Kulturkommentar
„Was macht die deutsche Kultur aus?“
Was macht die deutsche Kultur aus?
Was macht die deutsche Kultur aus?
Ein Kulturkommentar von Claudia Knauer, Büchereidirektorin des Verbandes Deutscher Büchereien Nordschleswig.
In Deutschland gibt es eine unheilige Tendenz, „Das Deutsche“ zu vereinnahmen und als alleiniger Verteidiger oder Vertreter „Des Deutschen oder Der deutschen Kultur“ – gefühlt immer in Großbuchstaben geschrieben – aufzutreten. Die Partei, die dafür vor allem steht, hat jüngst große Wahlerfolge in den ostdeutschen Bundesländern erzielt. Die AfD geht davon aus, dass ein Deutschland nur ein gutes Deutschland sein kann, wenn es homogen ist, wenn Einfalt statt Vielfalt herrscht.
Heinrich Detering, Literaturwissenschaftler und früher Professor in Kiel, Gastprofessor in Aarhus und jetzt in Göttingen tätig, hat sich in einer schmalen Schrift unter dem Titel „Was heißt hier ‚wir‘? Zur Rhetorik der parlamentarischen Rechten“ (Reclam, 6 Euro) damit auseinander gesetzt, was es heißt, wenn von „Umvolkung“ gesprochen oder „Kopftuchmädchen, alimentierte Messermänner und sonstige Taugenichtse“ (Alice Weidel im Deutschen Bundestag) in eine Reihe gestellt werden.
Deterings kluge belesene Ausführungen offenbaren die rhetorischen Tricks der Rechten und nähern sich dann der Frage, was die verbindende Einheit, die „Identität“ einer nationalen Kultur ist.
„Keine gemeinsame Religion oder Weltanschauung oder Lebensweise, hätte Goethe geantwortet – wie sollte die auch aussehen, homogen zwischen Böhmen und Bentheim, Nordschleswig und Südtirol?-, sondern nur die gemeinsame Sprache. … Zu dem, was als verbindende Kultur wahrgenommen werden kann, gehören die in dieser Sprache formulierten Weltsichten, Religionen, Lebensweisen und Anschauungen aller in dieser Sprache über Räume und Zeiten hinweg verbundenen Menschen, und zwar in eben der Vielfalt der Identitäten, Rollen und Modelle, die ihr Reichtum und ihr Glück ist“.
Besser kann man es nicht sagen. Die Pflege der deutschen Sprache ist uns Nordschleswigern Herzensanliegen. Wir tragen damit zur deutschen Kultur bei und zur bunten Vielfalt. Zum Glück.