Kulturkommentar

„Die geilsten Bauchschmerzen der Welt“

Die geilsten Bauchschmerzen der Welt

Die geilsten Bauchschmerzen der Welt

Uffe Iwersen
Uffe Iwersen
Apenrade/Aabenraa
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In einem Kulturkommentar schreibt Uffe Iwersen, Kulturkonsulent des Bundes Deutscher Nordschleswiger, warum er bei der Premiere des Films „Der Krug an der Wiedau“ bis Minute 17 Bauchschmerzen hatte.

Uffe Iwersen

Uffe Iwersen ist Kulturkonsulent beim Bund Deutscher Nordschleswiger und schreibt bereits seit einigen Jahren Kulturkommentare für den „Nordschleswiger“.

Wir haben einen Film gemacht. Das nordfriesische Theater und der BDN Hand in Hand. Der Film heißt auf Deutsch „Der Krug an der Wiedau“ und Synnejysk „Æ Kro ve æ Virå“. Das war bislang mit Abstand das teuerste Kulturprojekt, das ich im Namen des BDN durchgeführt habe, obwohl 600.000 Kronen für eine Spielfilmproduktion im Grunde ein Witz sind. Hinzukommen unzählige Arbeitsstunden – nicht nur von mir, sondern auch von den vielen Beteiligten vor, während und nach den Dreharbeiten. Das war eine Mammutaufgabe, die wir irgendwie gemeistert haben. Ende November war der Film dann vermeintlich vorzeigbar fertig. Doch bis zum Schluss hatte ich Bauchschmerzen. Ich hatte die Befürchtung, dass das Premierenpublikum aus Höflichkeit ab und zu verkrampft lacht und aus Anstand am Ende des Films klatscht. Dann wären weit über eine halbe Million Kronen und ein riesen Personalaufwand für die Katz gewesen.

Während der ersten Premiere in Niebüll – bei Minute 17:40 im Film, als Pastor Pørksen „Æ æ jo ingen fachmand“ sagt – waren die Bauchschmerzen jedoch verflogen. Ich konnte an den Reaktionen des Publikums merken, dass es sich unterhalten fühlte, sogar begeistert war. Die im Hinterkopf befürchtete Blamage war abgewandt und verwandelte sich in ein Erfolgserlebnis. Die am nächsten Tag in Tondern stattfindende Dänemarkpremiere unterstrich dies. Das ist ein wahrlich unbeschreibliches Gefühl. Der Film ist jetzt schon ein Erfolgserlebnis für die Macherinnen und Macher sowie für das bisherige und künftige Publikum.

Wir sind mit diesem Filmprojekt ein Wagnis eingegangen – aber unsere Idee ist aufgegangen. Dies macht mir Mut, auch in Zukunft große kulturelle Projekte anzugehen, von denen man anfangs nicht weiß, ob sie ein Erfolg werden. Es mag sein, dass ich dann auch mal auf die Schnauze fliege – aber dieses Risiko nehme ich in Kauf. Denn nur mit Risiko, Abenteuerbereitschaft und etwas Radikalität kommt man in festgefahrenen Zeiten wie diesen weiter.

Kommendes Jahr findet am 13. Mai LIET International – der europäische Songcontest für Regional- und Minderheitensprachen – in Tondern statt. Wieder mit einem großen Budget, wieder mit dem BDN am Ruder und wieder mit einem Risiko. Und ja, die Bauchschmerzen werden wiederkommen. Aber wenn dann die 13 Bands auf der Bühne der Schweizerhalle ihre Songs spielen und 500–600 Menschen begeistert sind, dann werden auch diese Bauchschmerzen wieder verfliegen. Ein ziemlich geiles Gefühl – ich freue mich drauf.

Auf ein schönes und spannendes 2022.

Ach ja, wer den „Krug an der Wiedau“ im Verein, in der Firma oder in ähnlichem Rahmen zeigen möchte, schreibt einfach eine Mail an iwersen@bdn.dk.

Die in diesem Kulturkommentar vorgebrachten Inhalte sind nicht von der Redaktion auf ihre Richtigkeit überprüft. Sie spiegeln die Meinung der Autorin oder des Autors wider und repräsentieren nicht die Haltung des „Nordschleswigers“.

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