50 Jahre EU-Mitgliedschaft

1969 bis 1972: Was sonst noch geschah

1969 bis 1972: Was sonst noch geschah

1969 bis 1972: Was sonst noch geschah

Siegfried Matlok
Siegfried Matlok Senior-Korrespondent
Nordschleswig
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Dänemark und die Angst vor dem europäischen Beitritt Foto: Folkebevægelsen mod EF

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Ein Überblick über die wichtigsten Ereignisse auf dem Weg zum dänischen Eintritt in die EU.

1969

5. März: Der Sozialdemokrat Gustav Heinemann wird zum Bundespräsidenten der Bundesrepublik gewählt.

30. Mai: Der konservative Justizminister Knud Thestrup gibt die Pornografie in Bild und Schrift frei, und Dänemark löst damit weltweite Proteste aus.   

24. Juni: In einer Volksabstimmung lehnen über 50 Prozent der dänischen Wähler eine Herabsetzung des Wahlalters auf 18 Jahre ab.

19. Juli: Die deutsche Minderheit trauert um den im Alter von 84 Jahren in Hadersleben verstorbenen Pastor Friedrich Prahl, eine der ganz wenigen herausragenden Persönlichkeiten beim demokratischen Wiederaufbau der Volksgruppe nach 1945, auch „Vater“ der sogenannten Haderslebener Erklärung. 

30. August: In einer Sendung des dänischen Rundfunks prahlt einer der Bombenleger mit dem Attentat des Knivsbergdenkmals im Spätsommer 1945. Der Vorsitzende des Rundfunkrates, Knud Heinesen, spricht sein Bedauern über diese Sendung aus.

1. September: In der Bundesrepublik Deutschland tritt das 1. Strafrechtsänderungsgesetz in Kraft. Dies bewirkt auch eine Änderung des § 175, wodurch gleichgeschlechtliche Sexualkontakte unter erwachsenen Männern (damals ab 21 Jahren) erstmals seit 1532 im gesamten zu Deutschland zählenden Gebiet nicht mehr strafbar waren.

21. Oktober: Der SPD-Politiker Willy Brandt wird nach den Bundestagswahlen am 28. September vom Deutschen Bundestag zum Bundeskanzler gewählt.

1970

5. Januar: Nach einem schweren Unwetter mit Schneeverwehungen bis zu 1,50 Meter – auch als Jahrhundert-Winter bezeichnet – sitzen Hunderte von Autofahrern in den Schneemassen fest. Die deutsch-dänische Grenze ist unpassierbar. In der Nacht vom 16. auf den 17. Januar sind die Schneeverwehungen noch immer so massiv, dass „Der Nordschleswiger“ die Strecke vom Druckort Flensburg nach Apenrade nicht überwinden und deshalb zum ersten Mal in seiner Geschichte in Nordschleswig nicht erscheinen kann.  

19. März: Bundeskanzler Willy Brandt trifft sich in Erfurt mit dem Ministerpräsidenten der DDR, Willi Stoph.

3. März: Bei den Kommunal- und Amtsratswahlen erzielt die Schleswigsche Partei in Nordschleswig insgesamt 7.501 Stimmen – das sind etwa 10 Prozent mehr als bei der Folketingswahl 1968.

12. März: Der bisherige Apenrader Bürgermeister Erik Jessen (Venstre) wird erster Amtsbürgermeister Nordschleswigs, gewählt auch mit den Stimmen der Schleswigschen Partei.

1. April: In Dänemark tritt eine neue Kommunalreform in Kraft. Die Zahl der nordschleswigschen Kommunen wird von 110 auf 23 Kommunen reduziert, und gleichzeitig entsteht das neue Amt Nordschleswig („Det sønderjydske amt“).

14. Mai: Ulrike Meinhof, Gudrun Ensslin und andere befreien Andreas Baader aus der Haft. So beginnt in Deutschland der Schrecken der Terrororganisation Rote Armee-Fraktion.

9. Juni: Erster deutscher Staatsbesuch seit 1920 in Dänemark: Bundespräsident Dr. Gustav Heinemann hebt bei seinen Gesprächen mit König Frederik IX. besonders positiv die Rolle der beiden Minderheiten im Grenzland hervor.

22. September: In Kopenhagen kommt es am Rande der Jahrestagung der Weltbank zu für dänische Verhältnisse ungewöhnlich schweren Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei.

7. Oktober: Das dänische Justizministerium lehnt eine Forderung von Interpol nach einem Porno-Exportverbot ab. Allein im ersten Jahr nach der Freigabe bringen Porno-Ausfuhren Dänemark Einnahmen von rund 200 Millionen Kronen.

21. Oktober: Einweihung der neuen Kleine-Belt-Brücke.  

7. Dezember: Weltweite Beachtung findet der Kniefall von Bundeskanzler Willy Brandt in Warschau am Denkmal für die Opfer des Getto-Aufstandes mit seiner symbolischen Bitte um Vergebung.

1971

30. Januar: Der Kopenhagener Steueradvokat Mogens Glistrup schockiert Dänemark bei einem Fernsehauftritt mit Steuer-Tipps und mit eigenen Nullsteuern. Glistrups Steuerprotest führt später zur Gründung der Fortschrittspartei.

