Diese Woche auf Bornholm

„Warum Putin keine Freude am Folkemøde hat“

Warum Putin keine Freude am Folkemøde hat

Warum Putin keine Freude am Folkemøde hat

Allinge
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Kopenhagen-Korrespondent Walter Turnowsky hat in diesen Tagen seinen Arbeitsplatz nach Bornholm verlegt. Und auch bei seinem vierten Besuch muss er feststellen: Es gibt um ein Vielfaches mehr interessante Veranstaltungen, als man schafft.

Der Stil in Kleidung und Debatten beim Folkemøde ist eher locker. Foto: Walter Turnowsky

Der erste Schritt, wenn ich das Folkemøde besuche, ist, in der eigens dafür eingerichteten App mein Programm zusammenzustellen. Der zweite, Programmpunkte wieder auszusortieren.

Nicht allein besteht ansonsten die Gefahr, sich am allzu reichhaltigen Buffet der demokratischen Debatten zu überfressen. Auch ist es so, dass nicht einmal der rasendste Reporter (der ich ohnehin nicht bin) an zwei oder sogar drei Orten gleichzeitig sein kann. 

Was dabei zusammenkommen ist, ist eine Mischung aus Themen, die die Leserschaft des „Nordschleswiger“, also euch, (hoffentlich) interessieren werden und Veranstaltungen, die ich aus privatem Interesse aufsuche. 

Grönländisches Gletschermehl habe ich am Freitagmorgen bereits geschafft (was man damit backt, werdet Ihr noch lesen können). Doch danach wird es bereits eng: humoristische, politische Analysen mit zwei Journalisten von „Weekendavisen“ oder „Der echte Norden“ im Südschleswigzelt (der ja von Nordschleswig aus im Süden liegt)?

Russische Provokationen

Nicht alle Menschen mögen diese Reichhaltigkeit an offenem und häufig ungezwungenem politischem Austausch. Als zufällig gewählte Person kann ich da Wladimir Putin erwähnen. Das ist keine Vermutung, sondern lässt sich anhand von zwei Ereignissen belegen.

Das einer ereignete sich 2014, also nachdem der russische Despot – Entschuldigung, Präsident – das erste Mal die Ukraine angegriffen und die Krim annektiert hatte. Während des Folkemødes probten russische Kampfflugzeuge über Bornholm simulierte Raketenangriffe. Sie flogen in niedriger Höhe über die Ostseeinsel und drehten im letzten Moment ab.

Während des Demokratiefestivals vor zwei Jahren verletzte ein russisches Kriegsschiff zweimal dänisches Territorialgewässer vor Bornholm. Allein die Tatsache, dass Putin inmitten des Mordens in der Ukraine sein Augenmerk auf die Ostseeinsel richtet, ist für mich schon fast Grund genug teilzunehmen.

Umgang mit Demonstrationen

Doch selbst bei der Feier der Demokratie ist die Sache mit dem Dialog so eine Sache. Im Vorfeld hatte der Direktor des Folkemødes, Peter Christiansen, vorgeschlagen, eventuelle störende Demonstrierende auf die Bühne zu laden. In Anbetracht der Tatsache, dass propalästinensische Aktivistinnen und Aktivisten in den vergangenen Monaten wiederholt Veranstaltungen regelrecht niedergebrüllt haben, nicht gerade eine Aussage, die von großer Weisheit geprägt war. 

Ein Sprecher der Demonstrierenden hat die Aktionen damit begründet, sie hätten das Recht, „illegitime Debatten“ zu unterbrechen. Persönlich kann ich politischen Aktionen – auch solchen, die vielleicht nicht ganz regelkonform sind – durchaus etwas abgewinnen. Aber anderen das Wort zu rauben; da hört der Spaß auf.

Auch die Leitung des Folkemødes hat eingesehen, dass am Ort des Dialoges solche, die ihn nicht wünschen, unerwünscht sind. Sie haben Christiansens Aussage dahin gehend präzisiert beziehungsweise korrigiert.

Dem sozialdemokratischen Folketingsabgeordneten Benny Engelbrecht aus Atzbüll (Adsbøl) war das nicht genug: Er sagte seine Teilnahme demonstrativ ab. Ob das nun wiederum für den politischen Austausch förderlich ist, darf ebenfalls hinterfragt werden. 

Die Veranstaltung ohne die Regierungschefin

Eine, die am ersten Tag auch nicht kam, war Staatsministerin Mette Frederiksen (Soz.). Sie ist jedoch am Freitag erschienen. Somit verpasste sie nicht nur die Möglichkeit, die Eröffnungsrede zu halten, sondern auch jene, vom Karikaturenzeichner von „Politiken“, Roald Als, auf der Bühne durch den Kakao gezogen zu werden.

Roald Als präsentiert eine Karikatur mit Mette Frederiksen und Lars Løkke Rasmussen von den Moderaten im Souffleurkasten. Foto: Walter Turnowsky

Der politische Analytiker Peter Mogensen sprang ein und mutmaßte scherzhaft, sie wollte sich in Anbetracht des katastrophalen Ergebnisses bei der EU-Wahl nicht Als‘ spitzer Feder aussetzen. 

In Wahrheit hat es wohl mit dem Überfall auf die Regierungschefin am vergangenen Freitag zu tun. Frederiksen ist immer noch sichtlich erschüttert nach dem Ereignis. Die Tatsache, dass es nach Aussage der Polizei keine Hinweise auf ein politisches Motiv gibt, ändert daran nichts.

Dass sie sich derzeit in großen Menschenmengen unwohl fühlt, ist einfach nachzuvollziehen. Und es ist auch traurig, denn das Folkemøde soll ja eigentlich nicht nur die Politik, sondern auch die Politikerinnen und Politiker in greifbare Nähe rücken. 

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