Sparmaßnahmen im Sozialbereich
Vereinsleiterin: „Glauben die, ab Januar sind plötzlich alle gesund?“
Vereinsleiterin: „Glauben die, ab Januar sind plötzlich alle gesund?“
Vereinsleiterin: „Glauben die, ab Januar sind alle gesund?“
Diesen Artikel vorlesen lassen.
Die Aussicht auf drastische Einsparungen im Sozialbereich sorgt bei den Bürgerinnen und Bürgern der Kommune Hadersleben für Unmut und Angst. So auch bei der Leiterin von „Et rart sted at være“, Lis Brink Christiansen. Für ihre Organisation würden die Sparmaßnahmen das Aus bedeuten. Betroffen wäre auch der Sozialdienst Nordschleswig.
Angespannte Stimmung herrschte am Montagabend in der Sporthalle des Haderslebener Rathauses. Gut 300 Menschen waren dort zum Bürgertreffen gekommen, zu dem die Kommune geladen hatte, um den kürzlich veröffentlichten „Handlungskatalog“ für soziale „Kann“-Angebote in der Kommune Hadersleben zu erläutern.
Mit 30 verschiedenen Initiativen möchte die Kommune Hadersleben demnach das strukturelle Gleichgewicht im Sozialbereich sichern, heißt es in der kurzen Einleitung des Maßnahmenkatalogs. Konkret umfasst der sogenannte Handlungskatalog 30 Sparmaßnahmen, von denen auch der Sozialdienst der deutschen Minderheit betroffen wäre. Immerhin sollen mithilfe des Handlungsplans 33 Millionen Kronen eingespart werden.
Wut und Frustration
Dass gerade der Sozialbereich unter finanziellem Druck stehe, daran lässt die Ausschussvorsitzende Lene Bitsch Bierbaum (Venstre) keinen Zweifel. „Die Prognosen haben gezeigt, dass der Sozialbereich in den kommenden Jahren noch stärker in Geldnot gerät. Deshalb müssen wir schauen, dass wir die Ökonomie in den Griff bekommen“, erklärt Bitsch Bierbaum.
Bei den Anwesenden im Rathaus sorgt diese Aussicht für Entrüstung. Viele von ihnen sind direkt betroffen von den Sparplänen der Kommune, sei es als Angehörige, Freiwillige, Mitarbeitende oder Nutzerinnen und Nutzer der von den potenziellen Sparmaßnahmen betroffenen Organisationen.
So auch Lis Brink Christiansen und Preben Schmidt. Die beiden sind als Vertreterin und Vertreter der Organisation „Et rart sted at være“ zu dem Bürgertreffen erschienen, denn die kommunalen Zuschüsse für ihren Verein stehen an siebter Stelle des Sparmaßnahmenkatalogs.
Um 600.000 Kronen möchte die Kommune die Fördergelder für den Verein im kommenden Jahr kürzen. Ab 2024 soll der aktuell 1,2 Millionen Kronen hohe Zuschuss komplett gestrichen werden. „Wir sind erschüttert“, sagt die Leiterin von „Et rart sted at være“, Lis Brink Christiansen, am Rande der Veranstaltung zum „Nordschleswiger“. „Glauben die, dass ab Januar plötzlich alle gesund sind?“
Hilfsangebote in der Bredouille
Etwa 100 Bürgerinnen und Bürger besuchen ihre Einrichtung am Nordhavnsvej täglich. Das Haus ist eine zentrale Anlaufstelle für Menschen mit besonderen Bedürfnissen. Dort können sie nicht nur an verschiedenen Aktivitäten, wie beispielsweise einem Kochklub, teilnehmen, sondern bei Fragen und Problemen auch auf die Unterstützung eines sogenannten „Wegweisers“ (Vejviseren) zählen.
Insbesondere mit Problemen wie Angst, posttraumatischen Belastungsstörungen oder bei sexuellen Übergriffen bietet der sogenannte Wegweiser Gespräche an oder vermittelt die betroffene Person an passende Hilfsangebote innerhalb der Kommune. Auch bei praktischen Fragen und Herausforderungen im Alltag steht der Wegweiser oder die Wegweiserin unterstützend zur Seite.
Ein Angebot, dessen Ausbau die Kommune erst vor zwei Jahren nach einem erfolgreichen Pilotprojekt dauerhaft eingeführt hat – unter anderem als Ausgleich im Zuge der Umsetzung des 2020-Haushaltsplanes, im Rahmen dessen die sogenannte „Bostøtte“, ein sozialpädagogisches Hilfsangebot, gestrichen wurde.
Fragwürdige Vorgehensweise
„Wenn wir die verbleibenden 1,2 Millionen Kronen Zuschuss auch nicht mehr bekommen, dann können wir dichtmachen“, erklärt der Vorsitzende des Vereins, Preben Schmidt. Die beiden wollen die Hoffnung noch nicht aufgeben. Doch die Angst ist gesät – nicht nur bei Lis Brink Christiansen und Preben Schmidt – das wird am Montagabend in der Sporthalle des Rathauses deutlich.
Für den Haderslebener Lokalpolitiker Carsten Leth Schmidt von der Schleswigschen Partei wirft daher vor allem das Vorgehen des Ausschusses für Soziales und Menschen mit Behinderung Fragen auf. „Was ich nicht verstehe, ist, warum wir nicht erst einmal im Laufe der bevorstehenden Haushaltsverhandlungen herausfinden, welche Finanztöpfe wir ausschöpfen können, bevor wir die Freiwilligen in Angst und Schrecken versetzen.“