Gänse-Preisrätsel

„Der letzte Grenzübergang ganz im Westen, der war schwierig“

„Der letzte Grenzübergang ganz im Westen, der war schwierig“

„Der letzte Grenzübergang ganz im Westen, der war schwierig“

Nordschleswig
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In diesem Jahr hat „Nordschleswiger“-Geschäftsführer Christian Andresen das Glück, die Gänse-Tour bei strahlendem Sonnenschein durchführen zu können. Für Gewinner Kim Fuglsang Anlass, die Tür zu seiner Terrasse über den Dächern von Hadersleben zu öffnen, um die Übergabe der Gans feierlich festzuhalten. Foto: Nils Baum

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Bei strahlendem Sonnenschein hat sich der Geschäftsführer des „Nordschleswigers“, Christian Andresen, erneut mit 60 Kilogramm Geflügel im Kofferraum auf den Weg durch Nordschleswig gemacht, um die Gewinnerinnen und Gewinner des Gänse-Preisrätsels zu überraschen.

Es ist 8.42 Uhr, der Geschäftsführer des „Nordschleswigers“ Christian Andresen sitzt in seinem Auto auf dem Parkplatz hinter der Hauptredaktion des Medienhauses in Apenrade und kramt die Liste mit den Gewinnerinnen und Gewinnern hervor. Zwölf Namen stehen da drauf. Sie alle haben am Gänsepreisrätsel des „Nordschleswigers“ teilgenommen, bei dem in diesem Jahr sechs Grenzübergänge korrekt benannt werden mussten.

„Nordschleswiger“-Geschäftsführer Christian Andresen mit der Gewinnerinnen- und Gewinner-Liste. Sie wird ihm heute die Richtung vorgeben. Foto: Nils Baum

Außer der Liste mit Namen gibt es kein weiteres Stück Papier, denn das beliebte vorweihnachtliche Gewinnspiel hat zum ersten Mal digital stattgefunden.

„Einmal vor zehn Jahren hatte ich die Antwortzettel mit, da hatte jemand die falsche Antwort, aber er hat den Gewinn trotzdem bekommen“, erinnert sich Christian mit einem Lachen an vergangene analoge Zeiten.

In diesem Jahr sei die Liste aus geografischer Sicht überschaubar, findet Christian. Die Tour führt ihn als erstes zu zwei Adressen in Apenrade (Aabenraa), von dort nach Hadersleben (Haderslev), dann weiter nach Tingleff (Tinglev), Bülderup-Bau (Bylderup-Bov) und schließlich über Pattburg (Padborg) und Rinkenis (Rinkenæs) in Richtung Sonderburg (Sønderborg). Ganz am Ende der Liste sind dann noch zwei Adressen in Tondern (Tønder) aufgeführt.

„Das Spannende ist immer, ob jemand zu Hause ist“

Die zwölf Gänse liegen tiefgefroren im Kofferraum, jede einzelne von ihnen bringt 4 bis 4,5 kg auf die Waage. Sie sind voll ökologisch, denn sie kommen von Thies Thomsen aus Bajstrup, der in seiner Freizeit Gänse, Enten und Puten auf seinem Hof züchtetet.

„Das Spannende ist immer, ob jemand zu Hause ist. Ein oder zwei Gewinnerinnen und Gewinner sind aber nie zu Hause, und da liefern wir dann bei den Nachbarn ab. Dafür habe ich extra Zettel mit, so dass die Empfängerin oder der Empfänger lesen kann, wo sie oder er die Gans abholen kann“, erläutert Christian.

Die erste Gewinnerin auf Christians Liste ist Henriette Tvede Andersen aus Apenrade. Doch außer dem Cocker Spaniel ist niemand zu Hause. „Wir nehmen die Gans wieder mit in die Redaktion, dann kann sich Henriette die dort abholen“, meint Christian.

Bei Henriette Tvede Andersen ist nur der Cocker Spaniel zuhause. Foto: Nils Baum

Gewinnerin Nummer zwei heißt Elsbeth Kardel Knutz und wohnt nur ein paar Hundert Meter weiter entfernt am Ortsausgang.

