100 Jahre Deutsche Minderheit

Ein Exponat gibt Rätsel auf

Ein Exponat gibt Rätsel auf

Ein Exponat gibt Rätsel auf

Hauke Grella
Hauke Grella Museumsleiter
Sonderburg/Sønderborg
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Der Wanderpokal Foto: Deutsches Museum

Ein Wanderpokal der Nord-Schleswigschen Ruderregatta wirft Fragen auf.

Viele der im Museum befindlichen Gegenstände haben oft eine überlieferte Herkunft und eine klar definierte Geschichte. Dann wiederum gibt es Gegenstände, die zwar definitiv ihren historischen Wert für unser Museum haben, dessen Geschichte sich aber nicht so einfach erschließt.  

Letzteres trifft auch auf den Wanderpokal der „Nordschleswig Regatta“ zu. Diesen haben wir vor einigen Jahren vom Apenrader Ruderverein als Dauerleihgabe ins Haus bekommen. Gestiftet wurde er 1932.  

In den 35 Zentimeter hohen und 1326 Gramm schweren Silberpokal sind insgesamt 48 Silbermünzen eingearbeitet. Die Münzen stammen aus verschiedenen deutschsprachigen Gebieten. So unter anderem aus Preußen, Österreich, Braunschweig, Sachsen und Mecklenburg.  Abgebildet sind meist die regierenden Adligen wie Kaiser Friedrich der Dritte,  der 1888 Deutscher Kaiser und König von Preußen wurde.

Historische Ereignisse

Oft wird aber auch an historische Ereignisse erinnert, wie z.B. der Deutsch-Französische Krieg von 1871. Ganz unten, am Rande des Pokalfußes, ist die Silberpunze zu erkennen. Es handelt sich um 800er Silber. An gleicher Stelle ist auch noch zu lesen, dass der Pokal in Dresden hergestellt wurde.

Etwas höher am Fuß des Pokals ist gut leserlich die Inschrift „ Wanderpreis gestiftet von Generalkonsul  Dr. Kühne zur Nord-Schleswigschen Ruderregatta 31. Juli 1932“ eingraviert. Mitte der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts, und kurz nach der Teilung Schleswigs, gründeten sich die ersten deutschen Rudervereine Nordschleswigs. Die Rudervereine in Sonderburg und Hoyer nahmen 1925 ihren offiziellen Betrieb auf, die in Hadersleben und Apenrade im Jahr 1926.

Tondern folgte 1929. Zwei Jahre, nach der Gründung der ersten Rudervereine fand 1927 das erste Rennrudern zwischen den Nordschleswigschen Rudervereinen statt. Diese erste „Nordschleswig Regatta“ wurde auf dem Haderslebener Damm durchgeführt.  Die sechste Nordschleswig Regatta wurde am 31. Juli 1932 in Apenrade durchgeführt. Zu diesem Anlass stiftete der Generalkonsul des Deutschen Konsulates in Apenrade, Dr. Kühne,  den Pokal.

Etwas über dem Fuß, zwischen den 48 Silbermünzen, ist auch eine lateinische Inschrift zu lesen. Mit Unterstützung von Frank Lubowitz sollte die Übersetzung ungefähr so lauten: „Für die Treue, über den Glauben hinaus (höher als der Glaube), zu Gott und Kaiser hat der Tod [ihn] dahingerafft; keines von beiden verließ [ihn].“

Normalerweise hofft man, dass eine Übersetzung weitere Erkenntnisse bereithält. Dies war so gesehen auch der Fall. Nur leider ergaben sich aus der Inschrift noch weitere neue Fragen. Hatte der Pokal schon eine Vorgeschichte? Wurde er vielleicht gar nicht explizit für die Ruderregatta hergestellt?

Gefallenen Soldaten

Die lateinische Inschrift lässt vermuten, dass der Pokal zum Gedenken an einen gefallenen Soldaten während der Kaiserreichszeit hergestellt wurde. Durch die Jahreszahlen auf den eingearbeiteten Münzen, kann man auch vermuten, dass es sich um einen Gefallenen des ersten Weltkriegs handeln müsste.

Wie könnte man diesen Verdacht bestätigen? Erstaunlicherweise wird der Pokal und dessen Stiftung 1932 nicht in der Nordschleswigschen Zeitung genannt. Auch andere Quellen über die nordschleswigschen Rudervereine und die Ruderregatten berichten nichts über den Pokal.

Zur Klärung blieben jetzt als Anhaltspunkte nur noch der Herstellungsort und der Generalkonsul Kühne. Wie es der Zufall so wollte, wurde dieses Jahr ein Buch über Dr. Hans Kühne herausgegeben (Titel: Dr. Hans Kühne (1875-1963) – Deutscher Diplomat in Japan – Von Blüte im Frieden zu Niedergang im Krieg/Verfasserin Nana Miyata). Ausgangspunkt für das Buch sind erhalten gebliebene Fotoalben des Diplomaten. Dies primär aus seiner Zeit in Japan von 1908 bis 1914.

Diente als Offizier

Der bei Leipzig geborene Kühne tritt 1906 in den Dienst des Auswärtigen Amtes. Während des 1. Weltkriegs dient er als Offizier in der königlichen Sächsischen Armee, genauer gesagt im 1. Ulanen-Regiments Nr. 17. Nach dem Ende des 1. Weltkriegs wird er zuerst Generalkonsul in Schweden und kommt dann 1921 nach Apenrade. Dort bleibt er bis 1934. 1935 scheidet er aus dem diplomatischen Dienst aus.  

Betrachtet man die verschiedenen Indizien, also die Herkunft Kühnes, sein Dienst in der Sächsischen Armee, den Produktionsort des Pokals und die lateinische Inschrift, so könnte dort ein Zusammenhang bestehen. Beweise sind es nicht. Mit der Verfasserin des Buches und mit der Familie des Diplomaten Kühnes ist Kontakt aufgenommen worden.

Vielleicht ergibt sich daraus eine endgültige Aussage oder vielleicht eine weitere Spur.  

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