Kulturkommentar

„Von der Lust der Entsorgung“

Von der Lust der Entsorgung

Von der Lust der Entsorgung

Claudia Knauer, Büchereidirektorin
Nordschleswig
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Claudia Knauer schreibt in ihrem Kommentar über die dänische Genbrugsplads-Kultur – und warum wegwerfen manchmal glücklich macht.

Wer die Dänen in Reinkultur studieren will, hat es, zumindest in unseren ländlichen Gegenden, nicht weit. Es reicht, zum nächstgelegenen Wertstoffhof zu fahren, wie der „genbrugsplads“ auf Deutsch heißt.

Man kann den Dänen die Restaurants schließen, den Friseurbesuch verbieten und die Angestellten ins Home-Office verbannen, aber wenn es keinen Kaffee gibt oder der „genbrugsplads“ zumacht, dann ist Schluss.

Das mussten die Verantwortlichen auch in Corona-Zeiten erkennen und öffneten schnell wieder die Tore. Hier kann man dann sehen, welch eine Wollust es ist, sich des Überflüssigen zu entledigen – im Idealfall in der Abteilung „genbrug“, denn dann dient es noch einem guten Zweck.

In langen Reihen warten die Autos, gerne mit Anhänger natürlich, darauf, endlich all das loszuwerden, was zu Hause stört, was beim Abriss der Garage übrig blieb, was auf Omas Dachboden viel zu lange schon lag oder was als Verpackung herumstand, nachdem die Kaufgier befriedigt war.

Der Mensch ist schon ein seltsames Wesen –  es kauft, um dann wegzuwerfen.

Da kommt der gestresste junge Familienvater, um ein paar Bretter loszuwerden. Da sind die beiden Blondinen, der sehr beherzt und geschickt Unmengen von alten Zaunelementen in den Container für „udetræ“ wuchten. Nicht zu verwechseln mit dem Container „indetræ“.

Da gibt es die Verirrten und Verwirrten, die mit ihrem Styropor vor dem Container mit „småt brændbart“ stehen, was natürlich komplett verkehrt ist. In Apenrade weiß doch jeder, dass das im Dänischen Flamingo genannte Produkt in einem eigenen Schacht entsorgt wird.

Aber im Zweifelsfall helfen die Männer und Frauen in Neongelb und ordnen die Entsorgungsschlacht.

Beim Grünabfall stehen Männer wie Frauen auf dem Anhänger und werfen eine Schaufel Rasenschnitt nach der anderen auf den großen Berg, und Männer wie Frauen setzen ihren Anhänger um, indem sie ihn abkoppeln und mit Muskelkraft an die richtige Stelle bugsieren. Na gut, ein paar können sogar rückwärts damit rangieren.

Und all das spielt sich jedes Wochenende, jeden Feiertag ab – hier ist der Däne Mensch, hier darf er’s sein. Das gehört zu seiner Kultur. Und wer vom Platz fährt, hat ein Lächeln im Gesicht – erledigt. Es ist Freiraum geschaffen worden fürs Durchatmen und große Armbewegungen. Es tat gut.

Was machen bloß die armen Großstädter? Den Abfall in den Fahrradanhänger? Ist irgendwie nicht dasselbe.

Die veröffentlichten Kulturkommentare geben die persönlichen Meinungen der Autoren wieder.

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