„Beide Nachnamen sind in Nordschleswig bekannt. Der Kardel hat das Heftchen mit den Ortsnamen gemacht. Ich weiß nicht, ob er mal Redakteur war“, überlegt Christian. Das Heftchen mit den Ortsnamen ist in der Redaktion des „Nordschleswigers“ ein beliebtes, 52 Jahre altes Nachschlagwerk, wenn es darum geht herauszufinden, wie ein Ortsname denn noch gleich auf deutsch geschrieben wird, sollte einem nur die dänische Variante bekannt sein.

Und auch wenn Christian mit den Ortsnamen in Nordschleswig bestens vertraut ist, fährt er gerne nach dem Navi im Auto. Das schlägt ihm stets drei mögliche Routen vor, so dass er sich die genaue Fahrtroute noch immer selbst aussuchen kann.

Was natürlich nichts daran ändert, dass Christian auch an der zweiten Adresse Pech hat. Trotz hartnäckigem Glockengeläut bleibt die Tür verschlossen. Also wird auch diese Gans in die Redaktion gehen – es sei denn, Christian fällt später noch etwas anderes ein.

Auch bei Elsbeth Kardel Knutz ist niemand zuhause. Foto: Nils Baum

Gans, Ente oder Pute

Christian selbst und seine Familie essen gar keine Weihnachtsgans. „Bei uns gibt es immer Pute und Ente mit Rotkohl und Sahnekartoffeln. Das kommt durch meine Schwiegereltern, da gab‘s immer Pute, das habe ich also von meiner Frau übernommen. Puten sind normalerweise auch etwas größer als Gänse. Wir waren immer fünf, aber nun ist unsere Tochter verheiratet, so dass wir sie jetzt mit ihren Schwiegereltern teilen. Deshalb sind wir nur noch vier zu Hause, aber dann hält das Essen auch für zwei oder drei Tage“, sagt er.

Aller guten Dinge sind drei, das bewahrheitet sich bei der Ankunft vor dem Haus von Guni Schmidt in Süderballig (Sønderballe).

„Das ist das erste Mal, dass ich gewonnen habe. Toll! Im ersten Moment hatte ich gedacht, dass das ein Gewinn von Ældre Sagens Lotteri ist, weil ich dort so viele Lose gekauft habe, aber das ist es nicht. Die Gans gibt’s zu Weihnachten, da sind wir 14 Personen bei meinem Sohn Carsten“, sagt sie begeistert.

Guni Schmidt öffnet die Tür, als Christian an ihrem Haus in Süderballig klingelt. Foto: Nils Baum

Und da kommt auch schon Sohnemann Carsten Leth Schmidt vom Nachbargrund und freut sich mit über die gewonnene Gans.

Seine Mutter merkt noch an, dass sie den „Nordschleswiger“ nicht mehr so toll findet in seiner digitalen Form. „Aber sie hat dennoch das Lösungswort digital herausgefunden“, schmunzelt Christian.

Von den 10-15.000 Personen aus der Minderheit kennt Christian viele der früheren Papierzeitungsleserinnen und -leser. „Aber jetzt habe ich ja keine Einsicht mehr in die Abos“ gibt er zu bedenken. Dennoch sagen ihm einige der diesjährigen Gewinnernamen etwas.

Sohnemann Carsten Leth Schmidt freut sich mit seiner Mutter über die gewonnene Gans. Foto: Nils Baum

Vor Übergabe erst in den vierten Stock und zurück

Und der nächste Gewinner ist in jedem Falle kein Unbekannter. „Das sind die ehemaligen Brauereibesitzer, aber sie liefern immer noch Gerstenmalz in die ganze Welt“, verrät Christian, während sich rechts von ihm der Slivsø auf seinem Weg über Hoptrup in Richtung Hadersleben ausbreitet.

Christian parkt vor dem Haus von Lene und Kim Fuglsang schräg gegenüber der Brauerei. Hier wird es spannend, denn an der Klingel neben der Haustür hängt ein Schild mit der Aufschrift „Klingel defekt, bitte Mobilnummer anrufen“.

