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Landtag setzt auf grüne Industrie im Norden
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Welche Industriepolitik sollte das an Öko-Energien reiche Schleswig-Holstein fahren? Die einen fordern neue Strukturen, die anderen niedrigere Strompreise. Nur in einem Punkt sind sich alle Fraktionen im Landtag weitgehend einig.
Über Schleswig-Holsteins Chancen beim Umbau der Industrielandschaft in Zeiten hoher Energiepreise besteht weitgehender Konsens im Landtag. Deutliche Unterschiede unter den Fraktionen sind am Donnerstag aber bei der Frage zu Tage getreten, wie ein ökologischer Umbau der Industrie gelingen und Ansiedlungen großer Unternehmen im Land ermöglicht werden können. «Konzerne kommen nicht, weil es hier eine schicke Agentur gibt, sondern nur dann, wenn es günstige Energie und genug Fläche gibt», sagte Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (parteilos).
Eine solche Ansiedlungsagentur, die sich um Großprojekte wie die Pläne des schwedischen Northvolt-Konzerns für eine Batteriefabrik in Heide kümmert, schwebt dagegen der SPD vor. «Wir brauchen eine neue, dauerhafte Agentur mit spezialisierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die Großprojekte wie den Umbau von Brunsbüttel oder eben Ansiedlungsprojekte begleiten», sagte SPD-Fraktionschef Thomas Losse-Müller. Stattdessen schaffe die Koalition 50 zusätzliche Stellen im Agrarministerium. Dabei gehe es gerade um den Wandel vom Agrarland zum Industrieland. «Es soll ins Jahr 2050 gehen und nicht 1950.»
Madsen betonte, eine Ansiedlung von Northvolt liege nicht nur an der Frage, «ob die eine Straße rechtzeitig asphaltiert ist». Die Regierung habe die Potenziale der Westküste nicht erst durch die schwedischen Pläne entdeckt. Natürlich wolle Schleswig-Holstein von der grünen Transformation profitieren. Das Land könne sich aber nicht in einen Nahkampf mit China und den USA begeben. «Das wäre David gegen einen oder zwei Goliaths. Das geht nicht gut aus.» Blind Subventionen in das System zu pumpen sei schlicht nicht zielführend.
Auch sein Vorgänger Bernd Buchholz (FDP) hält die Ausweitung von Fördertöpfen als Antwort auf den Inflation Reduction Act (IRA) der USA - ein milliardenschweres US-Subventionsprogramm - für falsch. Am wichtigsten sei der Ausbau der Infrastruktur an der Westküste. Das müsse auch völlig unabhängig von Northvolt passieren. «Denn wenn es nicht Northvolt ist, dann ist es ein anderes Unternehmen.» Immer wieder neue Strukturen zu schaffen, zum Beispiel eine Investitionsagentur, mache dagegen wenig Sinn. Hauptproblem seien die im internationalen Verhältnis viel zu hohen deutschen Energiepreise. «Wenn ich der Industrie jetzt sage, ihr müsst vom Gas weg und auf Strom gehen, dann hieße das für die Industrie die Verzehnfachung des Preises. Das geht einfach nicht.»
Aus Sicht des CDU-Wirtschaftspolitikers Andreas Hein bieten sich derzeit Chancen, Schleswig-Holstein zum industriellen Vorzeigeland zu machen. «Damit der Sprung in das nächste Zeitalter gelingt, setzen wir auf das Vorhandensein und den Ausbau von erneuerbarer Energie, auf die Nutzungsmöglichkeit von Wasser und Fläche, auf Hafeninfrastruktur, gute Bahnanbindungen und Straßen, Digitalisierungsprozesse und Fachkräfteinitiativen.»
Für seinen Koalitionskollegen Oliver Brandt (Grüne) ist der aktuelle Umbau der Wirtschaft in seinen Dimensionen mit der industriellen Revolution vergleichbar. Die SSW-Wirtschaftspolitikerin Sybilla Nitsch betonte, der Norden solle nur mit Augenmaß Industrieland sein, mit Rücksicht auf Landschaft, Landwirtschaft und Tourismus.
Der DGB Nord hat unterdessen mehr Engagement in der Industriepolitik gefordert. «Wir erwarten eine zügige und ambitionierte Industriepolitik», sagte die Vorsitzende Laura Pooth. Eine Konkretisierung der Industriestrategie sei überfällig. Schleswig-Holstein habe mit den anderen norddeutschen Ländern die einmalige Chance zu einer weltweit sichtbaren Modellregion für klimaneutrale Produktion zu werden.