Kulturkommentar

Brauchen wir die noch – oder können die weg?

Brauchen wir die noch – oder können die weg?

Brauchen wir die noch – oder können die weg?

Claudia Knauer
Claudia Knauer
Apenrade/Aabenraa
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Foto: dpa

Der Kulturkommentar von Claudia Knauer, Büchereidirektorin des Verbandes Deutscher Büchereien Nordschleswig.

Nein, hier geht es nicht um Kunst. Hier geht es um Bibliotheken.

Gibt es doch alles im Netz! Googel das doch! Schau doch bei Wikipedia! Das sagen nicht wenige, und sie haben Unrecht. Natürlich gibt es etliches im Netz, aber bei Weitem nicht alles. Schnelles Nachschlagen nach einem Datum? Prima. Kann man finden. Aber die Frage, was Bismarck zur Venetien-Frage meinte? Nein, das findet sich nicht so einfach. Auch nicht bei Wikipedia. Wissen muss zusammengetragen, und Zusammenhänge müssen entwickelt werden. Das ist nicht mit einem Suchbegriff abgetan.

Stichwort Urheberrecht. Erst 70 Jahre nach dem Tod eines Autors/Malers/Künstlers erlöschen die Rechte am Werk. Wie viele Bücher von zeitgenössischen Autoren finden sich also im Netz? Richtig, nur sehr wenige – oder man bezahlt dafür. Etwas anders sieht es im Bereich Naturwissenschaften, Technik, Medizin aus. Aber auch hier sind viele Publikationen nicht einfach zugänglich, sondern müssen abonniert und es muss ausgesucht werden aus der Riesenmenge der Angebote. Und wer macht das? Ja, die Büchereien. Wir in Nordschleswig haben zum Beispiel ein Abonnement, für das wir viel Geld bezahlen: das Munzinger Archiv. Hier finden sich zitierfähige Informationen über Länder und Menschen. Es gibt alle Dudenwerke, Kindlers Literaturlexikon, den aktuellen „Spiegel“ und jeden Tag die Süddeutsche Zeitung. Wer als Nutzer der deutschen Büchereien registriert ist, kann alles gratis nutzen.

Aber damit nicht genug: Wer schon mal ein Buch gesucht hat oder Materialien für eine Arbeit, weiß, wie mühsam das ist. Bibliothekare wissen, wo und wie man sucht. Zum Beispiel ein Buch über Portugal, kein Reiseführer, gerne viel Inhalt, aber auch Bilder. Bibliothekare finden das.

Kinder lernen lesen, nur wenn sie viel lesen. Den Stoff dazu finden sie in der Bücherei. Und zwar in Papier, zum Lesenlernen gehört die haptische Erfahrung. Noch immer lesen die allermeisten Bücher aus Papier.

Aufgabe der Büchereien in Dänemark ist es laut zuständiger Slots- og Kulturstyrelsen, Bildung und kulturelle Aktivitäten zu fördern. Lesungen, Diskussionsrunden, Ausstellungen, Kindertheater, Bücherkisten, Digitalschulungen gehören dazu, und die gibt es auch in den deutschen Büchereien in Nordschleswig. Also: Die können nicht weg. Die brauchen wir noch – und zwar dringend.

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