Literatur

Autor vom Niederrhein: „Für mich ist Rosenkranz mein Bullerbü“

Autor vom Niederrhein: „Für mich ist Rosenkranz mein Bullerbü“

Autor vom Niederrhein: „Rosenkranz ist mein Bullerbü“

Ruttebüll/Rudbøl
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Die Borrmann-Kinder und Familienangehörige am Schlagbaum beim Grenzübergang Ruttebüll-Rosenkranz Foto: privat

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Viele Kindheitserinnerungen, ein wenig Kriminalistisches, Authentisches, Erfundenes und Grenzlandgeschichte: Diese Mischung wählte der Schriftsteller Dieter Borrmann aus der Nähe von Kleve, als er seinen neuesten Roman „Wir Kinner vom Ruttebüller See: Schmuggelei und Gongerspuk“ schrieb. Der Autor lebte nur kurz im deutschen Grenzort, aber er ist ihm ans Herz gewachsen.

Dieter Borrmann lebte nur fünf Jahre im kleinen Grenzort Rosenkranz, in den er 1955 als Fünfjähriger mit seinen Eltern kam. Sein Vater, der Zöllner war, war an die deutsch-dänische Grenze versetzt worden. Er tat Dienst in dem Ort mit der wohl ungewöhnlichsten Grenze, die direkt quer über die Straße führt. In Rosenkranz sei die Familie herzlich aufgenommen worden, erinnert sich Borrmann. So fühlten sich seine Eltern, seine beiden Schwestern und er sehr schnell wohl im nordfriesischen Örtchen, der bleibenden Eindruck bei Borrmann hinterlassen hat.

Obwohl der in Mölln Geborene, der nach seinem Kunst- und Designstudium in Werbeagenturen und als freier Illustrator arbeitete, heute 72 Jahre alt ist und nur seine früheste Kindheit in Rosenkranz verbrachte, sind die Erinnerungen an diese kurze Zeit wach geblieben. Nach Rosenkranz ging es für die Familie in einen neuen Grenzort. 

„Für mich ist und bleibt Rosenkranz mein Bullerbü“, schwärmt Borrmann von den Reetdachhäusern, den Gartenzäunen, an denen sich die bunten Wicken rankten, an seine Spielgefährten und Bootsfahrten auf dem Ruttebüller See.

Hinter dem Zollhaus anno 1955: An der Zinkwanne spielen Irmgard und Doris Matthies sowie Gisela und Evelyn Dorrmann. Foto: privat

Dieter Borrmann, der heute am Niederrhein lebt, hat nicht nur in Werbeagenturen gearbeitet, sondern schreibt auch Thriller, Krimis und Kurzgeschichten. Seinen neuesten Roman zu schreiben, sei ihm lange ein Herzenswunsch gewesen, erklärt er. 

Das Alltagsleben in Nordfriesland

Vier Jahre hat er dafür recherchiert und mit vielen Menschen aus Rosenkranz gesprochen. Der Roman sollte nicht so lang werden, brachte es aber dann doch auf knapp 300 Seiten. Er ist seit Kurzem als E-Book bei Amazon erhältlich. Bei entsprechender Resonanz ist auch eine Printausgabe geplant.

„Das Besondere an diesem Buch ist seine authentische Darstellung des Alltagslebens in Nordfriesland, insbesondere in der kleinen Gemeinde Rosenkranz, Mitte der 50er-Jahre. Die Leserschaft wird entführt in eine Zeit, in der die Grenzfestlegung von 1920 zwischen Deutschland und Dänemark immer noch kleine Tücken in sich birgt und in der das Leben von Schmuggelei und lokalen Legenden geprägt ist“, so Borrmann.

