Kulturkommentar

„Lidl, Netto, Fitness-World“

„Lidl, Netto, Fitness-World“

„Lidl, Netto, Fitness-World“

Claudia Knauer
Claudia Knauer
Apenrade/Aabenraa
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Ein Kulturkommentar von Claudia Knauer, Büchereidirektorin des Verbandes Deutscher Büchereien Nordschleswig.

Dass der Rand von Großstädten nicht gerade zu den optischen Höhepunkten während einer Reise mit der Bahn zählt, ist bekannt. Aber wenn man etliche Hundert Kilometer auf dem Schienennetz abgespult hat und immer wieder auf einen Dreiklang von Lidl, Netto, Fitness-World – alternativ Fakta, Aldi, Loop – gestoßen ist, kommt man nicht umhin, ein wenig über unsere Bedürfnisse nachzudenken. Wollen wir wirklich alles billig und unter einem Dach und verkehrsgünstig gelegen mit großen asphaltierten Parkplätzen?

Ja, ich fürchte, das wollen wir. Gut, mittlerweile bieten auch die Discounter im großen Umfang Öko-Waren an, aber das ist ja nicht alles. Mit dieser Angebotspalette im Großsupermarkt geht eine rege Warenbelieferung einher mit großen Lkw, die erst das rollende Lager auf der Autobahn bilden und dann im Stadtverkehr rumkurven müssen mit allen Problemen wie Rechtsabbiegen und Staubildung.

Ja, aber dafür sind die Waren dann auch billiger, gerade weil in großen Mengen eingekauft, angeliefert und dann verkauft werden kann. Stimmt, aber auf der Produzentenseite sitzen Landwirte oder Firmen, die quasi auf Gedeih und Verderb an die großen Marktführer gebunden sind. Wenn dann die Supermarktkette den Daumen senkt, gehen die schnell in Konkurs. Global denken – lokal kaufen ist eine vernünftige Überlegung, wenngleich auch nicht problemfrei, denn hier wird es oft teurer. Beratung kostet. Das muss sie auch. Ein besserer Mix ist notwendig.

Belebte Innenstädte, ländliche Gemeinden mit Kaufmann dürfen keine nostalgische Erinnerung werden. Diese Einkaufskultur muss uns am Herzen liegen, sonst sind wir Giganten ausgeliefert, die bestimmen. Und wer kein Auto hat, ist sowieso verraten und verkauft. Vielleicht mal ein Hühnchen weniger und das dann beim Schlachter kaufen. Und die Brötchen beim Bäcker. Sonst sind die alle bald weg. Damit verschwinden dann Wissen und eine Kultur der ortsnahen Selbstversorgung. Die Abhängigkeit von Großkonzernen wird immens und gefährlich.

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