An der nächsten Adresse bei Familie Fuglsang in Hadersleben ist die Klingel defekt. Ein Anruf bei der angegebenen Nummer führt auch nicht weiter. Foto: Nils Baum

Gesagt getan, doch auch diese Form des Klingelns wird nicht erhört. Da bleibt nur der Gang rüber zur Fabrik auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Der Verwaltungstrakt ist vor einigen Jahren umgezogen und liegt jetzt im Nachbargebäude im vierten Stock mit Aussicht über die Domstadt.

Die Brauerei liegt direkt gegenüber auf der anderen Straßenseite. Dennoch muss Christian vier Stockwerke erklimmen, um in Kontakt mit dem nächsten Gewinner zu kommen. Foto: Nils Baum

Hier trifft Christian auf zwei Angestellte, die ihren Chef anrufen. Dieses Mal wird das Klingeln erhört, der glückliche Gewinner ist nun alarmiert. Zurück geht es mit der Gans in der Tüte über die Straße zum Haus der Fuglsangs. Hier steht die Eingangstür inzwischen offen, und dann kommt auch schon Kim Fuglsang die Treppe herunter.

„Als ich hörte, hier sind zwei vom Nordschleswiger, da dachte ich, das sind die beiden aus der Lokalredaktion“, lacht er und bittet Christian herein. Dieses Mal nimmt er das Angebot an. Christian und Kim kennen sich bereits aus der Studienzeit, wo sie zur gleichen Zeit in Kopenhagen studiert haben.

Plaudern bei einer Tasse Kaffee

Inzwischen strahlt die Sonne über den Haderslebener Damm, und der Hausherr öffnet die Tür zu seiner Terrasse – die perfekte Kulisse für die Übergabe der Weihnachtsgans! Zurück in der Küche gibt es einen Kaffee.

„Der letzte Grenzübergang ganz im Westen, Sieltoft, der war schwierig, aber es hat ja geklappt“, räsoniert Kim Fuglsang über die Herausforderungen des diesjährigen Gänsepreisrätsels.

„Wir feiern mit der Familie hier Weihnachten. Mein Vater wohnt unten, und wir sind ja inzwischen Großeltern. Traditionell essen wir Ente. Zwar gab es bei mir im Elternhaus immer Gans, aber von meiner Frau kommt die Tradition mit der Ente und Schweinebraten mit selbstgemachtem Rotkohl. Jetzt muss ich das mit meiner Frau abklären – vielleicht gibt es jetzt auch noch die Gans dazu“, lächelt Kim Fuglsang.

Und dann plaudern die beiden noch ein wenig über alte Zeiten und das Brauereigeschäft.

„Als ich hörte, hier sind zwei vom Nordschleswiger, da dachte ich, das sind die beiden aus der Lokalredaktion“, erzählt Kim Fuglsang mit einem Lachen zur Begrüßung. Foto: Nils Baum

Weihnachten bedeutet beisammen sein

Für Christian bedeutet Weihnachten vor allem, dass die Familie gleich für mehrere Tage miteinander versammelt ist, und es so genügend Zeit gibt, miteinander zu reden. Dafür dürfte er bald sogar noch ein wenig mehr Zeit finden, denn in zwei Wochen geht er in den Ruhestand.

Und damit ist diese Gänse-Tour – es ist seine 27. – auch seine letzte. „Davon gehe ich zumindest mal aus“, lacht Christian. Insgesamt war er dann 35 Jahre beim „Nordschleswiger“; die erste Gänse-Tour hat er 1995 gemacht, unmittelbar bevor er die Position des Geschäftsführers von Rheinhardt Klahn übernommen hatte. Denn die Gänse-Tour hat stets der Geschäftsführer des „Nordschleswigers“ durchgeführt.

Weiter geht's in Richtung Süden

Inzwischen befindet sich Christian auf der Autobahn in Richtung Tingleff. Die Uhr zeigt 11 an, und die Sonne geht ihrem Zenit entgegen. Was für ein Wetter für die Gänsetour, zumal die Sonne in diesen Wochen ein seltener Gast am Himmel über Nordschleswig ist.

