Finanzen
Urteil zum Bundeshaushalt sorgt im Norden für Debatten
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Das Bundesverfassungsgericht hat Umschichtungen im Bundeshaushalt für nichtig erklärt. Weitreichende Konsequenzen auch für den Norden sieht Rechnungshof-Präsidentin Gaby Schäfer.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Bundeshaushalt hat in Schleswig-Holstein unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) bezeichnete die Entscheidung als tiefgreifend auch für den Norden. «Die Fragestellung, die sich daraus für Schleswig-Holstein ergibt, werden wir uns anschauen», sagte Heinold am Mittwoch in Kiel. Es sei wichtig zu sehen, wie das Land auch künftig unter Berücksichtigung des Urteils die multiplen Krisen auch künftig bewältigen könne.
Das Bundesverfassungsgericht hatte zuvor eine Umschichtung von 60 Milliarden Euro im Bundeshaushalt von 2021 für verfassungswidrig und nichtig erklärt. Der Bund darf zur Bekämpfung der Corona-Krise gedachtes Geld damit nicht für den Klimaschutz nutzen. Das könnte sich stark auf den sogenannten Klima- und Transformationsfonds auswirken, aus dem die Bundesregierung zahlreiche Förderprogramme - unter anderem für den Austausch alter Öl- und Gasheizungen - bezahlen wollte.
Die Präsidentin des Landesrechnungshofs, Gaby Schäfer, sagte der Deutschen Presse-Agentur, das Urteil betreffe unmittelbar zwar nur den Nachtragshaushalt 2021 des Bundes. Es habe aber weitreichende Konsequenzen für Schleswig-Holstein und die übrigen Länderhaushalte. «Notkredite dürfen danach nicht auf Vorrat aufgenommen werden und über mehrere Jahre in Rücklagen und Sondervermögen geparkt werden.» Dies sei im Norden bislang aber gängige Praxis. «Ob das Land künftig ohne Notkreditrücklagen auskommen oder sich für eine Öffnung der Schuldenbremse stark machen wird, bleibt abzuwarten.»
Im Zuge der Corona-Pandemie hatte der Landtag 2020 einen Corona-Notkredit über bis zu 5,5 Milliarden Euro bewilligt, diesen aber später reduziert. Außerdem beschloss das Parlament einen weiten Ukraine-Notkredit über insgesamt 1,4 Milliarden Euro.
Oppositionsführer Thomas Losse-Müller (SPD) sprach sich für eine Reform der Schuldenbremse aus. «Immer mehr staatliche Sondervermögen sind letztlich die Reaktion darauf, dass die ursprünglichen Regelungen der Schuldenbremse nicht in die aktuelle Zeit passen.» Der Kampf gegen den Klimawandel müsse auch innerhalb der Schuldenbremse möglich sein. «Anpassungsmaßnahmen wie Küstenschutz oder die soziale Gestaltung der Transformation müssen auch mit Krediten finanziert werden können.» Als Konsequenz des Urteils müsse der Klimaschutz neben der Schuldenbremse in die Landesverfassung aufgenommen werden.
Nach Ansicht von FDP-Landtagsfraktionschef Christopher Vogt sorgt das Urteil für Klarheit, welche Ausnahmen im Rahmen der Schuldenbremse zulässig sind. «Es stärkt die finanzielle Nachhaltigkeit des Staates und damit das Recht der jungen Generation, nicht übermäßig belastet zu werden.» Die Schuldenbremse sei notwendig, die Politik müsse mit den hohen Steuereinnahmen auskommen. Schwarz-Grün können laufende Ausgaben nicht aus immer neuen Notkrediten finanzieren.
«Bei einer Pandemie, einem Kriegsausbruch in Europa oder einer Naturkatastrophe sind Ausnahmen möglich», sagte Vogt. Klimaschutz sei dagegen staatliche Daueraufgabe, die aus den jährlichen Haushalten finanziert werden müsse. Seine Fraktion erwarte, dass Schwarz-Grün die geplante Landesförderung für eine Batteriefabrik von Northvolt in Dithmarschen von bis zu 137 Millionen Euro aus dem laufenden Haushalt finanziere. «CDU und Grüne haben mit ihrer unseriösen Finanzpolitik Schiffbruch erlitten.»
Ähnlich argumentierte der SSW. «Diese Gerichtsentscheidung dürfte auch unserer Kieler Landesregierung die Blässe ins Gesicht treiben», sagte Fraktionschef Lars Harms. «Denn die steckt in einer ähnlichen Problematik, nachdem sie gemeinsam mit der SPD beschlossen hat, die Ansiedlung von Northvolt in Heide aus Mitteln des Ukraine-Notkredits zu fördern.»