2. Februar: Die deutsche Zeitung in Dänemark, „Der Nordschleswiger“, begeht ihr Jubiläum zum 25-jährigen Bestehen.

4. Februar: Die P-Pille hat dazu geführt, dass die Geburtenzahl in Dänemark in den vergangenen drei Jahren um 26.000 gegenüber den Prognosen zurückgegangen ist.

15. Februar: Überraschend legt Staatsminister Hilmar Baunsgaard den Vorsitz im Kopenhagener Kontaktausschuss für die deutsche Minderheit nieder. Den Vorsitz übernimmt stattdessen Innenminister H. C. Toft.

30. April: BDN-Hauptvorsitzender Harro Marquardsen wird Ritter des Dannebrogordens aufgrund seiner 16-jährigen Mitgliedschaft im alten Amtsrat von Tondern.

4. Mai: Deutliche Mehrheit im Folketing empfiehlt dänischen EWG-Beitritt.

8. September: Krise im dänischen Gesundheitswesen. Durch den Mangel an Krankenschwestern bleibt in Kopenhagener Krankenhäusern jedes siebte Krankenbett ungenutzt.  

21. September: Die Schleswigsche Partei nimmt erneut an der Folketingswahl teil. Das Ergebnis mit 6.848 Stimmen liegt geringfügig unter dem Resultat von 1968. Die bürgerliche VKR-Regierung muss zurücktreten. Der Sozialdemokrat Jens Otto Krag übernimmt erneut das Amt des Staatsministers. Gleichzeitig mit der Folketingswahl wird bei einer Volksabstimmung mit Mehrheit das Wahlrechtsalter von 21 auf 20 Jahre gesenkt.

10. Dezember: Dem deutschen Bundeskanzler Willy Brandt wird in Oslo der Friedensnobelpreis verliehen. Das Nobelpreis-Komitee würdigt ihn mit den Worten: „Willy Brandt hat als Chef der westdeutschen Regierung und im Namen des deutschen Volkes die Hand zu einer Versöhnungspolitik zwischen alten Feindesländern ausgestreckt. Er hat im Geiste des guten Willens einen hervorragenden Einsatz geleistet, um Voraussetzungen für den Frieden in Europa zu schaffen.“

1972

14. Januar: Trauer in Dänemark: Im Alter von 72 Jahren stirbt König Frederik IX. 24 Stunden später erfolgt auf dem Schlossplatz von Christiansborg durch Staatsminister Jens Otto Krag die Proklamation von Margrethe II.

20. Januar: Erste Umweltkatastrophe in Nordschleswig: Ein mit Phenol gefüllter Tankwagen stürzt in Simmerstedt bei Hadersleben ganz in der Nähe des Wasserwerkes um und sorgt für große Umweltschäden.

22. Januar: Staatsminister Jens Otto Krag unterschreibt in Brüssel den EWG-Beitrittsvertrag für Dänemark.

24. Januar: Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung wird König Frederik IX. im Dom zu Roskilde beigesetzt.

23. Februar: Ein Lufthansa-Flugzeug wird nach Aden entführt; arabische Terroristen fordern ein Lösegeld von umgerechnet 16 Millionen D-Mark. Die Bundesregierung beendet durch Zahlung eines Lösegeldes von 5 Millionen US-Dollar die Flugzeugentführung.

27. April: Ein konstruktiver Misstrauensantrag gegen Bundeskanzler Willy Brandt, der Rainer Barzel (CDU) als Nachfolger vorschlägt, scheitert knapp im Bundestag.

13. Mai: Anlässlich der bevorstehenden dänischen EWG-Volksabstimmung besuchen Staatsminister Jens Otto Krag und Bundeskanzler Willy Brandt gemeinsam auch die beiden Minderheiten in Flensburg und Apenrade.

1. Juni: Andreas Baader und andere Mitglieder der Rote-Arme-Fraktion werden in Frankfurt am Main nach einer Schießerei verhaftet.

26. August: In München werden die Olympischen Sommerspiele eröffnet, die bis zum 11. September stattfinden.

5. September: Ein tödlicher Schatten fällt auf die Olympischen Spiele in München: Acht Mitglieder der palästinensischen Terrororganisation „Schwarzer September“ nehmen elf Athleten des israelischen Olympia-Teams als Geiseln und fordern die Freilassung von 232 Palästinensern. Die Geiselnahme endet mit einer gescheiterten Geiselbefreiung auf dem Flugplatz Fürstenfeldbruck, bei der alle Geiseln, fünf Terroristen und ein Polizist sterben.

25. September: Die Norweger lehnen mit 54 Prozent bei der Volksabstimmung den Beitritt zur EWG ab.

2. Oktober: Bei der Volksabstimmung in Dänemark votieren 63,3 Prozent für den EWG-Beitritt – in Nordschleswig stimmen sogar 75,2 Prozent mit Ja.

3. Oktober: Staatsminister Jens Otto Krag tritt nach dem erfolgreichen Referendum überraschend zurück.

5. Oktober: Die Sozialdemokratie ernennt den früheren Gewerkschaftsvorsitzenden Anker Jørgensen zum Parteichef und zum neuen Staatsminister.

19. November: Bei der ersten vorgezogenen Bundestagswahl erhält die SPD unter Willy Brandt erstmals mehr Wählerstimmen als die CDU/CSU.

 

Dänemark und die Angst vor dem europäischen Beitritt Foto: Folkebevægelsen mod EF
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