Faszination Treibholz

„Jedes Stück hat seine eigene Geschichte“

„Jedes Stück hat seine eigene Geschichte“

„Jedes Stück hat seine eigene Geschichte“

Ballum
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Jedes Stück Treibholz ist einzigartig. Das ist die Faszination die Margit in ihren Bann gezogen hat. Foto: dodo

Die deutsche Auswanderin Margit Maggie Aeuckens betreibt in Ballum eine Treibholzwerkstatt und zaubert aus dem, was das Meer zu ihr bringt, „echte dänische Souvenirs“.

Der Wind pfeift, die Wellen peitschen, die Bäume sind schon fast kahl. Spätherbst in Nordschleswig. Für viele bedeutet dies nach Feierabend und am Wochenende Sessel, Decke, dicke Socken und ein Buch – dänische Hygge eben.

Während es sich viele in den eigenen vier Wänden gemütlich machen, um sich vor dem rauen Wetter zu verstecken, beginnt für Margit Maggie Aeuckens die schönste Zeit des Jahres, im wahrsten Sinne des Wortes – der goldene Herbst.

Für sie kann es gar nicht extrem genug sein, am liebsten eine Sturmflut. „Wenn nach einer Sturmflut das Wasser zurückgeht, bin ich sofort am Strand, das ist der beste Moment. Manchmal kann ich es auch nicht abwarten und mache mich währenddessen schon auf den Weg“, sagt Maggie mit einem breiten Grinsen im Gesicht.

Was sie dazu bringt, bei Wind und Wetter in ihren Gummistiefeln im Wattenmeer herumzustapfen? Treibholz! In allen Formen, Größen und Farben. Margit betreibt in Ballum eine Treibholzwerkstatt und zaubert aus dem, was das Meer zu ihr bringt, „echte dänische Souvenirs“.

Margit Maggie Aeuckens will ab 2018 mit ihrer Treibholzwerkstatt richtig durchstarten. Foto: dodo

Die Anziehungskraft des Treibholzes

Treibholz hat für sie eine ganz besondere Anziehungskraft. „Es ist einfach faszinierend. Wo kommt dieses Stück Holz her? Wie ist es ins Meer gelangt? Ist es ein Stück von einem Boot, oder hat es einfach jemand irgendwo anders ins Meer geworfen? Jedes Treibholzstück hat seine eigene Geschichte“, sagt  Margit. Seit rund zwei Jahren fertigt sie die kleinen und großen Kunstwerke an. Dabei hat sie vorher nie irgendetwas mit Handwerk oder Kunst am Hut gehabt. „Ich bin eigentlich nie eine Basteltante gewesen“, sagt sie und lacht.

Spanien oder Dänemark

Alles beginnt damit, dass sie und ihr Mann Rolf vor sechs Jahren nach Dänemark auswandern. Für sie ist dies schon immer ein Traum gewesen, sagt sie. Schon als Kind macht die gebürtige Hamburgerin regelmäßig Urlaub in Dänemark und hat immer sofort Fernweh, wenn es wieder nach Hause geht. „Ich habe mich immer wie im falschen Land gefühlt.“ Für sie ist klar, wenn auswandern, dann nach Dänemark. Ihr Mann hingegen liebäugelt eher mit dem wärmeren Süden. „Er wollte lieber nach Spanien“, sagt Margit. Die beiden werden sich nicht einig und die Pläne deshalb erst einmal auf Eis gelegt. Die Lage ändert sich, nachdem bei ihrem Mann, der in Hamburg als Elektriker tätig ist, zum dritten Mal das Auto aufgebrochen und seine Werkzeuge gestohlen werden. Ihr Mann will weg aus Deutschland, auch Dänemark ist ihm nun recht.

So kommen die beiden nach Ballum, wo sie sich ein altes Reetdachhaus von 1749 kaufen. Ihr Mann hat als Elektriker keine Probleme, einen Job zu finden. Für Margit wird dieses Unterfangen hingegen deutlich schwieriger. In Hamburg ist sie als selbstständige Sterbebegleiterin tätig gewesen. „Die öffentliche Versorgung ist hier so gut, dass für mich als private Pflegerin einfach kein Bedarf war“, sagt sie. Drei Jahre probiert Margit verschiedene Jobs aus, in der Küche, im Altenheim und sogar auf dem Tønder Festival arbeitet sie. Doch nirgendwo kann sie lange Fuß fassen. Dann entdeckt sie bei Facebook die Seite eines alten Seemanns, drift-wood-art.de, die als Treffpunkt für Treibholz-Künstler aus aller Welt dient und wo er ihre Werke zeigt. Margit ist sofort fasziniert davon, was Menschen aus den alten Holzstücken aus dem Meer alles zaubern.

