Grenzüberschreitendes
Minderheiten-Spitze informiert Außenministerin Baerbock über Barrieren im Grenzland
Arbeitsgruppe informiert Außenministerin über Barrieren im Grenzland
Hürden im Grenzland: Minderheit informiert Außenministerin
Diesen Artikel vorlesen lassen.
Die deutsch-dänische Arbeitsgruppe für verstärkte Zusammenarbeit in der Grenzregion hat sich über viele Monate mit den Problemen und Hürden für das Zusammenleben im Grenzland beschäftigt. Die Ergebnisse und mögliche Lösungen wurden Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Donnerstag in Flensburg präsentiert.
„Ein Hoch – nicht nur auf die Grenzregion – sondern ein Hoch auf Europa!“ Mit diesen Worten schloss Bundesaußenministerin Annalena Baerbock am Donnerstag ihr Grußwort im Innenhof der dänischen Zentralbibliothek in der Flensburger Norderstraße.
Zum Auftakt ihrer Deutschland-Reise hatte Baerbock das Grenzland besucht, um sich unter anderem über die Ergebnisse der deutsch-dänischen Arbeitsgruppe zu informieren, die sich mit dem Abbau von Grenzbarrieren beschäftigt hat.
Grenzregionen würden immer zeigen, wie der Pulsschlag Europas ist, sagte die 43-Jährige – „und hier schlägt er wirklich mit am lautesten.“ Dabei hob sie die aktive Rolle der Minderheiten beidseits der Grenze hervor.
Vorbild für andere Grenzregionen
Die Arbeitsgruppe lobte die Außenministerin besonders. Sie habe erfahren, dass die Ergebnisse hier präsentiert werden sollen, wie viel gearbeitet wurde und wie Dinge pragmatisch und praktisch gelöst worden sind. Das sei wirklich großartig. „Die Idee ist, das weiter nach außen zu tragen, dass andere Grenzregionen davon lernen können, weil sich viele Fragen natürlich auch woanders stellen.“ Baerbock betonte, dass auch sie als Brandenburgerin aus einer Grenzregion stamme.
Drei Projektgruppen stellen Ergebnisse vor
Zuvor hatten der Generalsekretär des Bundes Deutscher Nordschleswiger (BDN), Uwe Jessen, Mette Lorentzen von der Industrie- und Handelskammer (IHK) und Peter Hansen vom Regionskontor der Region Sønderjylland-Schleswig der Außenministerin in der Bibliothek die Ergebnisse ihrer Arbeitsgruppen präsentiert. Trotz eines eng getakteten Zeitplans hatte Baerbock einige Nachfragen und zeigte sich angesichts der bestehenden Probleme interessiert.
In drei Arbeitsgruppen wurde über viele Monate intensiv zu den Themen Kultur und Bildung, Steuern und unternehmerisches Handeln sowie soziale Sicherung und Digitalisierung gearbeitet.
Die Arbeit darf gerne weitergehen, denn immer, wenn in Kopenhagen, Berlin oder Kiel neue Gesetze verabschiedet werden, stehen wir wieder vor einem Problem, denn es denkt in der Regel niemand an die Grenzregion.
Uwe Jessen
Mette Lorentzen hatte für die Präsentation eigens Plakate entwickelt, die ausgewählte Probleme anschaulich darstellen sollten. „Power Point kann jeder“, so die Geschäftsbereichsleiterin der IHK Flensburg.
Kultur und Bildung
Uwe Jessen stellte der Außenministerin auszugsweise die Ergebnisse seiner Arbeitsgruppe vor, die bei drei Treffen im Vorfeld sieben Probleme ausgemacht hat. Dabei geht es etwa um Probleme beim Kita- und Schulbesuch beidseits der Grenze – von Betreuungsgarantien bis zum Ganztag. Baerbock sagte er, dass viele, die nicht aus einer Grenzregion kommen, die Probleme gar nicht immer verstehen würden. „Wenn man auf der einen Seite der Grenze wohnt und auf der anderen Seite arbeitet – wo steckt man dann sein Kind in die Kita?“ Dies sei im Rahmen der Arbeitsgruppe bereits gelöst worden, so Jessen.
Schwieriger zu lösen, sei etwa die grenzüberschreitende Anerkennung von Berufsausbildungen. Hier hob Jessen insbesondere die Altenpflege sowie Erzieherinnen und Erzieher hervor, die jeweils zu unterschiedlichen Bedingungen an ihren Abschluss kommen. Hier gebe es keine EU-Richtline. „Unser Lösungsvorschlag ist es, alle an einen Tisch zu holen und die Lehrpläne und Ausbildungen anzugleichen.“ Außerdem sprach Jessen Probleme bei der Anerkennung von Führerscheinen an und äußerte den Wunsch nach einer Ausweitung grenzüberschreitender Ausbildungen und Studiengänge.
„Die Arbeit darf gerne weitergehen, denn immer, wenn in Kopenhagen, Berlin oder Kiel neue Gesetze verabschiedet werden, stehen wir wieder vor einem Problem, denn es denkt in der Regel niemand an die Grenzregion“, sagte Jessen.
Steuern und soziale Sicherung
Peter Hansen sprach über Steuern und soziale Sicherung. Ein Thema das wenig „sexy“ sei, dafür aber sehr wichtig. Er machte als Probleme vor allem die langen Sachbearbeitungszeiten aus. Hier helfe nur der stete Dialog mit Behörden und der Informationsfluss. Nur so könne Grenzpendlerinnen und -pendlern geholfen werden. Krankheit, Rente und Arbeitslosigkeit sorgten für die meisten Probleme.
Grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist Alltag hier und dennoch gibt es immer wieder Hürden und Punkte, wo wir sagen, da können wir noch besser werden.
Mette Lorentzen
Blick auf die Unternehmen
Mette Lorentzen sprach aus unternehmerischer Sicht über Hindernisse im Grenzland. Dabei dürfe es keine Begrenzung sein, hier zu leben. Um die Wirtschaftsregion zu stärken und zum Wachstum beizutragen, sei der Abbau bürokratischer Hürden nötig, etwa bei der Unternehmensgründung, der Dokumentationspflicht oder bei der Angleichung verschiedener Buchhaltungsysteme. Lange Bearbeitungszeiten seien für dynamische Unternehmen nicht mehr attraktiv. „Die Voraussetzungen sind hier in der Grenzregion vorhanden, um die Zusammenarbeit der verschiedenen Behörden zu verbessern“, so Lorentzen. „Grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist Alltag hier und dennoch gibt es immer wieder Hürden und Punkte, wo wir sagen, da können wir noch besser werden.“
Positives Zusammentreffen
Baerbock betonte anschließend, dass fast ein Drittel der Menschen in Europa in Grenzregionen leben und die geschilderten Probleme kein Problem allein von Minderheiten seien. Oftmals seien nicht EU-Gesetze das Problem, sondern nationale Gesetzgebung hinderlich.
Vizeministerpräsidentin Monika Heinold (Grüne) nannte es „ein großes Glück“, dass die Arbeitsgruppe hier gestartet worden sei. Grenzüberschreitende Politik und Minderheitenpolitik würden hier gut funktionieren.
Der Leiter des Sekretariats der deutschen Minderheit in Kopenhagen, Harro Hallmann, und Uwe Jessen nannten den Termin mit der Außenministerin „positiv“ und betonten die lockere Atmosphäre.
Der Abschlussbericht liege quasi vor. „Jetzt müssen die beiden Außenministerien und die Landesregierung in Kiel entscheiden, ob und wie das weitergehen kann“, so Jessen. „Wir sind optimistisch“, sagte Peter Hansen.