Mit einem sonnigen Gemüt öffnet die Ehefrau des nächsten Gewinners die Tür. Hans David ist nicht zu Hause, aber seine Frau Gudrun ruft spontan „Neeeiiin, hat er doch teilgenommen, ohne mir das zu sagen! Wir haben viele Jahre mitgemacht. Das ist ja toll, dass es jetzt geklappt hat.“

Die Gans bleibt allerdings noch ein paar Tage länger tiefgefroren, denn zu Weihnachten sind Gudrun und Hans bereits eingeladen. „Aber die gibt’s dann irgendwann nächstes Jahr. Deshalb muss ich jetzt schauen und Platz finden“, lacht sie und verschwindet mit der weihnachtlichen Tüte.

„Neeeiiin, hat er doch teilgenommen, ohne mir das zu sagen“, freut sich Ehefrau Gudrun von Gewinner Hans David in Tingleff, als Christian Andresen ihr die Gans überreicht. Foto: Nils Baum

„Von den Tüten haben wir einen großen Vorrat“, verrät Christian. Denn wer weiß, wie lange es noch Plastiktüten gibt. Sind sie auch schlecht für die Umwelt, eignen sie sich doch hervorragend für den Transport von tiefgefrorenen Weihnachtsgänsen.

Denn auch an der nächsten Adresse muss Christian ein paar Schritte mehr als nur bis zur Haustür mit Gans Nummer sechs laufen.

Ein Blick auf die Tiefkühltruhe verrät: Hier ist wohl kein Platz mehr!

Inzwischen steht er vor dem Haus von Inge und Dieter Johannsen in Bülderup-Bau. Die Gewinnerin heißt Inge, aber Inge ist nicht zu Hause. Christian schaut daraufhin in der Garage nach der Tiefkühltruhe. Die hatte er nämlich schon einmal vor Jahren benutzt, als Inges Mann Dieter gewonnen hatte. Doch ein vorsichtiger Blick verrät ihm, dass die Truhe randvoll gefüllt ist. Was also ist zu tun?

Die Antwort kommt von ganz allein. Beim Weg zurück zum Auto fährt unerwartet ein Opel vor, aus dem Dieter Johannsen aussteigt. Und damit kann die Gans dann doch noch überreicht werden. Dieter verrät, dass es sie allerdings nicht zu Weihnachten geben wird.

„Da gibt es bei uns immer Pute. Wir wissen noch nicht genau, wie es wird, aber wenn alle kommen, sind wir 15 Leute in Sophienthal (Sofiedal) bei meiner Tochter. Die Gans kommt in die Truhe, aber wofür, das müssen wir noch sehen“, verrät Dieter Johannsen.

Optimistisch, doch noch einen Platz in der gut gefüllten Truhe zu finden, stiefelt Dieter mitsamt Gans von dannen.

Dieter Johannsen nimmt stellvertretend für seine Ehefrau den Gewinn entgegen. Foto: Nils Baum

„Sie gewinnt nie!“

Christian macht sich zurück auf den Weg in Richtung Tingleff, doch noch vor dem Ortseingang geht es rechts ab in Richtung Grenze. Ein paar Minuten später fährt Christian dann vor dem Haus von Helene Nissen in Eggebek (Eggebæk) vor.

Helene Nissen hat Christians Auto bereits gehört und lugt schon aus der Haustür. „Das ist klasse!“ Und dann kommt auch ihr Mann an die Tür und fügt lachend hinzu: „Sie gewinnt nie!“

Helene hat nämlich ebenfalls viele Jahre lang versucht, eine Gans zu gewinnen. „Deshalb haben wir auch schon eine Ente gekauft, denn wir mussten ja vorsorgen, da wir nicht wussten, ob wir gewinnen“, schmunzelt sie. Und fügt noch hinzu, dass sie eigentlich schon aufgegeben hatten, jemals zu gewinnen – aber dann waren sie im Sommerhaus und hatten das Preisrätsel im Netz gesehen, und dann hat Helene beschlossen, doch noch teilzunehmen.

