Finn Age Hänsel wünscht sich:
Mehr gesellschaftliche Akzeptanz in Bezug auf Cannabis
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Im Interview berichtet der Flensburger, wie er sich die Zukunft seiner Firma Sanity Group vorstellt und wie er zum Unternehmer wurde.
2019 gründete der Flensburger Unternehmer Finn Age Hänsel zusammen mit seinem besten Freund Fabian Friede die „Sanity Group“. In diesem Jahr zeichnete ihn der Bundesverband Deutsche Startups mit dem Award „Gründer des Jahres“ aus. Im Interview spricht er mit Reporterin Linda Krüger über seine Zukunftswünsche, Vorbilder und sein Erfolgsgeheimnis.
Wie fühlt es sich an, als „Gründer des Jahres“ ausgezeichnet worden zu sein?
Bei der „virtuellen Auszeichnung“ wusste ich am Anfang gar nicht, dass ich der Gewinner bin. Ich wusste nur, dass ich im Finale bin, zusammen mit zwei anderen tollen Unternehmern. Wir standen bei der Übergabe zu dritt nebeneinander und als die Moderatorin das verkündet hat, dachte ich nur Wahnsinn und habe tatsächlich etwas Gänsehaut bekommen. Es war tatsächlich eine sehr große Überraschung für mich, ist nun aber auch ein sehr großer Antrieb für mich. Wir haben uns in den letzten zwei Jahren sehr gut entwickelt mit der Sanity Group. Sowohl medizinisch als auch im medizin-nahen Bereich. Wir sind inzwischen fast 100 Leute am Standort in Berlin. Dass das, was wir aufgebaut haben, so honoriert wird, hat mich riesig gefreut und ist ein großer Erfolg für das gesamte Team.
Wenn man so gut befreundet ist, dann hat man eigentlich schon bevor man ein Unternehmen zusammen gegründet hat, Methoden entwickelt, wie man zu einer gemeinsamen Linie kommt. Es kann ja auch gefährlich sein, etwas mit einem seiner engsten Freunde zu gründen. Wenn man sich dann verstreitet, verstreitet man sich oft auch privat. Wir haben Gott sei Dank unsere Freundschaft direkt ins Unternehmen tragen können.
Als ich 2002 in Flensburg für die CDU gefordert hatte, Cannabis zu legalisieren, da haben mich die Leute noch angeguckt, als käme ich vom Mond.Finn Age Hänsel
Wir haben sehr selten die Situation, dass wir komplett unterschiedlicher Meinung sind und wir diskutieren das dann immer aus. Wir sind beide relativ offen, dem anderen gegenüber nachzugeben, wenn die Argumente gut sind. Das ist nicht immer der Fall, aber durch die gemeinsame Zeit und den Respekt ist man gegenseitig kompromissbereit.
Denken Sie, dass es zu einer Legalisierung von Cannabis in Deutschland kommen wird?
Wir sind ja primär ein medizinisches Unternehmen. Das heißt, wir sind weder von einer Legalisierung abhängig, noch setzen wir uns aktiv dafür ein. Trotzdem glaube ich, dass einem überschaubaren Risiko in der Pflanze deutlich mehr Potenziale und Chancen gegenüber stehen. Dementsprechend stehe ich einer Legalisierung auch nicht negativ gegenüber. Ganz im Gegenteil. Ich habe da meine Position von damals eigentlich kaum verändert. Aber ich glaube, eine Legalisierung hängt am Ende immer von den politischen Realitäten ab. Als ich das 2002 in Flensburg für die CDU gefordert hatte, da haben mich die Leute noch angeguckt, als käme ich vom Mond. Heute wird die Legalisierung auch in der CDU offen diskutiert. Das historische Tabu ist weg. Daneben haben sich auch die anderen Parteien weiterentwickelt: Die FDP ist inzwischen komplett für eine Legalisierung. Sie hat sogar ihr Wahlprogramm für die Bundestagswahl dahingehend angepasst. Die Tatsache, dass nun auch Parteien wie die SPD dafür sind, deuten für mich darauf hin, dass da schon theoretisch was passieren kann. Ich glaube, es ist in Deutschland keine Frage mehr, ob es passiert, sondern wann es passiert.
Gab es ein Schlüsselerlebnis, durch das Sie bestärkt wurden, Cannabis zu vermarkten?
Ich kannte jemanden in der Jungen Union, dessen Vater schon damals auf medizinisches Cannabis angewiesen war. Das war damals noch eine absolute Ausnahme. Das hat mich damals sehr bewegt. Ich dachte als Jugendlicher immer nur, dass die Pflanze nur eine Droge ist und nichts anderes. Dass diese Pflanze Menschen helfen kann, war damals für mich etwas Neues. Damals gab es von den jungen Liberalen (FDP) in Schleswig-Holstein zur gleichen Zeit eine Kampagne, die für viel Aufsehen sorgte: „Lieber bekifft ficken, als besoffen Auto fahren!“. Da dachte ich mir damals schon: Selbst Teile der FDP waren offen dafür und parallel sah ich in meinem Umfeld, dass die Pflanze Menschen helfen kann. Das war damals mein Startschuss bei dem Thema, ohne selbst Konsument gewesen zu sein. Ich habe dann in Kiel Dr. Conradi kennengelernt. Er hat früher schon Cannabis-Therapien eingefordert. Danach habe ich verschiedene Anträge und Papiere zu dem Thema geschrieben, unter anderem für die CDU-Schleswig-Holstein. Die Abstimmung in der Jungen Union Schleswig-Holstein zu dem Thema habe ich 2003 verloren, aber das relativ knappe Ergebnis war für mich damals ein Achtungserfolg.
