Südschleswig

Was die Europawahlen für die Grenzkontrollen bedeuten

Was die Europawahlen für die Grenzkontrollen bedeuten

Was die Europawahlen für die Grenzkontrollen bedeuten

Ove Jensen/shz.de
Südschleswig
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Der Grenzübergang zwischen Harrislee und Pattburg: Hier werden nur noch selten Autos für Grenzkontrollen gestoppt. Foto: Ove Jensen/shz.de

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Die Grenzkontrollen innerhalb des Schengen-Raums sind auch ein Thema im Europawahlkampf. Auf Bundes- und EU-Ebene vertreten die Parteien teilweise andere Auffassungen als in Flensburg.

Die Lage hat sich entspannt. Seit ziemlich genau einem Jahr steht die dänische Polizei deutlich seltener zur Kontrolle an den Grenzübergängen im Raum Flensburg. Für Pendler im Berufsverkehr stellen die Kontrollen keine große Einschränkung mehr dar, sagt Peter Hansen, der Leiter des Regionskontors in Pattburg. Wer mit Flensburger oder Schleswiger Kennzeichen am Auto unterwegs sei, werde so gut wie nie gestoppt.

Anders sieht es samstags aus, wenn in den dänischen Ferienhäusern Bettenwechsel ist. Dann kommt es insbesondere auf der A7 immer wieder zu langen Staus. Auch auf der B200 vor Krusau kann der Verkehr ins Stocken geraten. Auch wenn niemand nach dem Ausweis fragt – abbremsen muss man eben doch.

Auch in der Debatte um eine mögliche Busverbindung zwischen Flensburg und Pattburg spielt das Thema eine Rolle. Die Verkehrsbetriebe haben ihre ablehnende Haltung unter anderem mit der „unkalkulierbaren Kontrollsituation an der Grenze“ begründet.

Dabei gilt der ungehinderte Grenzübertritt innerhalb der Mitgliedsstaaten als eine der zentralen Errungenschaften der EU. Kein Wunder also, dass die Grenzkontrollen auch Thema im Europawahlkampf sind.

Nur die Linke klar gegen Grenzkontrollen

Dabei vertreten die Parteien bundesweit nicht immer dieselbe Auffassung wie in der Grenzregion, wo die Kontrollen parteiübergreifend auf Kritik stoßen.

Völlig eindeutig ist von den größeren Parteien nur die Linke: „Grenzkontrollen innerhalb des EU-Schengen-Raums lehnt die Partei ab“, heißt es in ihrem Wahlprogramm.

Selbst bei den Grünen, dessen Flensburger Europa-Abgeordneter einer der engagiertesten Gegner der Grenzkontrollen ist, liest sich die Formulierung weniger klar: „Wir lehnen dauerhafte und stationäre Binnengrenzkontrollen ab.“ Als dauerhaft und stationär will die dänische Regierung ihr Kontrollregime aber ohnehin nicht verstanden wissen. Zuletzt wurden die temporären Kontrollen in diesem April um ein weiteres halbes Jahr verlängert.

Die Parteien aus der Berliner Ampel-Koalition haben es nicht ganz leicht, dagegen zu argumentieren. Schließlich lässt die Bundesregierung die Grenze zu Österreich und neuerdings auch wieder zu Tschechien und Polen genauso kontrollieren wie die dänische Regierung die Grenze zu Deutschland.

Das sagen SPD und FDP

Im SPD-Wahlprogramm zur Europawahl findet sich zu dem Thema kein Wort. Bei der FDP heißt es: „Wir wollen grundsätzlich ein Europa, in dem Menschen frei und ohne Grenzkontrollen reisen können.“ Das soll aber nicht sofort gelten: „Die Voraussetzung für offene Grenzen im Innern ist jedoch ein starker, effektiver Schutz der EU-Außengrenze.“

CDU und AfD sehen Kontrollen als Erfolg

Ähnlich die CDU, die in ihrem Wahlprogramm zwar den grenzkontroll-freien Schengen-Raum als „große europäische Errungenschaft“ bezeichnet, die deutschen Kontrollen an den Grenzen im Süden und Osten aber ausdrücklich als Maßnahme gegen irreguläre Migration begrüßt. Auch die AfD betont in ihrem Wahlprogramm die Fahndungserfolge durch temporäre Grenzkontrollen.

Grenz-Kodex im Februar 2024 geändert

Letztlich ist der Einfluss des Europäischen Parlaments darauf, wie die Mitgliedstaaten mit mit ihren Grenzen umgehen, limitiert. Die Abgeordneten haben mehrmals kritisiert, dass seit 2015 Dänemark, Deutschland und mehrere andere Länder wieder Grenzkontrollen eingeführt haben.

Die EU-Kommission begann daraufhin, an neuen Vorschriften zu arbeiten, die sicherstellen sollen, dass Kontrollen an den Binnengrenzen „ein letztes Mittel bleiben“. Nach drei Jahren Beratung zwischen Parlament, EU-Kommission und dem Europäischen Rat stimmte das Parlament dann im Februar 2024 einem neuen Grenzkodex zu. Er sieht vor, dass die Staaten ihre Grenzkontrollen besser begründen müssen.

Der Flensburger SSW-Bundestagsabgeordnete Stefan Seidler bezweifelte indes, dass die Änderungen etwas verbessern. „Ich hätte mir ein konsequentes Vorgehen gewünscht.“

Dass Dänemark inzwischen die Kontrollen gelockert hat, sagt Peter Hansen, dass sei aber in erster Linie dem Engagement der Menschen und Institutionen im Grenzland zu verdanken, die immer wieder bei der Regierung in Kopenhagen vorstellig wurden.

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