am Deutschen Gymnasium für Nordschleswig (DGN) Politikwissenschaft in Kopenhagen. Sie wohnt in Hellerup im dortigen Wohnheim der deutschen Minderheit. Christina ist am Wirtschaftsgymnasium in Tondern. Die Töchter haben, genau wie ihre Mutter, größtenteils Einrichtungen der deutschen Minderheit besucht.

Elin Marquardsen hat nach dem Besuch der Ludwig-Andresen-Schule in Tondern und dem Abschlussexamen am Tonderner Wirtschaftsgymnasium eine Lehre als Kauffrau für Büromanagement beim Tonderner Holzhandel „Aksel Michelsen“ absolviert.

In der Wiedaustadt arbeitete sie auch im Baumarkt „Carl Tiedemann“, dem jetzigen „Bygma“. Nach vielen Jahren in der Baubranche, wo sie bei verschiedenen Unternehmen im Innen- und Außendienst als Verkäuferin arbeitete, ist Elin Marquardsen bei „Bisco Spær“ tätig.

Die Klipleffer (Kliplev) Firma ist ein Teil des Unternehmens „Palsgaard Spær“. Marquardsen wurde dort im  Februar 2018 angestellt und beschäftigt sich im Innendienst unter anderem mit der Berechnung und dem Verkauf von Dachstühlen aus Holz in Dänemark und zum Teil auch in Deutschland.

Obwohl sie öfter gefragt wird, ob sie ein (weiteres) Ehrenamt führen möchte in einem der vielen Vereine und Einrichtungen der Minderheit, hat Elin Marquardsen bislang dankend abgelehnt. Das jetzige Amt bringe einen Teil Arbeit mit sich.

Als Vorsitzende sei sie auch automatisch ein Teil des Hauptvorstandes des Bundes Deutscher Nordschleswiger und von dessen Verbandsausschuss. „Ich konzentriere mich lieber voll und ganz auf ein Amt“, unterstreicht die 57-Jährige.

Der Vorstand des Pressevereins ab August 2020

Nach der Generalversammlung im August 2020 konstituierte sich der Vorstand des Pressevereins erneut mit Elin Marquardsen als Vorsitzende. Eine Wahlperiode dauert drei Jahre.

Dem Vorstand gehören außerdem an: Gisela Weber Mezghani, Andreas Jessen, Marianne Møller Hansen, Kerstin Hinrichsen und Hauke Grella.

Hinrich Jürgensen ist ein Teil des Vorstandes aufgrund seines Amtes als Hauptvorsitzender des Bundes Deutscher Nordschleswiger. Mary Tarp ist Vertreterin der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.

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Kommentar

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