Schleswig-Holstein

22 Prozent der Polizeianwärter beenden ihre Ausbildung nicht

22 Prozent der Polizeianwärter beenden ihre Ausbildung nicht

22 Prozent der Polizeianwärter beenden ihre Ausbildung nicht

Eckard Gehm/shz.de
Kiel
Zuletzt aktualisiert um:
Foto: Eckard Gehm/shz.de

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Es ist eine dramatische Zahl: Bei der Ausbildung von Polizisten gibt es in Schleswig-Holstein momentan eine Ausfallquote von 22 Prozent. Das berichtet die Gewerkschaft der Polizei. Welche Schwierigkeiten die „Generation Z“ mit dem Polizeiberuf hat.

Es ist eine Zahl, die das Innenministerium noch nicht öffentlich gemacht hat und die selbst dem Landespolizeiamt noch nicht vorliegt: Von allen Anwärtern, die sich in Schleswig-Holstein für den Beruf des Polizisten entscheiden, haben zuletzt laut Gewerkschaft der Polizei (GdP) 22 Prozent den regulären Dienst nicht angetreten.

Die hohe Zahl von Abbrechern hat die GdP alarmiert. Landesvorsitzender Torsten Jäger sagt: „Das sind Beamte, die der Polizei in Schleswig-Holstein am Ende fehlen.“

Ein Teil hat keine Lust mehr, der andere bringt die geforderte Leistung nicht

Warum wird das Handtuch während oder nach der Ausbildung geworfen? Nach Erkenntnissen von Jäger entscheide sich eine Gruppe von Abbrechern für eine andere Ausbildung oder ein anderes Studium, weil sie feststellten, dass ihnen der Beruf des Polizisten nicht zusage. „Es gab zuletzt deutlich mehr solcher Fälle und der Markt gibt den jungen Menschen ja derzeit auch die Chance, neu zu beginnen.“

Fast ebenso groß sei die Gruppe der Anwärter, denen es nicht gelinge, die geforderten Leistungen zu erbringen. Und ein sehr kleiner Teil müsse die Ausbildung aus gesundheitlichen Gründen aufgeben.

Vergangenes Jahr fehlten der Polizei bereits Bewerber

„Steigende Ausfallquoten sind ein bundesweites Problem, die 22 Prozent in Schleswig-Holstein erfordern aber dringenden Handlungsbedarf“, sagt Jäger. „Die Einsatzfähigkeit der Polizei hängt davon ab, dass wir ausreichend junge Menschen für den Beruf begeistern können.“

Ein Menetekel, wie ernst der Kampf um Bewerber genommen werden muss, sieht Jäger darin, dass es August 2022 nicht mehr gelungen ist, alle Studienplätze für die gehobene Laufbahn an der Fachhochschule Altenholz zu besetzen. Das Landespolizeiamt bestätigt das. „Es fehlten acht geeignete Bewerber“, sagt Sprecher Dennis Schneider. Die Gesamteinstellungszahl sei aber trotzdem erreicht worden, weil dann an der Eutiner Polizeischule mehr Anwärter eingestellt worden seien.

Die Schwierigkeiten der „Generation Z“ mit dem Polizeiberuf

Der Blick auf die Bewerberzahlen der vergangen fünf Jahre scheint die Sorge der GdP zu bestätigen. Zuletzt gab es einen Einbruch von 3288 auf 3009 Bewerbungen. Das Landespolizeiamt verweist auf rückläufige Schulabgängerzahlen und darauf, dass es der sogenannten „Generation Z“ schwerer als älteren Generationen falle, sich langfristig an einen Arbeitgeber zu binden. Zudem wolle sie gerne orts- und zeitunabhängig arbeiten, was bei der Landespolizei nur bedingt möglich sei.

Steigende Gewalt gegen Polizisten laut GdP kein Grund, den Beruf nicht anzutreten

Spielt auch eine Rolle, dass Polizisten immer mehr mit Gewalt konfrontiert werden? „Bei der Entscheidung für den Beruf spielen entsprechende Bedenken nach meiner Erfahrung keine wesentliche Rolle“, sagt Jäger, der eine Liste mit Anreizen erarbeitet hat, wie das Land den Beruf des Polizisten für junge Menschen attraktiver machen kann, darunter zum Beispiel, dass der Führerschein in der Ausbildung gemacht werden kann.

Gewerkschaft schlägt unkonventionelle Schritte vor

Gleichzeitig schlägt Jäger aber auch vor, unkonventionelle Schritte zu erwägen. „Wir müssen überlegen, ob wir in allen Bereichen der Polizei Beamte brauchen, die den bisherigen Anforderungen entsprechen, oder ob wir für bestimmte Zweige sagen: Fit in der IT reicht aus.“

Mit Blick auf die Ausfallquote setzt die GdP auf zeitnahe Gespräche mit der politischen Hausspitze und der Führung der Landespolizei zum Thema, um Ideen zu entwickeln. Jäger stellt aber auch klar, dass schnell reagiert werden muss. „So hohe Ausfallzahlen müssen von Anfang an durch Mehreinstellungen korrigiert werden, damit am Ende genügend neue Kollegen zur Verfügung stehen. Sonst laufen wir vorübergehend ins Minus.“

Mehr lesen