Bullerbü-Stimmung in Rosenkranz. Die Kinder verlebten eine unbeschwerte Kindheit. Foto: privat

Wie im Titel von Astrid Lindgrens „Wir Kinder aus Bullerbü“ heißt Borrmanns Roman „Wir Kinner vom Ruttebüller See – Schmuggelei und Gongerspuk“. Kinner ist nicht falsch geschrieben, sondern ist plattdeutsch. Und als Gonger bezeichnet man auf den nordfriesischen Inseln Sylt und Amrum im Volksglauben eine Art Poltergeist oder Wiedergänger.

Und der Inhalt seines neuen Romans: Viele wahre Kindheitserinnerungen und Tatsachen liefere er in den Abschnitten über Deiche, Fluten, den Ruttebüller See sowie im geschichtlichen Rückblick auf die Grenzziehung 1920, versichert er. 

Dieter Borrmann brachte gute Schulnoten mit nach Hause. Foto: privat

Garniert werden diese Tatsachen mit viel Fantasie. In Anlehnung an den Kunstmaler Emil Nolde und dessen vor den Nazis versteckten Bildern muss Dorrmanns Vater im Roman als kein „Ureinwohner“ des beschaulichen Ortes einen grassierenden Kunstschmuggel aufklären. Nur deswegen bekommt die Familie eine größere Wohnung.

Um noch mehr Spannung aufzubauen, will ein Gonger den kleinen Dieter seinen Eltern entreißen. Eine seltsame Geschichte von der Jahrhundertflut 1717 und einem ertrunkenen Knaben wurde im Roman fantasievoll umgesetzt.

Bei seinen Recherchen sprach Dieter Borrmann unter anderem mit der Gastwirtin Silvia Brodersen vom Grenzkrug in Rosenkranz. Foto: Werbebild

Die Schauergeschichte nimmt ihren Lauf, als der kleine Dieter einer fürsorglichen älteren Nachbarin erzählt, dass ihm mehrfach eine Frau in alter Tracht begegnet sei. Die Nachbarin rät der Familie, Rosenkranz so schnell wie möglich zu verlassen. Es drohe Unheil, denn der Junge soll der Wiedergängerin (Gonger) namens „Fro in Dracht“ begegnet sein. 

„Hinter der scheinbaren Idylle des Ortes verbirgt sich eine zweite Welt voller Geheimnisse und Abenteuer“, schreibt Borrmann selbst.

Als Familie Borrmann nach Rosenkranz zog, gab es den Brauch des Knecht-Ruprecht-Besuchs im „Alten Grenzkrug“ zu Rosenkranz. Alle Kinder des Dorfes hatten zu erscheinen. Die Borrmann-Kinder Dieter und die kleine Schwester Evelyn (auf dem Foto) waren mit der älteren Schwester Gisela auch dabei. Man wurde von Ruprecht befragt, und wer richtig antwortete, bekam etwas aus dem Wäschekorb, erzählt Dieter Borrmann. Das Foto entstand um 1957/58. Foto: privat
Die drei Borrmann-Geschwister Evelyn, Gisela und Dieter (r.) sowie Doris und Irmgard Matthies. Ganz links: Zollhund Lux Foto: privat

„Ich erinnere mich auch an einen Garten mit einer Gartenlaube, an der wir auf dem Weg zur Schule vorbeigingen, wo angeblich eine Hexe gelebt haben soll. Und wie wir Kinder vor dem deutschen Zollhaus spielten. Im Sommer liefen wir den ganzen Tag barfuß. Wehwehchen und blutige Knie waren normal. Im Winter trugen wir die von Mutter gestrickten Socken, Mützen und Fausthandschuhe. Letztere waren schon nach wenigen Minuten im Schnee klatschnass. Wir bestaunten die Eisblumen an den Fensterscheiben und liebten den Duft des gemähten Grases bei der sommerlichen Heuernte. Es war schade, dass unser Vater schon nach fünf Jahren an die niederländische Grenze versetzt wurde“, erinnert sich Borrmann gerne an seine Rosenkranzer Zeit zurück.

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