Die Schätze, die das Meer zu ihr bringt. Foto: Privat

Die ersten eigenen Versuche

Das will sie auch machen. Sie beginnt am Strand ihr erstes Treibholz, ihre ersten Steine und das erste Mal Seeglas zu sammeln und versucht sich daran, Kunstwerke, die sie bei Facebook sieht, nachzumachen. „Meine ersten Versuche waren mehr schlecht als recht. Immer wieder haben sich Steine von den Brettern gelöst. Es hat etwas gedauert, bis ich den richtigen Kleber gefunden hatte.“, sagt Margit und lacht. Doch sie wird besser, immer besser. Nach einem Jahr Tüfteln keimt in ihr langsam der Gedanke, dass sie mit ihren Treibholz-Souvenirs vielleicht sogar Geld verdienen kann. „Es war für mich wie ein Licht am Ende des Tunnels, nach der langen Zeit, in der ich nicht genau wusste, was ich wirklich machen soll.“ Seit einem Jahr verkauft sie ihre Werke nun. Das Schwierigste war, ihren Mann davon zu überzeugen, dass Ganze wirklich hauptberuflich zu betreiben. Doch sie konnte ihn in den vergangen zwölf Monaten überzeugen. „Er war sehr skeptisch, doch es lief gut diesen Sommer, die Nachfrage war groß, ich kam mit der Fertigung gar nicht hinterher.“ 

Ihre kleine Hütte dient als Werkstatt und Ausstellungsraum zugleich. Foto: dodo
Ihr eigenes kleines Reich. Foto: dodo

„Ihr eigenes kleines Reich“

Anfangs sägt, hämmert und klebt Margit im Wohnzimmer. Irgendwann wird es ihrem Mann zu bunt. Um einmal wieder in Ruhe ein Buch lesen zu können, baut er seiner Frau im Garten ihre eigene Hütte. Ihr eigenes kleines Reich, wie sie sagt. Sie dient gleichermaßen als Werkstatt und Ausstellungsraum. Auch zwei Stühle und ein kleiner mit Kaffee und Keksen gedeckter Tisch stehen bereit, wo sich Besucher „hyggen“ und sich die Werke im Raum ansehen können. Ihre Werkbank ist ein wahres Paradies für Bastelfreunde: Kleber, Stifte, Pinsel, Farben, Bohrer und Zangen liegen griffbereit, um die Treibholzbretter zu bemalen, bekleben und in Form zu bringen.

Alles, was Margit in ihren Souvenirs verarbeitet, stammt aus dem Meer. Die Steine, das Seeglas, die Hühnergötter oder andere Dinge, die das Meer anspült und die sich zur Dekoration eignen. Auch diese Dinge sammelt sie selbst – und hat dafür bereits einige Strandkilometer abgerissen. Die besten Steine gibt es an den Stränden bei Hvide Sande, sagt sie. Treibholz hingegen lässt sich besonders gut auf Röm sammeln. „Das liegt am offenen Meer, da kommt mehr an als hier bei uns in Ballum“, so Margit. 

Die Lieblingsstücke bleiben nie lange

Lieblingsstücke hat sie viele. Die bleiben aber nie lange in ihrer Hütte. „Ich habe eine Kundin, die unter allen Werken, die herumhängen, immer zielgenau meine Lieblinge auswählt“, sagt sie mit einem Grinsen im Gesicht. Das mache ihr aber natürlich nichts aus denn dafür sind seien sie ja da.

Derzeit hat Margit weniger Zeit zum Werkeln, als ihr lieb wäre – denn sie ist am Pauken. Die gebürtige Hamburgerin macht derzeit eine Weiterbildung im kaufmännischen Bereich und brütet täglich viele Stunden über den Büchern. Ende des Jahres soll der Abschluss in der Tasche sein, und dann will sie richtig durchstarten und sich voll auf ihre Treibholzwerkstatt konzentrieren. „Ich will meine Werkstatt ab Januar als Hobby-Virksomhed anmelden und mich voll darauf fokussieren“, sagt Margit. Sie hat auch schon erste Kontakte zu Souvenirshops aus der Umgebung geknüpft, die Interesse haben, Werke von ihr bei sich zu verkaufen.

Jedes Stück Treibholz ist ein Unikat. Foto: dodo
Alles was Margit verarbeitet, hat sie selbst am Strand gesammelt. Foto: dodo

Immer erreichbar

Wer sich zu Weihnachten noch eines ihrer Treibholzsouvenirs als Geschenk für Freunde oder Familie sichern möchte, kann montags und donnerstags zwischen 13 und 17 Uhr einfach bei ihr im Nørhus 11 in Nørrehus Ballum (6261 Bredebro) vorbeikommen – oder nach persönlicher Absprache auch zu jedem anderen gewünschten Zeitpunkt. Zu erreichen ist Margit per Telefon unter 0045/24404883, per E-Mail an „m.m.aeuckens@godmail.dk“ oder über ihre Facebook-Seite „Margit Maggie Aeuckens“. 

Nur wenn es richtig stürmt, sich die Bäume biegen und die Wellen peitschen, dann kann es schwer werden, Margit in ihrer Werkstatt anzutreffen. Denn dann ist sie vermutlich da, wo sie am liebsten ist, am Strand – und schaut nach, welche Schätze das Meer ihr bringt.

Margit freut sich auf alle, die vorbeischauen. Foto: dodo
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