Nordschleswig
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Ausräumen
Gestern – bzw. wenn ihr das lest: Ende vergangener Woche – sind wir zu viert durch unser Gemeindehaus gegangen. Wir: Das sind mein Kollege, der Vorsitzende des Gemeinderates, unser Kordegn und ich. Unser Gemeindehaus: Das ist das Haus an der ehemaligen Kaiser-Wilhelm-Allee, heute Kongevej. 1910 erbaut, ab dieser Woche steht es zum Verkauf.
Wir haben grüne, blaue und rote Klistermærker dabei. Grün: Soll mit umziehen, wird im neuen Gemeindehaus gebraucht, Kontormöbel, die Stühle des Kirchsaals, Kücheninventar … Blau: Soll verkauft werden, Lampen, handgefertigte Stühle danish design, ein oder zwei Klaviere … Rot: Gammelt skrammel. Unterm Dach haben wir angefangen. Was vor Jahrzehnten als vielleicht-noch-brauchbar auf den Dachboden gewandert ist, wird demnächst wohl eingestampft.
In der zweiten Etage die ehemaligen Wohnungen der Gemeindeschwester und der Haus-bestyrinde. Braucht jemand eine gußeiserne Badewanne von ca. 1910? Oder einen 100-Liter Suppentopf? Eine der Wohnungen wurde zum Kontor unseres Organisten, der wird aber nicht verkauft. Eine Etage tiefer noch eine alte Wohnung, wir bewahren in ihr uralte Pastorenbilder; keine Bildchen, sondern Pastoren in Lebensgröße. Auf derselben Etage auch die Empore des Kirchsaals mit der Orgel. Sie soll hoffentlich bald zur Chororgel der Marienkirche umgebaut werden.
Im Erdgeschoss dann der Kirchsaal: Altar, Knæfald und Taufe kommen mit und werden gebraucht, weil die Friedhofskapelle demnächst zur Kirche wird. Die beiden tonnenschweren Tresore müssen mit – ich habe schon jetzt Mitleid mit dem Flyttefolk – aber die alten Kirchenbücher und Gemeinderatsprotokolle müssen feuerfest verwahrt sein. Und selbstverständlich kommt auch die Kaffeemaschine mit, denn auch im neuen Gemeindehaus sollen wir effektiv arbeiten.
Das Haus birgt in seinen knapp 1000 m2 auch einen Keller. Tiefenspsychologisch könnte man ihn „das Unbewußte des Hauses“ nennen; nur die Spinnen wissen, was wirklich darin verborgen liegt. Wir stoßen auf eine Aluminium-Trittleiter mit angeklebtem Zettel: „Defekt, lebensgefährlich, nicht benutzen!“ Gut, dass das Haus einen Keller hat! Oder wo sollte man sonst gebrochene Plastik-Schneeschieber aufbewahren?
Wir sind, wie gesagt, nur zu viert, aber unsichtbar geht eine leise Wehmut mit. Noch ist es nicht so weit, wir werden erst im Oktober wirklich umziehen, aber unsere Zeit in diesem Haus neigt sich deutlich dem Ende zu. So schließe ich mich dem Prediger Salomo an und beende diese Zeilen mit: Alles unter dem Himmel hat seine Zeit. Einziehen hat seine Zeit. Ausziehen hat seine Zeit. Und sortieren, was sich in der Zwischenzeit angesammelt hat, braucht auch seine Zeit. Na dann!
Herzliche Grüße aus Sonderburg
Hauke Wattenberg