In der Start-up-Szene gibt es erstaunlich viele Leute, die nur auf das schnelle Geld hoffen. Mir persönlich war Geld immer eher unwichtig.Finn Age Hänsel
Ich habe tatsächlich in meiner Jugend ein Vorbild gehabt. Die Person heißt Jochen Zeitz. Er ist damals ein sehr junger Manager gewesen, der mit knapp 30 Jahren als jüngster CEO einer börsenorientierten Firma in Deutschland das Unternehmen Puma übernommen hat. Wer sich noch an damals erinnert, der weiß, dass Puma in den 90ern eine ziemlich veraltete und uncoole Marke war. Kein Mensch wollte damals Puma tragen und alle haben gesagt, dass Puma kurz vorm Exodus steht. Jochen Zeitz hat, nachdem er Puma übernommen hat, einen Lifestyle-Konzern daraus gemacht. Zehn Jahre hintereinander war Puma die angesagteste Sportmarke, bevor sie dann irgendwann verkauft wurde.
Was war ein guter Ratschlag, den Sie im Laufe ihrer beruflichen Karriere erhalten haben?
Ich habe tatsächlich sehr viele Wegbegleiter gehabt, die mir sehr geholfen haben. Einer davon war, dass man nicht nur auf den kurzfristigen Profit schielen sollte, sondern immer die langfristige Perspektive im Auge behalten sollte. Das hat mir damals mein erster Chef während eines Praktikums in Berlin vor dem Studium mitgegeben: Matthias von Bechtolsheim, der Gründer der Heimat-Werbeagentur, einer der erfolgreichsten und größten Werbeagenturen Deutschlands. Das hat mich damals sehr geprägt. In der Start-up-Szene gibt es schon erstaunlich viele Leute, die nur auf das schnelle Geld hoffen. Mir persönlich war Geld immer eher unwichtig: Ich möchte lieber was bewegen, lieber etwas aufbauen, was Wert hat. Wenn ich am Ende dann trotzdem Geld verdiene, dann macht mich das sicherlich auch glücklich, aber es ist nicht mein Hauptantrieb. Ich glaube, dieser Ratschlag, dass Geld eigentlich nicht das Wichtigste in der Karriere ist, war das, was sich bei mir festgesetzt hat. Ich habe sicherlich oftmals Mal die Möglichkeit gehabt, Dinge in meinem Leben zu tun, die mir schneller Geld gebracht hätten. Aber ich habe mich jedes Mal für die Variante entschieden, die mir mehr Spaß macht. Das ist etwas, dass mich mein Leben lang verfolgt hat.
Kommt in Ihrem Leben etwas zu kurz, wofür Sie sich in Zukunft mehr Zeit nehmen möchten?
So einiges (lacht). Meine Eltern hatten ja immer ein Segelboot in Langballig gehabt. Das habe ich vor zwei Jahren nach Berlin geholt, weil meine Eltern inzwischen in einem Alter sind, in dem sie nicht mehr so viel alleine segeln. Ich habe immer gesagt, wenn ich mal wieder Zeit habe, dann will ich das Boot zurück nach Flensburg holen und wieder mehr segeln. Der Wannsee ist zwar schön, aber für einen echten Segler ist es doch ein sehr kleines Revier. Das möchte ich jedenfalls wieder mehr machen. Zeit für meine Familie ist natürlich das nächste Thema. Ich habe ja zwei Neffen. Ich versuche zwar immer sehr aktiv Zeit mit der Familie zu verbringen.
Was gefällt Ihnen an Flensburg besonders?
Ich bin ein absoluter Wassermensch. In Berlin werde ich manchmal gefragt, warum ich so häufig Flensburg bin. Auf die Antwort, dass ich das Wasser vermisse, kommt oft die Antwort, dass man das auch an der Adria oder am Atlantik hat. Aber Flensburg ist für mich besonders und ist diese Kombination aus Familie, Freunden, maritimen Charme und eben Heimat. Ich finde das Flair der Stadt, das Nordische unheimlich schön und bin unheimlich gern hier. Das ist Heimat durch und durch für mich.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft ihrer Sanity Group?
Ich wünsche mir, dass das Thema Cannabis gesellschaftlich mehr akzeptiert wird. Damit meine ich nicht unbedingt eine Legalisierung. Aber es gibt inzwischen so viele Studien, die zeigen, dass Cannabis besser sehr oft helfen kann als traditionelle Arzneimittel. Trotzdem gibt es Ärzte, die es nicht verschreiben wollen mit der Begründung „Cannabis ist immer noch eine Droge“. Das ist irgendwie verrückt. Besonders wenn man sich vorstellt, dass auch Opiate verschrieben werden.