Helene Nissen hatte die Hoffnung auf einen Gewinn schon so gut wie aufgegeben. Umso größer fiel die Freude aus, dass es in diesem Jahr doch noch geklappt hat. Foto: Nils Baum

Die Nebelschwaden scheinen am Wildschweinzaun hängen zu bleiben

Den nächsten Gewinner kennt Christian ebenfalls persönlich. Er heißt Lorenz Wree, ist der ehemalige Pastor in Tondern und war außerdem Mitglied im Kegelverein Legan in Tondern, bei dem Christian noch heute Mitglied ist.

Ein stückweit fährt Christian parallel zum Wildschweinzaun und nähert sich langsam Pattburg. Vonseiten der Grenze kommen Nebelschwaden herübergezogen, aber die Sonne setzt sich hartnäckig durch.

Am nächsten Ziel angekommen, ist allerdings niemand zu Hause. Zum Glück ist der Nachbar nebenan an seiner Terrassentür aktiv. Christian geht zu ihm rüber und fragt, ob er Platz für eine Gans in seiner Tiefkühltruhe habe. Seine Frau kommt dazu und erklärt sich freundlicherweise bereit, sich des tiefgefrorenen Geflügels anzunehmen.

Bei Gewinner Nummer 8 hat Christian Andresen wieder kein Glück. Lorenz Wree ist nicht zuhause. Foto: Nils Baum

Das ist der Moment, in dem Christians Benachrichtigungszettel zum Einsatz kommt. Davon hat er nämlich sicherheitshalber einen Schwung dabei, und wenn dann niemand zu Hause ist, kommt einer davon in den Briefkasten.

Der Zettel für den Notfall. Mit ihm benachrichtigt Christian nicht angetroffene Gewinnerinnen und Gewinner. Foto: Nils Baum

Nun muss Lorenz also nur noch nach seiner Post schauen, um glücklicher Besitzer seines Gewinns zu werden.

In diesem Fall wird die Gans bei den Nachbarn zwischengelagert. Foto: Nils Baum

Pause mit Aussicht

Und somit kann es weitergehen. Doch bevor Christian die nächste Gewinnerin ansteuert, ist es an der Zeit für eine Stärkung. Auf dem Weg in Richtung Rinkenis liegt Annies Kiosk mit unverbaubarem Blick auf die Flensburger Förde.

Die Dezembersonne scheint mit voller Wucht auf die spiegelblanke Wasseroberfläche. Da schmeckt die Grillwurst gleich nochmal so gut.

Annies Kiosk am Fjordvej bietet Christian die perfekte Gelegenheit, sich mit einem Hotdog zu stärken. Foto: Nils Baum

Danach geht es weiter entlang des Fjordvejs nach Rinkenis. Als Christian bei Inken Knutzen klingelt, hat er zum vierten Mal Pech. Es ist schon wieder niemand zuhause. Auch bei den Nachbarn ist keiner.

„Das wird kompliziert“, seufzt Christian. Aber dann, nur wenige Augenblicke später, leuchten seine Augen auf. „Nein, das wird ja ganz einfach. Ich rufe bei unserer Buchhalterin an, die hier in der Nähe wohnt.“

Gesagt, getan. Aber besagte Kollegin ist ebenfalls nicht zuhause. Doch damit sind noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Denn auch „Nordschleswiger”-Kollege Cornelius von Tiedemann wohnt unweit von hier, und dort wird die gefrorene Gans kurzerhand zwischengelagert.

Auch bei der nächsten Gewinnerin, Inken Knutzen, hat Christian Pech. Doch zum Glück wohnt „Nordschleswiger”-Kollege Cornelius von Tiedemann unweit von hier, und er hat noch Platz in seiner ansonsten rein vegetarischen Tiefkühltruhe. Foto: Nils Baum

Nach zweimal Pech kehrt das Glück zurück

Weiter geht es in Richtung Sonderburg. Und dieses Mal hat Christian wieder Glück. Bei Gewinnerin Mareike Bleier steht ein Auto in der Garage, dann sollte doch auch jemand zu Hause sein.

Und so ist es. Mareikes Mann Jan öffnet die Tür und nimmt die Gans strahlend entgegen. „Wir machen mit, seitdem das Gewinnspiel digital ist. Das Rätsel war ganz schön schwierig, wir mussten mehrfach auf das Internet zurückgreifen. Es war klasse gemacht. Wir freuen uns sehr, dass wir gewonnen haben. Eigentlich sollten wir Ente zu Weihnachten haben, aber jetzt wird es ein zweites Essen geben“, freut sich Jan. Und Hündin Molly stimmt schwanzwedelnd zu.

