Fussball
„Eine Nummer kleiner – zwischen 5.000 und 50.000 Fans“
Eine Nummer kleiner – zwischen 5.000 und 50.000 Fans
Eine Nummer kleiner – zwischen 5.000 und 50.000 Fans
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Fußball ist vom Prinzip her überall gleich: ein Spiel, zwei Tore und außerhalb davon Zuschauerinnen und Zuschauer. Praktikant Matthias Weuthen kennt die großen Stadien in Deutschland. Aber welchen Eindruck hinterlässt der Fußball in Hadersleben? Ein Erfahrungsbericht aus dem Sydbank-Stadion.
Da stehe ich nun wieder, Bratwurst in der Hand, Blick auf das Feld gerichtet. Es ist wieder da, dieses Kribbeln vor einem Spiel. Das Publikum ist da, die letzten Lieder werden gesungen, Schals in die Höhe gestreckt, die Aufstellungen bekannt gegeben. Die Mannschaften laufen ein, gleich geht es los.
Es ist so gewohnt, dieses Bild im Stadion zu sehen und dann doch wieder ganz anders. Kein Stadionbesuch ist gleich, die Menschen erleben den Fußball überall auf ihre ganz eigene Art und Weise.
In Dänemark zelebriert man den Fußball anders als in Deutschland und dem Rest der Welt. Und nahe der Grenze zu Deutschland noch mal anders als in Kopenhagen. Irgendwie gewohnt, dänisch ruhig und sorgenfreier.
Heute bin ich zu Besuch in Hadersleben bei Sønderjyske Fodbold. 10.000 Fans könnten hier sein, knapp die Hälfte ist es heute geworden. Normalerweise bin ich ausverkaufte Stadien in Deutschland gewohnt: an Fahrten nach Frankfurt, München, Dortmund oder Mönchengladbach. 50.000 Minimum, lautstarke Ränge und Ultras, die sich nicht immer ganz an die Regeln halten. Hier in Hadersleben ist alles eine Nummer kleiner, eben anders.
Hier ist der Support, Sache des Nachwuchses. Jungs und Mädels von der Sporthochschule, zwischen schätzungsweise 15 und 19, übernehmen die Leitung auf dem Capo-Podest. Eine Handvoll Fans bewegt sich im Auswärtssektor. Erst kurz vor Spielbeginn sind alle auf ihren Plätzen, anders als in Deutschland, wo eine Stunde vor dem Spiel schon die meisten im Stadion sind.
Vielleicht gerade deswegen weht auch hier der Geist des Gemeinschaftsgefühls über die Tribünen bis runter an den Spielfeldrand. Die Spieler auf dem Platz stemmen sich gegen den Gegner. Ein Geruch von Essen und Bier steigt in die Nase. Ein Gefühl von Ankommen, Auszeit, ohne wirklich weg zu sein, macht sich bei mir breit.
Dabei spielt es keine Rolle, ob Dänemark oder Deutschland, Fußball ist Fußball, und der lebt durch seine Fans. Die Menschen hinter dem Spiel, die Menschen hinter den Choreografien und der Stimmung. The Peoples Game, wie man es auch nennt.
Viel Besuch, trotz sportlicher Misere
Sportlich läuft es beim Aufsteiger derzeit nicht besonders gut: Acht Punkte nach zehn Spielen – das macht Platz 10 und damit die Teilnahme an der Abstiegsrunde. Der heutige Gegner: der FC Nordsjælland, Platz sechs in der Tabelle.
Trotz der sportlich misslichen Lage sind auch heute, bei feinstem Fußballwetter, 5.548 Leute gekommen, um ihre Mannschaft siegen zu sehen. Das ist schon eine ordentliche Zahl für dänische Verhältnisse. 5.000 – der Auswärtsblock des Stuttgarter Neckarstadions, wo ich zu Beginn des Jahres noch stand, hatte Platz für mehr Menschen.
Hier ist alles eben etwas kleiner, aber auch etwas persönlicher. Und da ist es wieder, das Gemeinschaftsgefühl. Das Gefühl, das einen dazu bringt, wildfremde Menschen zu umarmen, wenn ein Tor geschossen worden ist.
Noch steht es 0:0, doch die stetige Spannung lässt einen nicht los – jeden Moment könnte es so weit sein.
Lange lässt die Erlösung dieses Mal nicht auf sich warten. Ein schöner Heber über den Torwart, ein reingerutschter Schuss – Tor, 1:0 in der 11. Minute.
Ein überraschender Treffer, war der Gegner doch bisher seiner Favoritenrolle gerecht geworden. Neben mir sitzt eine Gruppe von Jungs, schätzungsweise zwölf Jahre alt. Sie schauen sich das Spiel gespannt an. Ausgerüstet mit einem Trikot und ihrem Lieblingsspieler hintendrauf freuen sie sich über das 1:0 ihrer Mannschaft. Sie können sich vermutlich noch gar nicht vorstellen, dass Stadien auch drei Ränge und Platz für 80.000 Fans haben können.
Zum Sieg reicht es heute leider nicht, am Ende steht ein gerechtes 1:4. Die Menschen gehen teilweise enttäuscht nach Hause. Aber sie werden wiederkommen, genau wie ich. Denn hier erlebt man Fußball im Kleinen, auf seine ganz eigene Art und Weise. Fußball an der Basis, Fußball in Hadersleben.