Grenzüberschreitendes

Minderheiten-Spitze informiert Außenministerin Baerbock über Barrieren im Grenzland

Arbeitsgruppe informiert Außenministerin über Barrieren im Grenzland

Hürden im Grenzland: Minderheit informiert Außenministerin

Flensburg/Flensborg
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Annalena Baerbock
Der Generalsekretär des Bundes Deutscher Nordschleswiger, Uwe Jessen, stellte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock den Bereich Kultur und Bildung vor. Foto: Gerrit Hencke

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Die deutsch-dänische Arbeitsgruppe für verstärkte Zusammenarbeit in der Grenzregion hat sich über viele Monate mit den Problemen und Hürden für das Zusammenleben im Grenzland beschäftigt. Die Ergebnisse und mögliche Lösungen wurden Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Donnerstag in Flensburg präsentiert.

„Ein Hoch – nicht nur auf die Grenzregion – sondern ein Hoch auf Europa!“ Mit diesen Worten schloss Bundesaußenministerin Annalena Baerbock am Donnerstag ihr Grußwort im Innenhof der dänischen Zentralbibliothek in der Flensburger Norderstraße. 

Zum Auftakt ihrer Deutschland-Reise hatte Baerbock das Grenzland besucht, um sich unter anderem über die Ergebnisse der deutsch-dänischen Arbeitsgruppe zu informieren, die sich mit dem Abbau von Grenzbarrieren beschäftigt hat.

Annalena Baerbock
Büchereidirektor Jens M. Henriksen führte die Außenministerin durch die Bibliothek. Foto: Gerrit Hencke

Grenzregionen würden immer zeigen, wie der Pulsschlag Europas ist, sagte die 43-Jährige – „und hier schlägt er wirklich mit am lautesten.“ Dabei hob sie die aktive Rolle der Minderheiten beidseits der Grenze hervor.

Die deutsch-dänische Arbeitsgruppe

Im August 2022 haben Deutschland, Dänemark und Schleswig-Holstein den „Deutsch-Dänischen Aktionsplan“ unterzeichnet, in dem sie sich verpflichteten, grenzüberschreitende Aktivitäten zu fördern und weiterzuentwickeln, Rechte nationaler Minderheiten zu stärken, den kulturellen Austausch zu verbessern und Hindernisse zu identifizieren. Im April 2023 fand ein erstes Treffen der Arbeitsgruppe in Flensburg statt. 

Mit der Arbeitsgruppe soll gemeinsam mit den relevanten Akteuren deutlich gemacht werden, wie die nächsten Schritte der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit aussehen können. Dazu wurde ressort- und institutionsübergreifend herausgearbeitet, welche Hindernisse einer noch engeren grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Wege stehen.

Annalena Baerbock
Großes Aufgebot: Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (links) und Schleswig-Holsteins Vizeministerpräsidentin Monika Heinold vor der dänischen Zentralbücherei in der Norderstraße. Foto: Gerrit Hencke

Vorbild für andere Grenzregionen

Die Arbeitsgruppe lobte die Außenministerin besonders. Sie habe erfahren, dass die Ergebnisse hier präsentiert werden sollen, wie viel gearbeitet wurde und wie Dinge pragmatisch und praktisch gelöst worden sind. Das sei wirklich großartig. „Die Idee ist, das weiter nach außen zu tragen, dass andere Grenzregionen davon lernen können, weil sich viele Fragen natürlich auch woanders stellen.“ Baerbock betonte, dass auch sie als Brandenburgerin aus einer Grenzregion stamme. 

Drei Projektgruppen stellen Ergebnisse vor

Zuvor hatten der Generalsekretär des Bundes Deutscher Nordschleswiger (BDN), Uwe Jessen, Mette Lorentzen von der Industrie- und Handelskammer (IHK) und Peter Hansen vom Regionskontor der Region Sønderjylland-Schleswig der Außenministerin in der Bibliothek die Ergebnisse ihrer Arbeitsgruppen präsentiert. Trotz eines eng getakteten Zeitplans hatte Baerbock einige Nachfragen und zeigte sich angesichts der bestehenden Probleme interessiert. 

In drei Arbeitsgruppen wurde über viele Monate intensiv zu den Themen Kultur und Bildung, Steuern und unternehmerisches Handeln sowie soziale Sicherung und Digitalisierung gearbeitet. 

Annalena Baerbock
Uwe Jessen (links), Peter Hansen und Mette Lorentzen stellen der Außenministerin die Arbeitsgruppen-Ergebnisse vor. Foto: Gerrit Hencke

Die Arbeit darf gerne weitergehen, denn immer, wenn in Kopenhagen, Berlin oder Kiel neue Gesetze verabschiedet werden, stehen wir wieder vor einem Problem, denn es denkt in der Regel niemand an die Grenzregion.

Uwe Jessen

Mette Lorentzen hatte für die Präsentation eigens Plakate entwickelt, die ausgewählte Probleme anschaulich darstellen sollten. „Power Point kann jeder“, so die Geschäftsbereichsleiterin der IHK Flensburg.  