Dem ist dann wohl nichts mehr hinzuzufügen.

Bei Mareike Bleier und Jan Wachtberg Schmidt blickt auch Hündin Molly voll freudiger Erwartung auf die Gänsetüte. Foto: Nils Baum

Zurück geht es in Richtung Apenrade. Langsam senkt sich die Sonne tiefer über den Horizont, es ist 15 Uhr. Christian ist zufrieden. Die Tour liegt zeitlich in einem guten Rahmen, und zehn der zwölf Gewinner sind abgefahren. Und damit entscheidet sich Christian spontan, erneut sein Glück bei den beiden Gewinnern in Apenrade zu versuchen, die er heute Morgen nicht angetroffen hat.

Wenn die Frau des stellvertretenden Schulleiters gewinnt, dann...

Als Christian in Apenrade aus dem Auto steigt, geht Gewinnerin Henriette Tvede Andersen gerade durch ihren Garten. Als ihr Blick auf Christian fällt, lacht sie laut.

„Ich habe gerade mit unserem stellvertretenden Schulleiter gesprochen, und er hat mir erzählt, dass seine Frau eine Gans gewonnen hat. Und da habe ich zu ihm gesagt, wie kann es sein, dass du gewinnst und ich nicht!“, sprudelt es aus Henriette heraus, die Schulleiterin an der Deutschen Schule in Sonderburg ist.

Und besagter stellvertretender Schulleiter ist kein anderer als Mareikes Ehemann Jan, bei dem Christian vor einer halben Stunde Gans Nummer zehn abgegeben hat. Doch nun gibt es mit Henriette auch noch eine glückliche Schulleiterin-Gewinnerin. Sie wird Weihnachten mit ihrer Schwester und deren Kindern feiern und sich die Gans mit ihnen teilen.

Wenn der stellvertretende Schulleiter der Deutschen Schule in Sonderburg eine Gans gewinnt...dann möchte Schulleiterin Henriette Tvede Andersen auch gerne gewinnen. Und genau das tut sie! Foto: Nils Baum

Und dann geht es noch einmal an den Ortsrand von Apenrade, wo Elsebeth Kardel Knutz wohnt. Ob sie dieses Mal zu Hause ist? Christian ist optimistisch. „Es ist halb vier, das könnte durchaus klappen“, sagt er.

Und es klappt. Elsbeth steht gerade in ihrer Garage, als Christian vorfährt. Gespannt kommt sie an sein Auto – und freut sich. „Das war ein wenig schwer mit dem Rätsel, ich bin ja nicht aus Deutschland. Es ist das erste Mal, dass ich mitmache, und dank Google hat es dann ja auch geklappt.“

Sie hebt die Tüte an und ist überrascht, wie schwer die Gans ist. „Jetzt muss ich mit meinem Freund sprechen und sehen, was wir machen. Ich habe nämlich bereits eine Ente bestellt, die wir gemeinsam mit meiner Tochter zu Weihnachten essen möchten. Aber vielleicht können wir sie noch wieder abbestellen. Das ist ganz verrückt“, strahlt Elsebeth.

Im zweiten Anlauf klappt es auch bei Elsebeth Kardel Knutz, die sich wie alle anderen Gewinnerinnen und Gewinner auch sehr über die Gans freut. Foto: Nils Baum

Weiter geht's an die Westküste

Und Christian strahlt auch. Nur noch zwei Gänse gilt es, an die glücklichen Gewinnerinnen und Gewinner zu übergeben. Und die gehen an die Westküste nach Tondern.

Als Christian auf der „richtigen Seite“ des Nørremarkvejs klingelt, hat sich die Dunkelheit über das Land gelegt. Elisabeth Lorenzen will gerade noch einen Abendspaziergang machen und hat schon den Mantel an. Freudig überrascht nimmt sie die Gans entgegen. 

