Kulturkommentar

„Fußball und Flammlachs“

Fußball und Flammlachs

Fußball und Flammlachs

Apenrade/Aabenraa
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Wenn es darum geht, die WM in Katar zu boykottieren, ist Journalistin Kerrin Trautmann quasi eine Trendsetterin, denn sie hat auch in den vergangenen Jahren weder EM noch WM gesehen. In ihrem Freundeskreis wollen in diesem Jahr viele auf das Fußballgucken verzichten. Sie ist gespannt, wie lange ihre Freundinnen und Freunde das durchhalten.

Public Viewing mit Glühwein? Wahrscheinlich nicht die erste Assoziation, die einem einfällt, wenn man an eine Fußball-Weltmeisterschaft denkt. Das einstige Sommerspektakel findet in diesem Jahr also im Herbst statt, und zwar in Katar. Daran gibt es nichts mehr zu beeinflussen, das haben die FIFA-Funktionäre schon ganz allein getan.

Das Einzige, was man jetzt noch beeinflussen kann, ist, ob man den Fernseher einschaltet, den Laptop aufklappt oder zu einem Übertragungsevent geht. Und genau da scheiden sich in meinem Freundeskreis die Geister.

Sollte die Weltmeisterschaft aufgrund des Austragungsortes wegen der katastrophalen Bedingungen der Gastarbeiter boykottiert werden, oder steht der sportliche Aspekt im Vordergrund?

Die Spieler können ja schließlich auch nichts dafür, dass der mögliche Höhepunkt ihrer Karriere in einem kleinen Wüstenstaat stattfindet. Und überhaupt, es kommt ja auch nicht alle Tage vor, dass Dänemark bei einer Weltmeisterschaft dabei ist, sagen die einen.

Katar nutzt die Öffentlichkeit der WM, um sich positiv darzustellen, obwohl bei dem Bau der Stadien bis zu 15.000 Menschen gestorben sind und die Arbeitsbedingungen katastrophal sind, außerdem ist in dem Wüstenstaat Homosexualität eine Straftat. Gründe genug, nicht bei der WM einzuschalten, meinen die anderen.

Kurz vor dem Start der WM gibt es viele Dokumentationen, die zeigen, wie die WM-Vergabe abgelaufen ist und die die Machenschaften der FIFA beleuchten. Auch die erbärmlichen Arbeitsbedingungen der Gastarbeiter werden in den westlichen Ländern schonungslos gezeigt. Die Empörung ist groß. Doch das war sie zum Beispiel auch, als Anfang 2021 auf Netflix die Dokumentation Seaspiracy veröffentlicht wurde. Viele in meinem Umfeld schworen sich, nie wieder Fisch zu essen.

Mittlerweile essen sie wieder Fisch und das mithilfe von selbst ausgedachten Rechtfertigungsstrategien wie „ich habe jetzt zwei Wochen keinen Lachs gegessen“, oder „ein Fischbrötchen ist kein Fischbrötchen“. Genauso wird es auch bei der WM laufen. Die ersten Spiele werden vielleicht nicht gesehen, aber je weiter Dänemark und Deutschland kommen, desto unbewusster werden die Rechtfertigungsstrategien geschnürt.

Schließlich sieht man, wenn man den Fernseher einschaltet, den vertrauten grünen Rasen, die Mannschaften sowie die jubelnden Fans und vergisst, wofür Katar in der Kritik steht. Dann heißt es „ich habe die ersten Spiele ja nicht geschaut. Nur fünf Minuten“. Dafür, dass es so kommen wird, lege ich meinen Flammlachs ins Feuer.  

Die in diesem Kulturkommentar vorgebrachten Inhalte sind nicht von der Redaktion auf ihre Richtigkeit überprüft. Sie spiegeln die Meinung der Autorin oder des Autors wider und repräsentieren nicht die Haltung des „Nordschleswigers“.

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