Plakat
Schneller greifbarer als ein dicker Bericht: Die Kernaussagen hat Mette Lorentzen auf Plakaten zusammengefasst. Foto: Gerrit Hencke

Kultur und Bildung

Uwe Jessen stellte der Außenministerin auszugsweise die Ergebnisse seiner Arbeitsgruppe vor, die bei drei Treffen im Vorfeld sieben Probleme ausgemacht hat. Dabei geht es etwa um Probleme beim Kita- und Schulbesuch beidseits der Grenze – von Betreuungsgarantien bis zum Ganztag. Baerbock sagte er, dass viele, die nicht aus einer Grenzregion kommen, die Probleme gar nicht immer verstehen würden. „Wenn man auf der einen Seite der Grenze wohnt und auf der anderen Seite arbeitet – wo steckt man dann sein Kind in die Kita?“ Dies sei im Rahmen der Arbeitsgruppe bereits gelöst worden, so Jessen.

Uwe Jessen
Uwe Jessen erklärt Annalena Baerbock die Probleme im Bereich Kultur und Bildung. Foto: Gerrit Hencke

Schwieriger zu lösen, sei etwa die grenzüberschreitende Anerkennung von Berufsausbildungen. Hier hob Jessen insbesondere die Altenpflege sowie Erzieherinnen und Erzieher hervor, die jeweils zu unterschiedlichen Bedingungen an ihren Abschluss kommen. Hier gebe es keine EU-Richtline. „Unser Lösungsvorschlag ist es, alle an einen Tisch zu holen und die Lehrpläne und Ausbildungen anzugleichen.“ Außerdem sprach Jessen Probleme bei der Anerkennung von Führerscheinen an und äußerte den Wunsch nach einer Ausweitung grenzüberschreitender Ausbildungen und Studiengänge. 

„Die Arbeit darf gerne weitergehen, denn immer, wenn in Kopenhagen, Berlin oder Kiel neue Gesetze verabschiedet werden, stehen wir wieder vor einem Problem, denn es denkt in der Regel niemand an die Grenzregion“, sagte Jessen.

Steuern und soziale Sicherung

Peter Hansen sprach über Steuern und soziale Sicherung. Ein Thema das wenig „sexy“ sei, dafür aber sehr wichtig. Er machte als Probleme vor allem die langen Sachbearbeitungszeiten aus. Hier helfe nur der stete Dialog mit Behörden und der Informationsfluss. Nur so könne Grenzpendlerinnen und -pendlern geholfen werden. Krankheit, Rente und Arbeitslosigkeit sorgten für die meisten Probleme. 

Grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist Alltag hier und dennoch gibt es immer wieder Hürden und Punkte, wo wir sagen, da können wir noch besser werden. 

Mette Lorentzen

Blick auf die Unternehmen

Mette Lorentzen sprach aus unternehmerischer Sicht über Hindernisse im Grenzland. Dabei dürfe es keine Begrenzung sein, hier zu leben. Um die Wirtschaftsregion zu stärken und zum Wachstum beizutragen, sei der Abbau bürokratischer Hürden nötig, etwa bei der Unternehmensgründung, der Dokumentationspflicht oder bei der Angleichung verschiedener Buchhaltungsysteme. Lange Bearbeitungszeiten seien für dynamische Unternehmen nicht mehr attraktiv. „Die Voraussetzungen sind hier in der Grenzregion vorhanden, um die Zusammenarbeit der verschiedenen Behörden zu verbessern“, so Lorentzen. „Grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist Alltag hier und dennoch gibt es immer wieder Hürden und Punkte, wo wir sagen, da können wir noch besser werden.“  

Hinrich Jürgensen
Der BDN-Hauptvorsitzende Hinrich Jürgensen begrüßt Annalena Baerbock beim Empfang in Flensburg. Foto: Gerrit Hencke

Positives Zusammentreffen

Baerbock betonte anschließend, dass fast ein Drittel der Menschen in Europa in Grenzregionen leben und die geschilderten Probleme kein Problem allein von Minderheiten seien. Oftmals seien nicht EU-Gesetze das Problem, sondern nationale Gesetzgebung hinderlich. 

Vizeministerpräsidentin Monika Heinold (Grüne) nannte es „ein großes Glück“, dass die Arbeitsgruppe hier gestartet worden sei. Grenzüberschreitende Politik und Minderheitenpolitik würden hier gut funktionieren.

Annalena Baerbock (links) und Monika Heinold.
Annalena Baerbock (links) und Monika Heinold. Foto: Gerrit Hencke

Der Leiter des Sekretariats der deutschen Minderheit in Kopenhagen, Harro Hallmann, und Uwe Jessen nannten den Termin mit der Außenministerin „positiv“ und betonten die lockere Atmosphäre. 

Der Abschlussbericht liege quasi vor. „Jetzt müssen die beiden Außenministerien und die Landesregierung in Kiel entscheiden, ob und wie das weitergehen kann“, so Jessen. „Wir sind optimistisch“, sagte Peter Hansen.

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