Kulturkommentar
„Dialog statt Filterblase“
Dialog statt Filterblase
Dialog statt Filterblase
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In einem Kulturkommentar verrät Büchereidirektorin Claudia Knauer, warum es wichtig ist, dass Büchereien Raum für Dialog schaffen.
Den demokratischen Diskurs zu befördern, ist eine der Aufgaben der Bibliotheken in Dänemark. Die deutsche macht da keine Ausnahme. Das bedeutet nicht, auf gar keinen Fall, dass wir parteipolitisch Stellung beziehen, sondern dass wir einen Raum für Dialog schaffen.
Dänemark kann sich über eine grundsätzlich hohe Wahlbeteiligung freuen. Bei der vergangenen Folketingswahl 2019 waren es 84,6 Prozent – ohne Wahlpflicht. Von solchen Zahlen träumen andere Länder. Es gibt ein hohes Engagement in unserem Land mit seinen über 100.000 Vereinen. Mitmachen und Mitmischen liegt den Einwohnern Dänemarks im Blut. Aber das demokratische Gespräch gerät unter Druck. 88 Prozent aller Über-Zwölfjährigen hat ein Profil in den sozialen Medien und 39 Prozent der Nutzer im Alter zwischen 18 und 29 Jahren verwendet die sozialen Medien als Informationsquelle. Und genau hier lauern Gefahren. Fakenews sind nicht nur etwas, was in anderen Ländern passiert. Und soziale Medien filtern, aber nicht wie Journalisten, die eine Story nach allen Richtungen durchleuchten und mit einem sachlich-fachlichen Hintergrund die Gewichtung vornehmen. Soziale Medien wie Facebook, Instagram, Snapchat, TikTok oder Suchmaschinen wie Google oder Firefox nutzen ihre ganz eigenen, geheimen Algorithmen, um bestimmte Informationen nach oben zu spülen, wo sie vor allem wahrgenommen werden. Denn die wenigsten „blättern“ im Netz „um“. Gelesen wird, was auf der Startseite steht und da haben Stories mit Sex und Crime, Katzen und Verschwörungsmythen gute Chancen.
Gerade jetzt zur Kommunalwahl im November gibt es aber doch die perfekte Chance, miteinander zu reden. Wir Büchereien sind mit Begeisterung dabei, wenn es darum geht, ein Politisches Forum (oder mehrere) auf die Beine zu stellen, damit sich Menschen über Positionen und Haltungen austauschen können. Die SP hat garantiert viel zu sagen ebenso wie die Radikalen, Venstre oder Einheitsliste. Hier ist Platz für alle und alles – wenn ordentlich miteinander gesprochen wird, wenn Fakten auf den Tisch kommen und wenn alle sich einig sind, dass man auch eine andere Meinung oder Bewertung aushalten muss. In den Filterblasen der sozialen Medien muss man das in der Regel nicht. Da schmort man gemütlich im eigenen Meinungssaft und wird nicht herausgefordert. Aber so funktioniert das echte Leben nicht.