Kulturkommentar
„Was Stricken, Singen, Tanzen und Theater mit deiner Gesundheit zu tun haben“
Was Stricken, Singen, Tanzen und Theater mit deiner Gesundheit zu tun haben
Stricken, Singen, Tanzen, Theater und deine Gesundheit
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Allzu viele Politikentscheidende sehen Kultur unter dem Aspekt „nett zu haben, aber nicht notwendig“. Nichts aber könnte mehr am Ziel einer Gesellschaft mit gesunden und zufriedenen Menschen vorbeigehen, schreibt Büchereidirektorin Claudia Knauer in ihrem Kulturkommentar.
Wer in unsere Bücherei zum Strickcafé kommt, tut genau so etwas für seine oder ihre Gesundheit wie diejenigen, die die Lesekreise besuchen, ein Theater-Abo beim Bund Deutscher Nordschleswiger gezeichnet haben, in der Musikvereinigung singen oder mit Jana Surkus malen.
Das ist eine der Erkenntnisse, die der Kulturtreff24 in Odense am 29. Mai erbracht hat. Der Kulturtreff wurde organisiert von der Region Süddänemark, der Kulturregion Sønderjylland-Schleswig, Kulturregion Trekantsområdet, Kultursamarbejdet ved Vadehavet und Kulturregion Fyn.
Über 300 Wissenschaftler/innen, Künstler/innen, Politiker/innen und Kulturschaffende hatten sich versammelt, um zu hören, wie Kultur und Gesundheit zusammenhängen und was das auch für die Gesellschaftsökonomie bedeuten kann, wenn Menschen gesünder sind und ihre Lebenszufriedenheit steigt.
Grundproblem ist diesem Zusammenhang: Allzu viele Politikentscheidende sehen Kultur unter dem Aspekt „nett zu haben, aber nicht notwendig“ (nice to have und nicht need to have). Nichts aber könnte mehr am Ziel einer Gesellschaft mit gesunden und zufriedenen Menschen vorbeigehen. Während der Zusammenhang zwischen Sport und Gesundheit in vielen tausenden Artikeln erforscht ist und weiter erforscht wird, sieht es im Bereich Kultur und Gesundheit mau aus.
Klar: Es ist schwerer zu messen, was ein Museumsbesuch für einen Dementen bedeutet oder wie sehr Tanzkurse das Leben von Parkinsonerkrankten verbessern. Die Evidenzen sind schwerer zu belegen. Aber wenn es in der WHO, der Weltgesundheitsorganisation, seit geraumer Thema ist und sogar auf die Agenda der EU kommt, dann kann man sich getrost davon verabschieden, dass hier ein paar Esoteriker oder Künstlerinnen nur darauf aus sind, ihren Unterhalt zu sichern.
Kultur kann dazu beitragen zu heilen, zu lindern, Schlimmeres zu verhindern.
Ein Kulturkit, der an Menschen im Reichshospital nach sexuellen Übergriffen ausgegeben wird, trägt dazu bei, das Trauma besser zu verarbeiten. Kunstangebote für Geflüchtete tragen dazu bei, dass sie früher wieder im Leben ankommen – und sind zudem viel billiger als später Belastungsstörungen zu behandeln oder Menschen in die Frührente zu schicken. Gemeinsames Singen hilft – so ausgiebige Studien in Großbritannien – Müttern mit einer Wochenbettdepression wieder auf die Beine.
Schon im antiken Griechenland trugen die Theateraufführungen mit ihrem Katharsis-Ansatz zur seelischen Gesundheit des Publikums bei.
Deshalb, liebe Entscheidungsträger/innen in Politik wie Gesundheit: Denkt mal breiter, denkt aus dem engen Kasten heraus und begreift Kultur als einen lebensnotwendigen Teil der Gesellschaft und bezahlt auch dafür.
In den Büchereien werden wir weiter unser Bestes geben, dazu beizutragen. Auch Lesen als Kulturangebot kann helfen.