Klage Nicaraguas in Den Haag
Deutschland vor Gericht: Völkermord-Vorwürfe haltlos
Deutschland vor Gericht: Völkermord-Vorwürfe haltlos
Deutschland vor Gericht: Völkermord-Vorwürfe haltlos
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Deutschland verteidigt sich vor dem Internationalen Gerichtshof gegen die von Nicaragua erhobenen Vorwürfe der Beihilfe zum Völkermord im Gazastreifen. Wie entscheidet das UN-Gericht?
Deutschland hat die Klage Nicaraguas wegen Beihilfe zum Völkermord im Gazastreifen als haltlos zurückgewiesen. «Diese Vorwürfe entbehren jeder rechtlichen und tatsächlichen Grundlage», sagte die Leiterin der deutschen Delegation, Tania von Uslar-Gleichen, vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag.
Die Bundesrepublik verletze weder die Völkermord-Konvention noch humanitäres Völkerrecht. «Deutschlands Handeln in diesem Konflikt wurzelt fest im internationalen Recht», sagte die Beauftragte für Völkerrecht im Auswärtigen Amt. Nicaragua hatte gestern vor dem höchsten UN-Gericht argumentiert, die Lieferung von Waffen aus Deutschland nach Israel ermögliche einen Völkermord in Gaza.
Mit der deutschen Verteidigung endete die Anhörung vor dem Gerichtshof im Friedenspalast in Den Haag nach zwei Tagen. Die höchsten Richter der UN klären nun zunächst wie üblich, ob sie in dem Fall überhaupt zuständig sind. Das bezweifelt Deutschland mit dem Argument, dass Nicaragua und die Bundesrepublik gar keinen Konflikt miteinander haben - was Voraussetzung für eine Zuständigkeit wäre.
Das Gericht befasst sich im Rahmen der Klage auch mit einem Eilantrag Nicaraguas. Das mittelamerikanische Land fordert den sofortigen Stopp der deutschen Rüstungslieferungen an Israel sowie die Wiederaufnahme der eingefrorenen Beiträge für das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA im Gazastreifen. Mit einer Entscheidung wird in etwa zwei Wochen gerechnet. Entscheidungen des Gerichts sind bindend.
Deutschland: Falsche Behauptungen von Nicaragua
Die Rechtsvertreter Deutschlands warfen Nicaragua bei der Anhörung zudem falsche Angaben vor. So hatte das Land behauptet, dass Deutschland Kriegswaffen exportiere. Doch nach Darstellung des Völkerrechtsprofessors Christian Tams handelt es sich zum weitaus größten Teil, zu 98 Prozent, um allgemeine Rüstungsgüter wie etwa Helme oder Schutzwesten, aber nicht um Waffen, die direkt bei Kampfhandlungen eingesetzt werden können.
Seit Oktober 2023 seien nur vier Lizenzen für Kriegswaffen erteilt worden, dabei ging es nach den Worten des Juristen vor allem um Munition für Trainingszwecke sowie zur Abwehr von Panzern. Alle Rüstungsexporte nach Israel würden von deutschen Behörden außerdem eingehend geprüft.«Wenn man genau hinschaut, brechen Nicaraguas Anschuldigungen zusammen», sagte der deutsche Professor. Die Bundesregierung hatte im vergangenen Jahr insgesamt Rüstungslieferungen für 326,5 Millionen Euro an Israel genehmigt - zehnmal so viel wie im Vorjahr mit 32,3 Millionen Euro.
Der Chef der Unionsfraktionschef im Bundestag, Friedrich Merz, reagierte auf die Anhörung nach einem Gespräch mit Israels Parlamentspräsident Amir Ochana in Berlin: «Wir sollten uns nicht von Klagen von dem Weg abbringen lassen, Israel zu unterstützen.» Der Entschluss zu Waffenlieferungen sei «zunächst einmal eine Entscheidung der Bundesregierung, die sie treffen muss». Merz machte jedoch auch klar, dass Israel mehr humanitäre Hilfe für den Gazastreifen zulassen muss.
Völkermord-Vorwürfe gegen Israel vor dem UN-Gericht
Es ist bereits das zweite Völkermord-Verfahren zum Gaza-Krieg vor dem Internationalen Gerichtshof. Ende vergangenen Jahres hatte Südafrika Israel verklagt und eine sofortige Waffenruhe gefordert. Die Richter hatten dem zwar nicht entsprochen, aber Israel deutlich ermahnt, alles zu tun, um Völkermord zu verhindern. Zudem muss das Land mehr humanitäre Hilfe zulassen.
Israel hatte Völkermord-Vorwürfe wiederholt zurückgewiesen. Es beruft sich auf sein Recht zur Selbstverteidigung nach den Massakern der islamistischen Hamas und anderer extremistischer Palästinenserorganisationen am 7. Oktober. Dabei waren etwa 1200 Menschen getötet worden. Durch die darauffolgenden Angriffe Israels auf den Gazastreifen wurden nach Angaben der von Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörden mehr als 33.000 Menschen getötet.
Beweggründe von Nicaragua unklar
Die Frage ist, warum das autoritär geführte Nicaragua, das wegen Verletzungen von Menschenrechten stark in der Kritik ist, ausgerechnet gegen Deutschland vorgeht. Das Land hatte nach deutscher Darstellung nicht versucht, mit Deutschland direkt in Kontakt zu treten - und das ist bei Klagen vor dem Gerichtshof der übliche Weg. Nicaragua wollte auch Großbritannien, Kanada und die Niederlande verklagen. Doch das geschah bisher nicht. Bei den USA, dem größten Rüstungspartner Israels, ist das nicht möglich. Die USA erkennen die Gerichtsbarkeit des IGH in dieser Frage nicht an.
Der Fall macht deutlich, dass der Druck auch auf westliche Verbündete Israels zunimmt. Gerade für Deutschland handelt es sich um ein sensibles Thema. Schließlich sieht sich gerade die Bundesrepublik durch seine historische Verantwortung für den Holocaust in der Pflicht, das humanitäre Völkerrecht zu respektieren. Die Völkermord-Konvention war unter dem Eindruck des Massenmordes an sechs Millionen Juden durch deutsche Nazis entstanden.