Gesellschaft
Grenzland setzt gemeinsames Zeichen gegen Antisemitismus
Grenzland setzt gemeinsames Zeichen gegen Antisemitismus
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Das Attentat vom 7. Oktober 2023 hat viel Leid hinterlassen. Auch in Nord- und Südschleswig berühren die Vorkommnisse und die Entwicklungen in Nahost viele Menschen. Eine Mahnwache am Flensburger Südermarkt gab Süd- und Nordschleswigern am vergangenen Dienstag einen Anlaufpunkt, um gemeinsam der Geschehnisse und Opfer zu gedenken.
„Nicht provozieren lassen“, sagt eine Frauenstimme halblaut, aber ruhig in die schwere, mit Trauer belastete Stille hinein. Die Teilnehmenden der Mahnwache am Flensburger Südermarkt halten kurz angespannt inne, als antisemitische Zwischenrufe von Passanten die friedliche Stimmung kurzzeitig zu unterbrechen drohen.
Ein Teelicht pro Seele
Die Teelichter, die am Boden das Datum des 7.10. formen, erzeugen fast eine romantische Stimmung. Ein Teelicht für jede der 101 verschleppten Geiseln und jedes Opfer der über 1.200 unschuldig ermordeten Zivilistinnen und Zivilisten – darunter Kinder.
Romantische Gefühle sind jedoch vollkommen gegensätzlich zu dem, was in den Gesichtern der Anwesenden zu lesen ist. Nachdenklichkeit, Ergriffenheit und Trauer sind dort stattdessen zu sehen.
Das israelische Volk und die Juden können nichts dafür. Die Vorstellung, dass Juden überall in der Welt dafür verantwortlich gemacht werden, finde ich sehr unerträglich.
Claudia Knauer, Teilnehmerin der Mahnwache
Ein Jahr ist nun vergangen, seit die terroristische Vereinigung Hamas mit dem verübten Massaker auf dem Festival im Süden Israels die Startschüsse für das Eskalieren des Nahostkonflikts auf unschuldige Zivilistinnen und Zivilisten abfeuerte. Um der Opfer und Geiseln zu gedenken, sind Nord- und Südschleswiger an diesem Montagabend im Herzen Flensburgs zusammengekommen.
Solidarität zeigen
„Es ist für uns ein inneres Anliegen, Solidarität mit den Menschen zu zeigen, die verschleppt und ermordet worden sind – und mit deren Angehörigen“, sagt Claudia Knauer, die mit ihrem Mann für diese Veranstaltung die Grenze überquert hat.
„Ich denke, als Deutsche haben wir eine entschiedene Verantwortung, hinter dem jüdischen Volk zu stehen“, unterstreicht sie ihren Standpunkt. „Das israelische Volk und die Juden können nichts dafür. Die Vorstellung, dass Juden überall in der Welt dafür verantwortlich gemacht werden, finde ich sehr unerträglich.“
Claudia Knauers Ehemann, Carsten Schlüter-Knauer, steht dicht neben ihr. In manchen Momenten wird seine Schulter zur Stütze, um seine Frau kurz von der Schwermut zu entlasten.
„Es ist kein Widerstand, Menschen abzuschlachten, Frauen zu vergewaltigen und Kinder zu ermorden. Das ist schlichte Unmenschlichkeit. Und dagegen ein Zeichen zu setzen, ist uns wichtig“, unterstreicht er.
Gegen das Vergessen
Aber nicht nur Ehepaar Knauer, auch Inna Wendt, die zusammen mit Susanne Brockhoff hinter der Organisation der Mahnwache steht, kämpft immer wieder mit den Tränen.
Ich finde, es ist wichtig, dass man daran erinnert. Es ist bei vielen ziemlich in Vergessenheit geraten.
Mitorganisatorin der Mahnwache
„Ich finde, es ist wichtig, dass man daran erinnert. Es ist ziemlich in Vergessenheit geraten bei vielen“, erklärt Inna Wendt, die mit ihrer Familie in Sonderburg lebt, was sie antreibt.
Für sie sind es nicht bloß Opfer. Sie zeigt auf die Plakate und Bilder mit Fotos der Männer, Frauen und Kinder. „Wir haben ihre Gesichter gesehen, ihre Namen, ihr Lächeln.“
Gemeinsames Singen, Beten, Vorlesen der Namen bündelt Kräfte, die aus Solidarität ein Gefühl von Gemeinsamkeit entstehen lassen können. Kräfte, die dabei helfen, die Hoffnung nicht zu verlieren.