Die wird es bei ihr allerdings nicht am Weihnachtsabend geben, da sie das Fest bei ihrem Sohn in Vejle feiert. Aber während der Weihnachtstage kommen ihre Töchter zu Besuch, und dann wird die Gans ganz bestimmt serviert, erklärt sie. 

Mit der Gans fotografieren lassen möchte sich Elisabeth Lorenzen nicht. „Ich bin schon so oft in der Zeitung gewesen, das wird fast schon peinlich“, meint sie.

Erfolg auch in Rineknis

Kurze Zeit später schickt Kollege von Tiedemann noch eine Nachricht. Er hatte die Gans inzwischen aus seinem Vegetarier-Haushalt befreit und bei seiner Nachbarin Inken Knutzen geklingelt. Und dabei mehr Glück gehabt als Christian tagsüber, denn Inken war nun zu Hause und freute sich enorm über den Gewinn.

„Ich mache schon seit 1989 beim Gänse-Preisrätsel mit”, verriet sie – um dann mit Bedauern hinzuzufügen, dass sie leider gar keinen Platz im Gefrierschrank habe. Schon ein weiteres Geflügel habe sie bei anderen zwischenlagern müssen. Und damit zu gewinnen, habe sie ob ihrer schlechten Gewinnstatistik in den vergangenen 32 Jahren nicht mehr so recht gerechnet, so die pädagogische Assistentin, die Vorsitzende im Sozialdienst der Minderheit im Fördekreis ist.

Also kommt die Gans doch noch einmal zurück in von Tiedemanns Tiefkühltruhe, wo sie noch eine Weile zwischen Soja-Hack und Brechbohnen verweilen darf.

„Nordschleswiger”-Kollege Cornelius von Tiedemann trifft Gewinnerin Inken Knutzen am Abend zuhause an. Allerdings ist Inkens Tiefkühltruhe bereits so gut gefüllt, dass von Tiedemann die Gans noch mal für ein paar Tage mitnehmen muss. Foto: Cornelius von Tiedemann

Einen Schnaps für Gans Nummer 12

Und dann ist da noch Gans Nummer 12. Sie möchte Christian später Gewinner Hans Christian Kier beim Kegelabend zukommen lassen, denn wie der Zufall es will, gehen die beiden gemeinsam bei Legan kegeln. „Da werde ich ihm die Gans auf der Kegelbahn vor versammelter Mannschaft überreichen“, freut sich Christian.

Und das nicht ganz ohne Hintergedanken, denn bei jedem besonderen Ereignis wird im Kegelklub eine Runde Schnaps ausgegeben. Doch diese Runde muss Christian dann selbst ausgeben, denn Hans Christian Kier kann ausgerechnet an diesem Abend nicht zum Kegeln kommen.

Deshalb muss die Gans auch bis zum nächsten Vormittag auf ihre Übergabe warten. Verspeist wird sie allerdings nicht zu Weihnachten, denn dann steht bei Familie Kiers Wildbraten auf dem Menü. Dafür soll sie aber am 6. Januar in den Ofen kommen, wenn Hans Christian Kier im Familienkreis mit rund 40 Gästen feiern wird.

Gewinner Hans Christian Kier mit Gans Nummer 12. Für Christian Andresen ist es zudem die 327. Gans, die er in seiner Eigenschaft als Gänse-Bote überreicht hat. Foto: Christian Andresen

Christian geht, die Gänse bleiben

Und das war nicht nur Gans Nummer 12, sondern auch die letzte von 327 Gänsen bei insgesamt 27 Gänsefahrten, die Christian überreichen konnte. 

„Ich werde die Gänsefahrt nächstes Jahr vermissen. Es ist ja immer spannend, wen man trifft und wen nicht. Aber ich bin ganz optimistisch, dass mein Nachfolger im kommenden Jahr auch wieder zwölf Gänse loswerden wird“, schmunzelt Christian.

Wer immer auch der Gänse-Bote im kommenden Jahr wird, die 4,5 kg schwere Gans muss aufgrund ihres relativ hohen Gewichts mit Schwung in die Tüte. 327 Gänse haben Geschäftsführer Christian Andresen, der zum Jahresende in den Ruhestand geht, das Gefühl für den richtigen Schwung gegeben. Foto: Nils Baum
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